Hamburg. Er hat vor 35 Jahren seine Lehre im Hotel Atlantic gemacht, jetzt ist er dessen Chef: Franco Esposito ist ein Mann mit großen Plänen.

Es gibt Direktoren von Grandhotels, die für ihre Gäste auch den Entertainer spielen. Ein Entertainer ist Franco Esposito nicht. Der Halbitaliener und gebürtige Hamburger ist ein eher ruhiger Mensch, ein aufmerksamer Beobachter, der sein Haus bis in das kleinste Detail kennt.

Seit drei Jahren führt Franco Esposito das Hotel Atlantic an der Außenalster, eine Institution mit großer Geschichte. In dem Luxushotel steigen seit 1909 gekrönte und ungekrönte Häupter, berühmte Schauspieler und Weltstars der Musik ab. Auch „Der Morgen stirbt nie“ aus der James-Bond-Reihe wurde hier gedreht.

Die nationale und internationale Politprominenz schätzt das Atlantic. Vor wenigen Wochen war die Nobelherberge anlässlich des CDU-Bundesparteitags das „Hauptquartier“ zahlreicher Spitzenpolitiker und von Angela Merkel. Dabei ist auch ein Foto von der Bundeskanzlerin und Franco Esposito vor dem festlich geschmückten Weihnachtsbaum in der Empfangshalle entstanden.

"Diskretion hat bei uns einen hohen Stellenwert"

Wie ist die Kanzlerin als Gast? Der geschäftsführende Direktor lächelt, hält einen Moment inne und sagt dann: „Diskretion hat in diesem Haus einen hohen Stellenwert. Deshalb rede ich auch grundsätzlich nicht über unsere Gäste.“ Ihm ist lediglich zu entlocken: „Die meisten Prominenten, die bei uns wohnen, sind sehr angenehm und haben eigentlich keine Sonderwünsche.“

Franco Esposito steht im Großen Festsaal des Hauses, hier werden an diesem Montag rund 900 Gäste zum Neujahrsempfang des Hamburger Abendblatts erwartet. Der imposante Raum mit den frisch polierten Kronleuchtern und edlen Seidentapeten erstrahlt in neuem Glanz, wurde monatelang behutsam restauriert. Ebenso wie viele weitere Veranstaltungsräume des Atlantic. Dabei kamen Stuckdecken und Lampen zum Vorschein: „Wenn man in einem historischen Gebäude baut, dann gibt es immer wieder Überraschungen“, sagt der 55-Jährige und ergänzt: „Die Immobilie steht für mehr als 100 Jahre Handwerkskunst. Ob beim Spazierengehen oder beim Autofahren an der Außenalster: Die Fassade, die Weltkugel und die Flaggen auf dem Dach beeindrucken die Menschen.“

Mit dem Fahrrad erkundet der Hotelier die Stadt

Das Atlantic wird fit gemacht für die Zukunft, und der Chef ist „stolz darauf, diesen Prozess begleiten zu dürfen.“ Aber auch über Zahlen wird nicht gesprochen. Dem Vernehmen nach stehen Millioneninvestitionen an. Die Bar wurde komplett entkernt und wird neu gestaltet, danach soll auch der Innenhof aufgewertet werden. Der Küchenbereich wird erneuert.

Im Frühjahr soll in den Räumen des ehemaligen Chinarestaurants Tsao Yang das neue Atlantic Grill&Health eröffnen. Der Fokus liege auf „gesundem Genuss aus Norddeutschland“, erklärt Esposito.

Auch die Empfangshalle und das Atlantic Restaurant, das berühmt ist für seine Hummersuppe, sollen in den nächsten Jahren neu gestaltet werden: „Wir gehen sehr behutsam vor bei der Modernisierung. Wichtig ist immer, dass der unverwechselbare Grandhotelcharme erhalten bleibt. Tradition ist ein beständiger Trend, das ist auch unsere Zukunft“, sagt Esposito.

Die Konkurrenz in Hamburg ist groß

Das Fünf-Sterne-Superiorhotel wurde Ende 2014 von Bernard große Broermann, Gründer der Asklepios Kliniken, erworben: „Es ist sehr schön, einen Eigentümer zu haben, der viel Herzblut ins Atlantic steckt“, sagt Esposito. Die Konkurrenz auf dem Hamburger Markt ist groß. Im Frühjahr, ein exakter Termin steht noch nicht fest, soll mit dem Fraser Suites aus Singapur in der ehemaligen Oberfinanzdirektion am Rödingsmarkt ein weiteres Fünf-Sterne-Haus eröffnet werden.

Bereits im März vergangenen Jahres hat auf der anderen Seite der Außenalster das Luxushotel The Fontenay des Logistikunternehmers Klaus-Michael Kühne seine Türen geöffnet. Aus dem Atlantic Restaurant, wo Franco Esposito für das Gespräch Platz genommen hat, kann er das The Fontenay sehen: „Natürlich beobachten wir den Hotelmarkt in der Stadt. Aber wir machen uns keine Sorgen. Denn die meisten Häuser haben ein Alleinstellungsmerkmal, und deshalb hat jedes seine eigene Klientel.“ Natürlich müsse man jeden Tag aufs Neue erstklassigen Service bieten, denn dass die Gäste wiederkommen, sei kein Selbstgänger.

Der geschäftsführende Direktor lässt den Blick über die Außenalster schweifen. Beim Oberkellner hat er einen Espresso bestellt. Zum dunklen Anzug trägt er ein blaues Hemd mit dezent gemusterter Krawatte. Franco Esposito ist keiner von denen, die sich in das Rampenlicht drängen. Er mag die leisen Töne, weiß sich aber durchzusetzen. Eigentlich ist er auch kein großer Freund von Interviews: „Für mich zählt, dass das Atlantic im Vordergrund steht und nicht ich als Direktor.“

Als Jugendlicher half er schon im Hotel seiner Eltern mit

Das Atlantic ist einer der gesellschaftlichen Mittelpunkte der Stadt. Es stehen wieder zahlreiche hochkarätige Veranstaltungen an, darunter der Presseball am 18. Januar und der Ball über den Wolken am 9. Februar. Danach folgt am 16. Februar der Ball der Hamburger Juristen. Auch bei solchen Events sucht Esposito nicht die Kameras der Fotografen oder posiert auf dem roten Teppich. Aber er ist immer vor Ort und sorgt diskret dafür, „dass alles funktioniert und die Gäste einen unvergesslichen Abend haben“.

Mehr als 200 Mitarbeiter hat das Atlantic, und „die sind die Seele des Hauses. Mir ist es wichtig, dass unsere Kolleginnen und Kollegen motiviert sind und sich mit viel Elan um unsere Gäste kümmern“, sagt Esposito. Er sieht sich als Dienstleister, erwartet aber auch, dass „sich die Gäste gegenüber unseren Mitarbeitern freundlich und vor allem respektvoll verhalten“.

Auch Espositos Eltern führten ein kleines Hotel

Er kennt die Branche seit mehr als drei Jahrzehnten. Vor drei Jahren ist er zurückgekehrt: Franco Esposito hat von 1983 bis 1985 eine Ausbildung zum Hotelkaufmann im Atlantic gemacht. Sein Lehrherr war der legendäre Karl Theodor Walterspiel: „Es wurde während meiner Ausbildung noch sehr viel Wert auf die Einhaltung von Hierarchien gelegt. Ich habe sehr viel gelernt, und das war der Grundstein für meine weitere berufliche Karriere“, sagt Esposito. Walterspiel sei ein großes Vorbild für ihn gewesen.

Dass sich Esposito für die Hotelbranche entschieden hat, daran hatten wohl auch seine Eltern großen Anteil. Sie führten ein kleines Hotel mit Restaurant an der Kirchenallee, und bereits als Jugendlicher half Esposito in seiner Freizeit in dem Familienbetrieb aus.

Esposito arbeitete auch für Ketten wie Oberoi und Marriott

Nach seiner Ausbildung im Atlantic arbeitete Esposito für internationale Hotelketten wie Oberoi und Marriott unter anderem in Indonesien. In Frankfurt am Main war er als stellvertretender Direktor für das Sheraton-Hotel tätig. In Berlin leitete er das legendäre Kempin­ski Bristol am Kurfürstendamm. Schließlich kehrte Esposito nach Hamburg zurück und wurde 2007 Direktor des Grand Elysée an der Rothenbaumchaussee. Es ist bekannt, dass Eigentümer Eugen Block seine Hotelchefs häufig austauscht. Esposito blieb rund zwei Jahre. Er sagt: „Ich habe auch in dieser Zeit spannende Erfahrungen gemacht, und es hat mich weiter vorangebracht.“

Danach machte sich Esposito selbstständig und war als strategischer Berater für Hotelprojekte im In- und Ausland tätig. Schließlich kam der Ruf zurück ins Atlantic, dem Esposito folgte: „Natürlich hätte ich mir Anfang der 80er-Jahre nicht träumen lassen, dass ich irgendwann einmal der geschäftsführende Direktor werde. Aber ich habe diese Herausforderung gerne angenommen und begegne diesem Haus mit viel Respekt.“

Mit dem Mountainbike erkundet er die Stadt

Es gibt auch den Privatmenschen. Gemeinsam mit seiner Frau Corinna lebt Franco Esposito in Othmarschen. Die beiden haben zwei Söhne, 20 und 26 Jahre alt. Er sei ein Familienmensch, zu viert verbrächten sie gern gemeinsame Zeit, sagt Esposito.

In seiner knapp bemessenen Freizeit spielt Franco Esposito „ab und an“ Golf. Handicap 17 hat er, das kann sich durchaus sehen lassen. Er genieße die Natur und die Ruhe auf dem Platz und „dass man nie weiß, ob der nächste Schlag sitzt oder nicht. Egal wie gut oder schlecht man gespielt hat, es macht mir immer Spaß.“

Reisen ist eine weitere Leidenschaft

Außerdem erkundet Franco Esposito mit seinem Mountainbike die Stadt., „Ich entdecke immer wieder neue Ecken, und beim Fahrradfahren habe ich so ein Gefühl von Unabhängigkeit.“

Reisen ist eine weitere Leidenschaft von Franco Esposito, der schon zahlreiche Metropolen auf der Welt wie Boston, Stockholm und Shanghai gesehen hat: „Ich mag Städtereisen und lerne immer wieder gerne neue Orte kennen.“

Bleibt noch eine letzte Frage. Welche Wünsche hat Franco Esposito für die Zukunft? „Ich bin sehr zufrieden und sehe mich auch die nächsten Jahre hier im Atlantic. Ich bin angekommen. Das ist mein zweites Zuhause.“

Drei Fragen an Franco Esposito:

1. Was ist Ihr wichtigstes persönliches Ziel für die nächsten drei Jahre? Gemeinsam mit allen Mitarbeitern den Wandel zu gestalten, den wir uns für das Atlantic vorgenommen haben.

2. Was wollen Sie in den nächsten drei Jahren beruflich erreichen? Jeden Tag ein lebendiges Hotel Atlantic, in dem sich die Gäste und Mitarbeiter aus aller Welt wertschätzend, herzlich und respektvoll begegnen.

3. Was wünschen Sie sich in den nächsten drei Jahren für Hamburg? Ein gutes Klima, sowohl für die Umwelt als auch für die Menschen. Hamburg ist eine wundervolle Stadt. Sie muss intelligent, organisch und im Sinne aller Hamburger weiterentwickelt werden.

Nächste Woche: Michael Westhagemann, Senator für Wirtschaft, Verkehr und Innovation