Hamburg. Gruftgewölbe und Tiefbunker für mehr als 2500 Menschen: Wer abtaucht, kann die Hansestadt aus geheimnisvollen Perspektiven erleben.

Wo nie die Sonne scheint, beginnt Hamburgs Unterwelt – geheimnisvoll und doch nicht ganz verborgen. Bunker, Tunnel und Gruftgewölbe können besichtigt werden und die Hansestadt von einer ganz anderen Perspektive erschließen.

Michel-Krypta

Der Michel, Norddeutschlands schönste Barockkirche, birgt unter der Erde manche Geheimnisse – und Gebeine. In der Krypta wurde zum Beispiel Hamburgs Musikdirektor Carl Philipp Emanuel Bach (1714–1788) beigesetzt. In dem mystisch beleuchteten Raum, der von 44 Säulen getragen wird, finden immer wieder Gottesdienste, Gedenkfeiern und Konzerte statt. An diesem Donnerstag beginnt um 18 Uhr in der Krypta eine musikalische Vesper mit Heiligem Abendmahl, gregorianischen Gesängen und Pilgerliedern aus europäischen Traditionen.

Hauptkirche St. Michaelis, Englische Planke. Regelmäßig Kirchenführungen: Tel. 040/37 67 80

Alter Elbtunnel

24 Meter unter der Elbe erstreckt sich ein frisch sanierter Tunnel, der auch bei den Fotografen und Touristen sehr beliebt ist. Der insgesamt 426 Meter lange St.-Pauli-Elbtunnel führt von den Landungsbrücken bis nach Steinwerder und ist mit seinen beiden in fahlgelbes Licht getauchten Röhren ein exzellentes Fotomotiv. Die schwach beleuchteten Kacheln an den Wänden, die Reliefs mit maritimen Elementen und die schmale Trasse für Fußgänger und Fahrzeuge prägen das geradezu mystische Bild eines Tunnels, den Kaiser Wilhelm II. am 7. September 1911 eingeweiht hat. Das Bauwerk – der erste auch für Fußgänger geeignete Tunnel in Europa – sollte Werftarbeiter und Güter schnell von der einen zur anderen Elbseite bringen. Die noch heute intakten vier Aufzugskörbe beförderten damals Pferdefuhrwerke.

Alter Elbtunnel, Bei den St. Pauli-Landungsbrücken. Für Fußgänger und Radfahrer durchgehend geöffnet

Hamburger Sielnetz

Das Hamburger Sielnetz ist rund 5800 Kilometer lang. „Regelmäßige Führungen durch die Kanalisation bieten wir allerdings nicht an“, sagt Ole Braukmann, Sprecher von Hamburg Wasser. Dafür wäre der sicherheitstechnische Aufwand zu groß, weil in den Anlagen Gefahren wie Gase und Infektionen lauern können. Aber zu besonderen Anlässen wie dem Tag des offenen Denkmals kann das Siel-Einsteigehäuschen am Vorsetzen mit dem „Kaiserzimmer“ besichtigt werden. Es wurde extra gebaut, damit Seine Majestät Kaiser Wilhelm II. sich vor der Bootsfahrt standesgemäß gewanden konnte. Doch das Sielhäuschen hat der Kaiser nie besucht. Einblicke in die wasserreiche „Unterwelt“ bieten zudem regelmäßige Führungen durch das Klärwerk im Hafen und die Wasserwerke.

Klärwerksführungen in Gruppen werden montags, mittwochs und donnerstags angeboten. Buchungen bei Hamburg Wasser zwingend erforderlich: 040/78 88 88 111. Gruppenführungen gibt es auch durch die Wasserwerke.

Bunker am Hauptbahnhof

Katastrophen-Zuflucht für mehr als 2500 Menschen bieten die unterirdischen Räume am Hauptbahnhof (Steintorwall). Die dreistöckige Anlage mit den 3,7 Meter dicken Mauern wurde in den Jahren 1941–1944 als Luftschutzbunker gebaut. Noch heute ist er als Schutzraum für den Katastrophenfall vorgesehen und der derzeit größte, während der Zeit des „Kalten Kriegs“ modernisierte Tiefbunker der Stadt.

Der Verein Hamburger Unterwelten bietet regelmäßig Führungen durch einige der 150 Räume an – auch im Winter. In der wärmeren Jahreszeit kommen Stadtspaziergänge durch Altona dazu, sagt Sandra Latussek vom Verein Unterwelten. Da werden weitere Bunker gezeigt. Jährlich nutzen rund 3500 Gäste die Führungen der ehrenamtlichen Vereinsmitglieder.

Auch der Schellfischtunnel in Altona kann zu besonderen Anlässen besichtigt werden. Der im 19. Jahrhundert erbaute Hafenbahn-Tunnel verband damals die Anlagen am Elbufer mit dem Altonaer Bahnhof und trug so zum Aufstieg Altonas als Zentrum der deutschen Fischindustrie bei. Seit 1993 steht der Tunnel allerdings leer.

Weitere Informationen: www.hamburgerunterwelten.de. Telefon: 040/20 93 38 64. Die Führung durch den Tiefbunker am Hauptbahnhof dauert 100 Minuten und kostet acht Euro.

Gruftgewölbe auf St. Pauli

In einer beleuchteten Krypta der katholischen Kirche St. Joseph (Große Freiheit) ruhen die Gebeine von 350 Menschen. Die Toten waren zwischen 1719 und 1871 unter der Kirche bestattet worden. Die Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg zerstörten Krypta und Gotteshaus, das Holz der Särge wurde zum Heizen benutzt. Erst seit 2015 gibt es mit dem Beinhaus ein würdiges Totengedenken und regelmäßige Gebete. Führungen sind in Absprache mit der Pfarrei möglich.

St. Joseph, Große Freiheit 43. Jeden Mittwoch, 12 Uhr, Mittagsgebet in der Krypta