Hamburg. Andreas Schmidt sorgte zum Jahreswechsel mit mehr als 500 Kollegen für Sicherheit. Ein Dienst zwischen Gepöbel und Anerkennung.

Andreas Schmidt stellt sich erst gar nicht auf eine friedliche Nacht ein. "Man macht sich immer schon Tage vorher Gedanken, wie die Jungs und Mädels und man selbst das am besten heil übersteht“, sagt der Polizeihauptkommissar. Der 49-Jährige ist einer von mehr als 500 Beamten, die für die Allgemeinheit in der Silvesternacht für Sicherheit sorgten. Nahezu jedes Jahr, seit er 1995 bei der Polizei anfing. Und auch dieser Einsatz war einer, der strapaziert, wie er am Neujahrstag erzählt.

Mit sechs Kollegen läuft Schmidt an Silvester als Einsatzführer Streife rund um den Hansaplatz in St. Georg auf. Sie tragen Warnwesten und Body-Cams, es sind zwei blutjunge Kollegen dabei. Im Gebiet sind schon Hunderte Menschen auf der Straße, viele Nordafrikaner, es wird wild gefeiert. "Die Strategie ist, nicht sofort loszukontrollieren, sondern einfach zu zeigen: ‚Wir sind da‘". Und wo immer die Beamten hinkommen, wirkt die Polizei und suchen Gruppen das Weite. Schmidt hat sie auf dem Zettel.

Einige pöbeln, andere danken

Aber die Stimmung köchelt dennoch langsam hoch. "Erst steigt immer der Alkoholpegel, dann sinkt das Benehmen", sagt Schmidt. Die Beamten müssen eingreifen, als Feiernde Böller in die Menge schmeißen. Ein Mann wie von Sinnen mit einer Sektflasche um sich spritzt. Einige Passanten pöbeln schon jetzt gegen die Polizeipräsenz, andere wünschen den Beamten einen guten Rutsch und danken Ihnen. "Das sind echte Lichtblicke", sagt Schmidt.

Schmidt und seine Kollegen bei einer Personenkontrolle am Hauptbahnhof
Schmidt und seine Kollegen bei einer Personenkontrolle am Hauptbahnhof © HA | Michael Arning

Die größeren Probleme fangen kurz vor Mitternacht an. Ein Osteuropäer tobt mit freiem Oberkörper über den Platz, scheint Umstehende angreifen zu wollen. Sein Bruder umklammert ihn, redet auf ihn ein. Auch von den uniformierten Beamten lässt er sich nicht zügeln, prescht vor. Die Polizisten nehmen ihn in Gewahrsam. Der Bruder begleitet sie zur Wache. Dass in diesen Minuten das neue Jahr beginnt, bekommt Schmidt kaum mit.

Noch am Steindamm eskaliert die Situation, erzählt Schmidt später. Der Bruder tritt plötzlich eine Feuerwerksbatterie um, sodass sie auf Umstehende feuert. Schmidt wirft sich ihn, legt ihm Handschellen an. Aber einige Umstehende solidarisieren sich mit dem Mann. Es fliegen Böller in Richtung des Polizisten. "Das gehört inzwischen leider dazu", sagt Schmidt, als rede er über das Wetter.

"Seit Silvester 2016 sind alle Antennen an"

Der 49-Jährige hat lange in der Davidwache auf St. Pauli gearbeitet, wo Verrohungen in der Gesellschaft oft zuerst sichtbar werden. Bepöbelt zu werden, nimmt er zuweilen noch als Grundrauschen war. "Man zerreibt sich, wenn man da die Geduld verliert. Und es kommt eine gewisse Altersmilde." Der Fokus liegt auf der Lage, etwa bei möglichen sexuellen Übergriffen. "Seit Silvester vor drei Jahren sind da immer alle Antennen an“. In dieser Nacht wird in seinem Dienstbereich eine Frau am Hauptbahnhof betatscht, aber keine weiteren Taten polizeibekannt.

Der Papierkram nach der Ingewahrsamnahme der zwei Männer dauert eine Stunde, dann geht es noch einmal hinaus. Das größte Feuerwerk ist nun vorbei, es bleiben die kleineren Zwischenfälle. Gegen halb vier kehren die Beamten in der Wache ein. "Ein bisschen verschmutzt, aber zum Glück unversehrt." Es sei gelungen, die Lage im Griff zu halten. Sie stoßen mit alkoholfreiem Sekt an, sprechen noch kurz über die Zwischenfälle, dann geht es nach Hause. Einen Tag hat Andreas Schmidt frei. Am Mittwoch ist er wieder im Dienst.