Hamburg. 700 Gäste bei traditionellem Senatsempfang. CDU-Chef übergibt verhinderter Zwillingsmama ein Geschenk mit Hintergedanken.
Beim traditionellen Neujahrsempfang des Hamburger Senats hat Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) am Dienstagmorgen im Rathaus etwa 700 Besucher begrüßt – gemeinsam mit seiner Frau Eva Maria. Unter anderen Umständen hätte ihm die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank zur Seite gestanden, aber die Grünen-Politikerin ist nach der Geburt ihrer Zwillinge vor sechs Wochen noch im Mutterschutz.
Das nahm Oppositionsführer André Trepoll (CDU) zum Anlass, mit Schleifen verzierte Präsente für Fegebanks Töchter zu übergeben: zwei rote Mini-Rennwagen. "Wir haben ja erfahren, dass Frau Fegebank ab und zu mal im Ferrari durch die Stadt fährt", sagte Trepoll. Womöglich verzichte Fegebank darauf künftig. "Aber darunter sollen ja die Kleinen nicht leiden", erklärte Trepoll. Praktischerweise erfüllten die beiden Bobbycars alle Abgasvorgaben.
Dem Bürgermeister wünsche er Gesundheit und Zufriedenheit, sagte Trepoll. Wünschenwert sei allerdings auch, „dass es mehr Dynamik gibt in der Stadt und die Menschen erkennen, wo Peter Tschentscher mit Hamburg eigentlich hin will“. Der so Kritisierte hatte zuvor erklärt, Hamburg sei „in Bewegung und dynamisch“, es gebe aber „noch viel zu tun“. Was genau es zu tun gibt, sagte Tschentscher allerdings nicht.
Rote Tulpen und süße Plätzchen
Im Turmsaal des Rathauses nahm der Bürgermeister fast eineinalb Stunden lang Neujahrsgrüße, Präsente und Anregungen entgegen. Als Erste an der Reihe war traditionell die Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft, Carola Veit (SPD). Es folgten Vertreterinnen und Vertreter zahlreicher Vereine und Verbände, etwa Mitglieder der Harburger Schützengilde, die Tschentscher und seine Frau zum Spargel-Essen am 13. Juni einluden. Die Gemeinschaft Vier & Marschlande überreichte zwei Sträuße mit roten Tulpen. Eine Bürgerin hatte eine Platte mit Berlinern gebracht, ein Ehepaar aus Niendorf übergab ein Glas selbst gemachter Marmelade.
Umweltaktivist Andreas Gutmann schenkte dem Bürgermeister süße und salzige Plätzchen in Ankerform und übergab Tschentscher außerdem den Entwurf einer blauen Plakette für Schiffe. Ginge es nach Gutmann, würde eine solche Plakette eingeführt, damit künftig auch im Hamburger Hafen nur noch Schiffe anlegen, die wenige Abgase ausstoßen.
Gäste aus Griechenland dabei
Neujahrsgrüße überbrachten auch die Mitglieder des Hummel-Clubs von 1902, der die Erinnerung an Hamburger Originale wachhalten will. In einem graugestreiften Kleid und mit brauner Perücke auf dem Kopf verkörperte Mitglied Heidi Gerken (78) aus Eidelstedt die Zitronenjette. Diesen Spitznamen trug die Händlerin Henriette Johanne Marie Müller (1841-1916), die mit dem Verkauf von Südfrüchten tagsüber auf dem Grasbrook und nachts in Kneipen der Neustadt und auf St. Pauli ihren kargen Lebensunterhalt verdiente.
Aus Grande in Schleswig-Holstein angereist waren Käthe und Gerd Grabowski. „Wir fühlen uns immer noch als Hamburger“, erklärten die beiden – und wünschten Tschentscher eine „glückliche Hand für Hamburg“. Aus Griechenland angereist, um bei Verwandte in Hamburg zu besuchen, waren Lefteris Kyrakoulias (38) und seine zwei Kinder. Kyrakoulias hatte einen Besuch des Rathauses fest eingeplant – und freute sich nun, im prächtigen Turmelsaal dem Hausherrn die Hand schütteln zu dürfen.
Die Tradition des Neujahrsempfangs, an dem zunächst nur Diplomaten und ausgewählte Standespersonen teilnehmen durften, reicht zurück bis ins 18. Jahrhundert. Seit 1926 werden auch die Bürger der Stadt sowie Gäste aus dem In- und Ausland ins Rathaus eingeladen.