Hamburg. In Hamburg brüten so viele Vögel wie noch nie, aber bei einigen Arten sind die Bestände um mehr als 90 Prozent zurückgegangen.
Gute und schlechte Nachrichten zum Zustand unserer heimischen Vogelwelt: Zwar brüten in Hamburg 151 Vogelarten mit insgesamt 450.000 Brutpaaren – das sind 35.000 mehr Brutpaare als vor zehn Jahren und so viele Vogelarten in keiner anderen deutschen Großstadt, wie die Umweltbehörde mitteilte. Das hat mit dem Zuzug vieler Waldvögel in die Stadt zu tun. Bei einigen Arten sind die Bestände seit 2007 allerdings um mehr als 90 Prozent zurückgegangen: So kommen etwa Beutelmeise, Rebhuhn und Sandregenpfeifer nur noch mit Einzelpaaren vor und stehen kurz vor dem Verschwinden, sagte Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) am Dienstag im Rathaus.
Mit großem Abstand am meisten Brutpaare verloren habe der Bestand des Haussperlings, bis in die 1980er-Jahre noch die mit Abstand häufigste Brutvogelart in der Stadt. Von 29.000 Brutpaaren Mitte der 2000er-Jahre sind der Behörde zufolge nur noch maximal 16.000 Brutpaare übrig geblieben.
Haussperling und Star erstmals auf Roter Liste
Beim Star sank die Zahl der Brutpaare um 5200 in den vergangenen 15 Jahren. Das entspricht einem Rückgang um 45 Prozent. Deshalb kommen Star und Sperling nun in Hamburg und damit erstmals in einer deutschen Großstadt auf die Rote Liste gefährdeter Arten. „Bei aller Freude über die große Zahl an Brutvögeln blicken wir mit Sorge auf den dramatischen Schwund bei einzelnen Arten“, sagte Jens Kerstan. „Die Artenvielfalt bei den Brutvögeln wollen und müssen wir bewahren.“
Besonders starke Bestandsverluste gibt es dem Senator zufolge auch bei einigen anderen ehemals häufig auftretenden Arten: So ging im Bestand der Trauerschnäpper die Zahl der Brutpaare von 450 auf 200 zurück. Die Zahl der brütenden Kiebitz-Paare hat sich von 650 auf 300 reduziert. Eine negative Entwicklung zeigt sich auch bei den Fitis: Von 4600 Brutpaaren sind nur noch 2200 übrig geblieben.
Ein Problem: Mangel an Nahrung zur Brutzeit
Die Ursachen für den Rückgang seien vielfältig, heißt es von der Umweltbehörde. So führten etwa die Sanierung alter Gebäude und der Bau energetisch verbrauchsarmer Wohnhäuser mit dichten Fassaden dazu, dass Brutstätten für die überwiegend an Gebäuden brütenden Arten verloren gingen. Abhilfe würden künstliche Nistkästen schaffen, so die Behörde.
Ein weiteres Problem sei ein Mangel an Nahrung zur Brutzeit, insbesondere an Insekten für die Aufzucht der Jungvögel. Der Rückgang habe zudem mit einer veränderten Gartennutzung zu tun. „Ehemals blüten- und damit insektenreiche Pflanzen und Flächen für Gemüse- und Obstanbau sind artenärmeren und sauberen Ziergärten und pflegeleichten Grünanlagen gewichen“, heißt es von der Behörde. Helfen würden etwa Gründächer und grüne Fassaden.
Zwölf Arten stehen auf der Vorwarnliste
Etwa ein Viertel aller hier regelmäßig brütenden heimischen Vogelarten gelten als mindestens gefährdet, etwa Feldlerche und Rebhuhn. Zwölf Arten stehen auf der Vorwarnliste, zum Beispiel Nachtigall, Saatkrähe und Weißstorch. Aus der Vorwarnliste herausgefallen sind unter anderen Blaukehlchen, Grünspecht und Rauchschwalbe.
Gegenüber der Roten Liste von 2007 müssen nun weitere sieben Arten in Hamburg als ausgestorben gelten, unter anderem Brachvogel, Haubenlerche und Zwergseeschwalbe. Andererseits haben sich mit dem Seeadler und dem Raufußkauz zwei neue Brutvogelarten in Hamburg dauerhaft niedergelassen. Und: Die Population des Mittelspechts habe sich seit 2007 vervierfacht, teilte die Umweltbehörde mit. Deswegen konnte der Mittelspecht aus der Liste der gefährdeten Arten „entlassen“ werden. Profitiert habe diese Vogelart von einer naturnahen Forstwirtschaft, von abwechslungsreichen Laubwaldbeständen und einen hohen Totholzanteil, so die Behörde.
Zwei Drittel der Vogelarten in Hamburg gelten als ungefährdet
Ebenfalls gewachsen – und zwar um 60 Prozent in den vergangenen zehn Jahren – ist der Bestand des Eisvogels in Hamburg. Auch er steht deshalb nun nicht mehr auf der Roten Liste. Die Ursache für den Zuwachs ist der Umweltbehörde zufolge eine verbesserte Wasserqualität der Alster und ihrer Nebenflüsse. Zwei Drittel der Vogelarten in Hamburg gelten als ungefährdet, etwa Amsel, Kranich und Mäusebussard.
„Wichtig ist es, für einen funktionierenden Biotopverbund zu sorgen, in dem Vögel und andere Tiere innerhalb verschiedener Grün- und Naturbereiche gut wandern und wechseln können“, sagte Umweltsenator Jens Kerstan. Er verwies darauf, dass der Senat fast ein Viertel der Landesfläche im Biotopverbund festgeschrieben habe. Die wertvollsten Flächen seien als Naturschutzgebiete gesichert worden.