Hamburg. In Hamburg streikt das Sicherheitspersonal seit Mitternacht. Acht Flughäfen betroffen. Reisepläne Tausender Passagiere durcheinander.
Am Flughafen Hamburg hat am Dienstag ein Warnstreik des Sicherheitspersonals begonnen. Mit Beginn der Frühschicht seien rund 100 Sicherheitsbedienstete in den Ausstand getreten, sagte Peter Bremme von Verdi Hamburg. Im Laufe des Tages sollen nach seinen Angaben rund 90 Prozent der Mitarbeiter Teil der Aktion werden. Mittags plant Verdi am Hamburger Flughafen eine Demonstration mit Kundgebung. Bremme: "Die Aktion ist gut angelaufen und wir können damit ein Zeichen setzen."
Durch den Warnstreik sind die Reisepläne Tausender Passagiere durcheinandergekommen. Laut Flughafensprecherin Katja Bromm fallen in Hamburg am Dienstag 110 Abflüge aus von 178 geplanten Abflügen – das sind fast zwei von drei Starts. Bei den Ankünften wurden 92 von 179 geplanten Landungen gestrichen. Für den gesamten Dienstag fallen demnach 202 Flüge aus, geplant waren 357 Flüge.
Weitere Flugstreichungen seien möglich
Einige Sicherheitskontrollen konnten am Morgen dennoch geöffnet werden. „Im Moment ist das hier eine ruhige und entspannte Lage“, sagte die Sprecherin zu den ungewohnt leeren Terminals am Dienstagmittag. „Die Passagiere konnten am Vormittag problemlos abgefertigt werden.“ Unter anderem nach Lissabon, Zürich und Warschau hoben Flugzeuge ab. Der Tipp an Passagiere: "So früh wie möglich am Flughafen sein, wenig Handgepäck mitnehmen und sich vorab nocheinmal vergewissern, dass der Flug auch tatsächlich geht", so Katja Bromm.
Die ersten 30 Beschäftigten hatten nach Verdi-Angaben um Mitternacht die Arbeit niedergelegt, im Tagesverlauf sollten nach Erwartungen der Gewerkschaft Hunderte folgen. In Hamburg hätten sich die meisten gut auf den Streik des Sicherheitspersonals eingestellt, so dass die Lage am Flughafen laut Sprecherin ruhig war. "Am Morgen gegen vier Uhr gab es längere Schlangen, weil die Passagiere für die Flüge ab 10 und 11 Uhr bereits vor Ort waren." Sie konnten kontrolliert werden, da von den 24 Kontrollspuren einige heute geöffnet sind. Der letzte geplante Flug, der nicht gestrichen wurde, geht am Abend um 22.30 Uhr nach Moskau.
Flugtickets einzelner Airlines in Bahnfahrkarten umwandelbar
Bei den nicht ausfallenden Flügen könne es den ganzen Dienstag über zu massiven Verspätungen kommen, heißt es. Aufgrund der eingeschränkten Kontrollkapazität werde ein Großteil der Fluggäste die Kontrollstelle nicht pünktlich passieren können.
Die Deutsche Bahn weist darauf hin, dass bestimmte Flugtickets einzelner Airlines – etwa Eurowings oder Lufthansa – in Bahnfahrkarten umgewandelt werden können. Das Unternehmen sei "gut auf die angekündigten Flughafenstreiks vorbereitet", wie eine Bahnsprecherin sagte." Zusätzliche Züge und Zugteile werden vor allem von Frankfurt/Main nach Hamburg, Berlin, München und Basel eingesetzt." Zwischen Hamburg und Frankfurt/Main sollen einzelne Züge um ein zweites Zugteil verstärkt werden.
Betroffene Fluggäste sind verärgert
Am Dienstagmorgen ist die Situation am Hamburger Hauptbahnhof zunächst noch entspannt und weist kein signifikant höheres Fahrgastaufkommen auf. Dennoch gibt es Betroffene, die vom Flug- auf den Bahnverkehr ausweichen mussten – und verärgert sind. Ein junger Mann wollte eigentlich am Dienstagmorgen nach Frankfurt fliegen, hat aber erst am Montagabend erfahren, dass sein Flug gestrichen wurde. Er ist sauer: "Bis zum Schluss war unklar, ob mein Flug betroffen ist. Ich musste heute Morgen schon um 6 Uhr zum Lufthansa-Schalter, um mir mein Ersatzticket für den Flug abzuholen." Jetzt fährt er um 9.46 Uhr mit dem ICE 925 nach Frankfurt.
Neben ihm wartet ein Pärchen aus München. "So ein Mist", sagte der junge Mann. "Wir waren nur drei Tage in Hamburg, und jetzt so eine lange Fahrt zurück." Sie hatten vor zwei Tagen erfahren, dass ihr Flug nach München ausfällt und dann online umgebucht. Jetzt haben sie Tickets für den ICE 787 nach München um 10.01 Uhr und brauchen 6,5 Stunden statt einer Stunde mit dem Flugzeug. "Wir haben erst versucht, telefonisch umzubuchen. Da war aber überhaupt kein Durchkommen", sagt die junge Frau.
Verdi fordert Stundenlohn von 20 Euro brutto
Die Gewerkschaften Verdi und DBB wollen mit den Warnstreiks Druck in der laufenden Tarifrunde machen. Sie verlangen Lohnsteigerungen für die Branche mit bundesweit 23.000 Beschäftigten und eine einheitliche Bezahlung im Bereich der Passagier-, Fracht-, Personal- und Warenkontrolle an den Flughäfen.Verdi verlangt für die Mitarbeiter brutto 20 Euro pro Stunde, der DBB fordert einen Stundenlohn von 19,50 Euro. Bislang sind die Stundenlöhne in der Branche regional sehr unterschiedlich geregelt. Verdi pocht auf deutliche Lohnerhöhungen auch in Ostdeutschland.
Bereits in der vergangenen Woche hatte es Warnstreiks des Flugsicherheitspersonals gegeben - zunächst an den Berliner Flughäfen Tegel und Schönefeld, dann in Düsseldorf, Köln/Bonn und Stuttgart. Verdi begründet die jetzige Eskalation damit, die Arbeitgeber hätten trotz der Warnsignale "kein verhandlungsfähiges Angebot" vorgelegt.
"Tarifkonflikt wird auf dem Rücken der Passagiere ausgetragen"
Arbeitgeber, Tourismusverbände und Wirtschaft kritisierten die Ausweitung der Warnstreiks deutlich. "Erneut wird ein Tarifkonflikt einer einzelnen Berufsgruppe auf dem Rücken von Hunderttausenden Passagieren, den Luftverkehrsbetrieben und vielen weiteren Unternehmen der deutschen Tourismuswirtschaft ausgetragen", monierte der Generalsekretär des Bundesverbands der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW), Michael Rabe. "Von Warnstreiks, also der Idee punktueller Warnsignale Richtung Arbeitgeber, kann hier definitiv keine Rede mehr sein. Spätestens mit diesem dritten Ausstand binnen zehn Tagen wird der Bogen maßlos überspannt."
Der Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) reagierte mit Unverständnis auf die aus seiner Sicht unverhältnismäßigen Warnstreiks: Die Arbeitgeberseite habe bereits im Dezember klar gemacht, dass sie zu einem neuen Angebot und zu zügigen Verhandlungen ab Jahresanfang bereit sei. Angesetzt ist die fünfte Verhandlungsrunde in dem Tarifkonflikt für 23./24. Januar in Berlin.
Acht Flughäfen in Deutschland betroffen
Am Dienstag ist das Sicherheitspersonal gleich an mehreren deutschen Flughäfen im Ausstand. Hunderte Flüge fallen aus, Zehntausende Passagiere kommen nicht wie geplant an ihr Ziel. Weil im Tagesverlauf acht Flughäfen betroffen sein werden, hatte der Flughafenverband ADV vor erheblichen Beeinträchtigungen für den gesamten Luftverkehr in Deutschland gewarnt. Begonnen hat der Warnstreiktag der Gewerkschaft Verdi um Mitternacht an den Flughäfen Hamburg, Hannover und Bremen. Dort soll das Sicherheitspersonal den ganzen Dienstag nicht arbeiten.