Hamburg. Hamburg und Schleswig-Holstein sollen der Nord LB faule Schiffskredite im Umfang von bis zu 4,8 Milliarden Euro abnehmen.
Gemunkelt wird darüber schon länger. Doch nun verdichten sich die Hinweise, dass Hamburg und Schleswig-Holstein der Norddeutschen Landesbank (Nord LB) mit Hauptsitz in Hannover faule Schiffskredite im Umfang von bis zu 4,8 Milliarden Euro abnehmen könnten. Nach Abendblatt-Informationen laufen intensive Gespräche auf höchster Ebene. Eine Vorentscheidung könnte bereits kommende Woche fallen, wenn die Anteilseigner der Nord LB den künftigen Kurs der angeschlagenen Landesbank abstimmen und diese ihre Bilanz präsentiert.
Die Brisanz des Vorgangs ist hoch, daher halten sich die Beteiligten noch relativ bedeckt. „Wir prüfen, ob und wie wir helfen können und sind weiter in Gesprächen“, sagte Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) dem Abendblatt. Diese seien „konstruktiv und nachbarschaftlich“. Eine Prognose über den Ausgang wolle er aber nicht abgeben.
Kurz nach dem HSH-Verkauf kommt der Vorgang für Hamburg zur Unzeit
Für Hamburg und Schleswig-Holstein ist der Vorgang unangenehm und entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Einerseits will man das Nachbarland nicht hängenlassen, andererseits hat in Regierungskreise an Elbe und Förde derzeit niemand Interesse an einer neuen Debatte über Milliarden-Risiken. Schließlich hatten Hamburg und Schleswig-Holstein erst vor vier Monaten auf Druck der EU das traurige Kapitel HSH Nordbank beendet und die frühere Landesbank an US-Investoren verkauft – sie firmiert inzwischen unter dem Namen Hamburg Commercial Bank.
Die HSH war im Zuge der Schifffahrtskrise ihr Engagement als größter Schiffsfinanzierer der Welt zum Verhängnis geworden. Als letzte Rettungsmaßnahme vor dem Verkauf hatten die beiden Länder ihr 2016 für 2,4 Milliarden Euro ausfallgefährdete Schiffskredite abgekauft und dafür eigens die in Kiel ansässige Portfoliomanagement AöR („PoMa“) gegründet. Sie verwaltet die Kreditforderungen, die sich ursprünglich auf 4,9 Milliarden Euro belaufen hatten und baut sie sukzessive ab – Ende 2017 hatte sie noch 214 Schiffe im Wert von 1,64 Milliarden Euro im Bestand.
Während Hamburg und Kiel darauf setzen, dass auch diese HSH-Altlast bald Geschichte sein wird, haben nun die Eigentümer der Nord LB – das sind die Länder Niedersachsen (knapp 60 Prozent), Sachsen-Anhalt (5,6 Prozent) sowie die Sparkassenverbände aus diesen beiden Ländern und aus Mecklenburg-Vorpommern – genau das Gegenteil im Sinn. Da die Gründung einer eigenen Bad Bank für sie nicht in Frage kommt, möchten sie die Altlasten ihrer Landesbank der PoMa übertragen, die sich mit solchen Problemen auskennt.
Insgesamt muss die Nord LB faule Schiffskredite über 7,5 Milliarden Euro loswerden
Dabei geht es um gigantische Dimensionen: Der Bestand an Schiffskrediten, die nicht oder kaum noch bedient werden und die die Nord LB bis Ende des Jahres loswerden will, beträgt rund 7,5 Milliarden Euro. Für ein 2,7 Milliarden Euro schweres Teilpaket wurde mittlerweile ein Käufer gefunden. Für den Rest wird dringend nach einer Lösung gesucht.
Dabei gilt die Übertragung auf die PoMa offiziell nur als einer von mehreren möglichen Wegen. Doch inoffiziell ist man auf diesem Weg schon recht weit. Dabei sind zwei Modelle im Gespräch: Entweder könnte die Nord LB ihre Altlasten direkt an die PoMa verkaufen – freilich gegen einen kräftigen Abschlag auf den aktuellen Buchwert. Oder die Nord-LB-Eigner müssten eine neue Gesellschaft gründen, die faulen Kredite dort bündeln und die PoMa mit der Verwaltung beauftragen. Aus Hamburger Sicht hätte das den Charme, dass das Eigentum an den riskanten Papieren in Hannover bleiben würde. So oder so wäre der Prozess knifflig und aufwendig: Binnen weniger Monate müssten Staatsverträge geändert oder neu aufgesetzt werden und mehrere Länder-Parlamente müssten zustimmen.
Hamburg nennt drei Bedingungen für den Deal
Ohnehin sei eine Übernahme weiterer Altlasten grundsätzlich nur unter drei Prämissen denkbar, sagte Finanzsenator Dressel: „Erstens muss rechtsverbindlich gesichert sein, dass wir keine zusätzlichen Risiken für die Steuerzahler in Hamburg übernehmen. Zweitens dürfen uns aus dem Management dieser Kredite keine zusätzlichen Kosten entstehen, sondern es muss für uns signifikant wirtschaftlich vorteilig sein. Drittens darf die Übertragung des Portfolios nicht die Schuldenlast Hamburgs erhöhen.“
Mit anderen Worten: In den Verträgen müsste klipp und klar geregelt sein, dass Verluste aus den Nord-LB-Krediten von deren Eigentümern zu tragen sind. Und diese müssten sich an den laufenden Kosten der PoMa beteiligen oder für deren Dienstleistung bezahlen – was die Sache für Hamburg und Kiel finanziell attraktiv machen könnte.
Die Opposition in der Bürgerschaft sieht die Lage im Prinzip ähnlich. „Der Hamburger Senat darf keiner Lösung zustimmen, bei denen Hamburger Steuerzahler zusätzliche Risiken tragen müssen“, hatte FDP-Fraktionschef Michael Kruse schon frühzeitig gewarnt. Auch CDU-Finanzexperte Thilo Kleibauer sagt: „Der Zweck der HSH PoMa ist eindeutig und ausschließlich auf den Abbau der HSH-Altlasten begrenzt. Eine Übernahme zusätzlicher Risiken für Hamburg muss klar ausgeschlossen bleiben.“