Hamburg/Kiel. 5800 Bedienstete folgten dem Ruf von Verdi. Auch Schulen, Knöllchenschreiber, Sozialberatungen und der Hafen betroffen.
Drei Tage vor der dritten Runde der Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst der Länder erhöhen die Gewerkschaften im Norden den Druck. Die Beschäftigten in Hamburg und Schleswig-Holstein waren zu einem flächendeckenden, ganztägigen Warnstreik aufgerufen. 4000 Hamburger und 1800 Schleswig-Holsteiner folgten dem Aufruf und legten die Arbeit nieder. Zudem gab es eine Vielzahl von Kundgebungen und Demonstrationen.
Vom Ausstand in Hamburg betroffen waren die Kundenzentren, die Bezirksämter besonders mit ihren Beratungsstellen und die Bauhöfe. In den Sonderschulen waren nur Notdienste eingerichtet, die soziale Betreuung in den allgemeinbildenden Schulen fiel weitgehend aus. In den Zentren Mitte-Kern, Bergedorf, Rahlstedt, Süderelbe und Wandsbek seien derzeit keine Termin- oder Spontanbesuche möglich, hieß es am Montagvormittag aus der für die Bezirke zuständigen Finanzbehörde. In Bergedorf und Mitte-Kern versuche ein Notdienst, die Dokumentenausgabe sicherzustellen, sagte ein Sprecher. "Im Kundenzentrum Süderelbe ist den ganzen Tag über keine Kundenbedienung mehr möglich, im Kundenzentrum Wandsbek-Kern ab 15 Uhr nicht mehr."
Im Landesbetrieb Erziehung und Beratung machen die Leitungskräfte einen Notdienst, um die Kinder nicht allein zu lassen. Das Veterinär- und Ausfuhramt im Hafen ist lahmgelegt, die Lkw werden nicht abgefertigt. Auch das Schleusenpersonal hat die Arbeit niedergelegt. Heute kommen keine Schiffe vom Hafen ins Stadtgebiet, hieß es. Bei der Polizei streiken die Knöllchenschreiber, die Objektschützer und die Verwaltung. Auch der Landesbetrieb Verkehr ("Verkehrsamt") ist betroffen, ebenso die Feuerwehr.
Verdi: Ergebnisse der Verhandlungsrunde "unverschämt"
Der Streik-Tag begann in Hamburg mit einer großen Kundgebung der Gewerkschaft Verdi auf dem Gänsemarkt. Schätzungen zufolge beteiligten sich bis zu 2000 Menschen an der Demonstration. Die stellvertretende Landesvorsitzende und Tarifkoordinatorin Sieglinde Frieß bezeichnete dort in ihrer Rede die Ergebnisse der zweiten Verhandlungsrunde als „unverschämt“. „Es darf nicht sein, dass die einen in Champagnerlaune sind und den anderen alles verwehrt wird“, so Fries. „Ihr lebt in einer Stadt mit den fast höchsten Mieten (...) und ihr liegt mittlerweile 100 bis 300 Euro hinter den kommunalen Tarifen.“ Dass die Fluktuation in Hamburg so hoch sei, sei also kein Wunder, wenn die Arbeitsplätze im Umland attraktiver seien. Nach der Kundgebung zog der Demonstrationszug vom Gänsemarkt zum Gewerkschaftshaus am Besenbinderhof.
Es handelt sich um die größte Aktionen in der laufenden Tarifauseinandersetzung. Die Gewerkschaften fordern sechs Prozent mehr Geld, mindestens aber 200 Euro mehr pro Monat. Die Tarifgemeinschaft der Länder lehnt das ab, hat aber selbst noch kein Angebot vorgelegt. Die ersten beiden Verhandlungsrunden verliefen ergebnislos. Die Gespräche werden am Donnerstag in Potsdam fortgesetzt. "Im letzten Jahr haben die Länder insgesamt über 20 Milliarden Euro zusätzlich eingenommen", sagte Fries, "Hamburg hatte im letzten Jahr über eine Milliarde an Mehreinnahmen, in den letzten vier Jahren insgesamt über 3 Milliarden Euro. Her mit dem Geld, lieber Senat! Herr Tschentscher, rücken Sie die Kohle raus! Wenn es zu keinem Ergebnis kommt, dann können wir noch mehr. Das ist ein Versprechen.“
Kliniken und Ministerien in Kiel lahmgelegt
In Kiel zogen etwa 800 Beschäftigte vom Gewerkschaftshaus an der Legienstraße zum Asmus-Bremer-Platz. Daran beteiligte sich neben Verdi und GEW auch die Gewerkschaft der Polizei. Außerdem gab es im ganzen Land regionale Kundgebungen. In Schleswig-Holstein waren unter anderem das Uni-Klinikum Schleswig-Holstein mit den Standorten Kiel und Lübeck, sämtliche Landesverwaltungen einschließlich der Ministerien, das Gebäudemanagement Schleswig-Holstein sowie das Landeslabor in Neumünster betroffen, sagte ein Verdi-Sprecher.
Etwa 1800 Beschäftigte befanden sich im Ausstand. Im Norden sind laut Verdi 30 000 Arbeitnehmer und 43 000 Beamte betroffen.
Schulen nur teilweise betroffen
Unterrichtsausfälle in den Schulen waren kein Thema, weil nur ein kleiner Teil der Lehrer Angestellte sind und verbeamtete Lehrer nicht streiken dürfen. Auch die meisten Kitas waren vom Warnstreik nicht betroffen. Ausnahmen waren die Kitas des Studentenwerks an den Hochschulstandorten Kiel, Lübeck und Flensburg. In Hamburg fiel die soziale Betreuung in Schulen weitgehend aus, weil die betreffenden Bediensteten Angestellte mit Streikrecht sind.