Hamburg. Senats-Bericht: In neun Gebieten sind die Anteile an Arbeitslosen, Leistungsempfängern und Schülern ohne Abschluss auffallend hoch.
Die soziale Lage in Hamburg ist weitgehend stabil – das ist die gute Nachricht. Die weniger gute: Fächert man die Stadt in 848 stadtteilähnliche „Sozialräume“ auf (tatsächlich hat Hamburg nur 104 Stadtteile), gibt es weiterhin gravierende Unterschiede – vor allem in neun Regionen der Stadt ballen sich soziale Probleme. Das geht aus dem neuen Sozialmonitoring-Bericht 2018 hervor, den die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen am Montag veröffentlicht hat.
Von den 848 Gebieten weisen mit 542 (sieben mehr als 2017) die weitaus meisten einen mittleren Staus auf (blau). Im Gegenzug ist die Zahl der Gebiete mit hohem Status (grün) von 158 auf 151 gesunken. 79 Gebiete (zwei mehr als 2017) haben einen niedrigen Status (rot), während unverändert 76 als sehr niedrig eingestuft werden. Umgerechnet auf die Einwohnerzahlen bedeutet das: Zum Stichtag 31. Dezember 2017 lebten 1,493 Millionen Menschen (rund 80 Prozent der Hamburger) in Gebieten mit mittlerem oder hohem Status. 372.000 Personen (jeder fünfte Hamburger) lebten in einem Sozialraum, dessen Status als niedrig oder sehr niedrig galt.
Häufung sozialer Herausforderungen frühzeitig zu erkennen
Ziel des jährlichen Sozialmonitorings sei es, eine mögliche Häufung sozialer Herausforderungen in einzelnen Quartieren frühzeitig zu erkennen, so die Behörde. Für den Bericht wurden jeweils sieben Faktoren beziehungsweise deren Anteil an der Bevölkerung erfasst: Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund, Kinder von Alleinerziehenden, Empfänger von Hartz IV und Leistungen für Asylbewerber, Arbeitslose, Kinder in Mindestsicherung, Empfänger von Grundsicherung im Alter sowie der Anteil von Schülern ohne und mit erstem oder mittlerem Schulabschluss.
Dabei kristallisieren sich unverändert neun problematische Gebiete heraus: Sie liegen am östlichen Stadtrand (unter anderem in den Stadtteilen Billstedt, Horn, Jenfeld und Rahlstedt) und am westlichen Stadtrand (Lurup und Osdorf), in den Stadtteilen Dulsberg/Steilshoop/Bramfeld, in der westlichen Innenstadt (Altona-Nord und St. Pauli), in der östlichen Innenstadt (Borgfelde, Hammerbrook, Rothenburgsort), in Wilhelmsburg/Veddel, am südöstlichen Stadtrand (Billwerder, Neuallermöhe, Bergedorf, Lohbrügge), im Süden (Harburg, Eißendorf, Neuland, Heimfeld) sowie im Südwesten (Hausbruch, Neugraben-Fischbek).
Auch die HafenCity hat ein Sozialraum den Status „niedrig“
Im Vergleich zu 2017 konnten lediglich 35 der 848 Sozialräume ihren Status verbessern, 41 haben sich verschlechtert, gut 90 Prozent haben ihren Status gehalten. Nur zwei Gebiete veränderten sich gleich um zwei Stufen: Billwerder sank von „mittel“ auf „sehr niedrig“, was vor allem am Bau der großen Flüchtlingsunterkunft am Mittleren Landweg lag. Umgekehrt kletterte Hammerbrook um zwei Stufen nach oben, von „sehr niedrig“ zu „mittel“, was aufgrund der geringen Einwohnerzahl aber kaum Rückschlüsse zulässt. Auch die HafenCity hat ein Sozialraum den Status „niedrig“ – weil es dort bislang nur eine Flüchtlingsunterkunft gibt.
Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) attestierte Hamburg daher „eine sehr stabile sozialräumliche Entwicklung. Nach wie vor sind keine zunehmenden Polarisierungstendenzen erkennbar.“ Sie räumte aber auch ein: „Gleichwohl gibt es Daten zur sozialen Lage in bestimmten Teilen der Stadt, die unsere unbedingte Aufmerksamkeit brauchen.“ Diese Stadtteile würden mit dem Rahmenprogramm Integrierte Stadtteilentwicklung (RISE) unterstützt. „Dies ist wichtig, um ein gerechtes Zusammenleben in unserer Stadt zu fördern.“
Heike Sudmann, Stadtentwicklungsexpertin der Linkspartei, kritisierte dagegen die Verfestigung von Armut. „Es ist mir ein Rätsel, wie die Senatorin über ,nicht zunehmende Polarisierungstendenzen‘ frohlocken kann. Mehrere Hunderttausend Hamburger leben in Quartieren, die seit sieben Jahren unverändert und insofern leider sehr stabil sozial benachteiligt sind. Wir bräuchten eine Anti-Armutsstrategie.“