Hamburg. Im Botanischen Garten gab es eine Matinee zum Ehrentag der 2010 gestorbenen Ehefrau des Ex-Bundeskanzlers Helmut Schmidt.

Viele sehen in ihr nur die Gattin eines früheren Bundeskanzlers. Aber Hannelore „Loki“ Schmidt war immer viel mehr als das. Botanikerin, Naturschützerin, Lehrerin, Autorin: in Hamburg geboren als „armer Leute Kind“ feierte die Hansestadt mit einer Matinee am Sonntag den 100. Geburtstag seiner 2010 gestorbenen Ehrenbürgerin gefeiert. Politiker, Weggefährten und geladene Gäste erinnerten im Botanischen Garten an die Ehefrau des früheren Bundeskanzlers Helmut Schmidt (SPD) und würdigten ihre Arbeit als Naturschützerin, Forscherin und Buchautorin.

Mit dabei war auch Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit. „Loki Schmidt war eine überzeugte Pionierin“, sagte die SPD-Politikerin. Mit ihrer Arbeit habe Schmidt die Öffentlichkeit aufklären, die Sinne für bedrohte Pflanzen schärfen und wachrütteln wollen, lange Zeit bevor das Thema Naturschutz in aller Munde war. „Dabei ist sie nie verkopft oder belehrend vorgegangen“, sagt Veit. Stattdessen habe Schmidt mit einem ihr eigenen Mix aus Wissen, Humor und Menschlichkeit viele Menschen überzeugen können. Auch deshalb habe die Bürgerschaft ihr 2009 die Ehrenbürgerwürde verliehen. „In Hamburg hat das Parlament mittlerweile neun Prozent der Fläche unter Naturschutz gestellt – so viel wie in keinem anderen Bundesland“, sagte Veit, die nach ihrer Rede am Eingang des Gartens, der Loki Schmidts Namen trägt, eine Gedenktafel enthüllte.

Sie war wichtige Stimme für Natur- und Artenschutz

Sie erinnert an das Wirken der Forscherin und Botschafterin für die Natur und trägt den Titel „Loki Schmidt – ein Leben für Natur, Artenschutz und Botanische Gärten“. Ihre Leidenschaft für Tiere und Pflanzen bereits in der Kindheit hat Schmidt zeitlebens begleitet und diente ihr als Basis für zahlreiche Aktivitäten zur Erforschung und Erhaltung der biologischen Vielfalt. Schon in den 70er Jahren hat sie die globale Bedrohung der Artenvielfalt erkannt und entsprechende Schutzmaßnahmen gefordert und initiiert. Schmidt gründete die „Stiftung zum Schutz gefährdeter Pflanzen“, engagierte sich im Hamburger Naturschutzrat für den lokalen Artenschutz und wirkte auf internationaler Ebene im Stiftungsrat des WWF mit.

„Sie war über Jahrzehnte eine wichtige Stimme für Natur- und Artenschutz“, sagte der wissenschaftliche Leiter des botanischen Gartens Carsten Schirarend. Auch die Tradition der Wahl einer Blume des Jahres habe Schmidt 1980 ins Leben gerufen. Die öffentliche Aufklärungskampagne soll über den ökologischen Wert von Wildblumen und ihre Lebensräume informieren und zu einem besseren Schutz der ausgewählten Arten beitragen. Schmidt pflegte eine besondere Beziehung zu botanischen Gärten, in denen Erforschung, Präsentation und Erhaltung der botanischen Vielfalt verbunden werden. „Loki hat 1997 ein Buch veröffentlicht, in dem sie erstmals alle botanischen Gärten Deutschlands vorstellte“, sagt Schirarend. Dafür habe Schmidt drei Jahre recherchiert, die 70 Gärten besucht und mehr als 26.000 Kilometer zurückgelegt.

Für Loki Schmidt war Bildung ein Weg aus der Armut

Mit dem Hamburger Botanischen Garten war sie auf besonders enge Weise verbunden. Bereits als kleines Mädchen war sie durch die Anlagen des alten botanischen Gartens am Dammtor gestreift und von der Vielfalt der dort gezeigten Pflanzen begeistert. Eine willkommene Abwechslung für das in Armut aufgewachsene junge Mädchen. „Durch den sozialistischen Hintergrund ihrer Eltern hat sie schon früh gelernt, dass für sie nur Bildung einen Weg aus der Armut bedeuten kann“, sagt Reiner Lehberger. Der Professor für Erziehungswissenschaften an der Universität Hamburg hat im November vergangen Jahres zum 100. Geburtstag von Helmut und Loki Schmidt die erste Doppelbiografie des Jahrhundertpaars veröffentlicht.

Die Schmidts waren ein einzigartiges Paar – für viele fast ein Mythos. Doch es gab auch schwierige Zeiten in ihrer Beziehung. „Ende der 60er Jahre hat Loki ihm die Scheidung angeboten“, sagt Lehberger. Die vielen Forschungsreisen im Dienst der Artenvielfalt hätten ihr gut getan und geholfen, Abstand zu gewinnen, zu einem oft stressigen Alltag. Fast das gesamte 20. Jahrhundert haben die Schmidts gemeinsam erlebt. 68 Jahre waren die Schmidts verheiratet, 81 Jahre kannten sie sich. „Dass unsere Ehe so lange währt ist ein Verdienst meiner Frau“, hat Helmut Schmidt laut Lehberger mehrfach gesagt.

Hamburg trauert um Loki Schmidt