Hamburg. Entlang der Wandsbeker Chaussee soll sich die Lebensqualität der Anwohner verbessern. Stadtentwicklerin baut Netzwerk auf.

Am Wandsbeker Markt haben die ansässigen Geschäftsleute schon vor Jahren in einen Business-Improvement-District investiert, damit das in die Jahre gekommene Straßenbild in neuem Glanz erscheint. Etwas weiter stadteinwärts, in Eilbek, sieht es dagegen deutlich unfreundlicher aus. Entlang der Wandsbeker Chaussee reihen sich Shisha-Bars, Wettbüros und Spielhallen aneinander. Es ist kaum Leben auf dem Bürgersteig, und die viel befahrene sechsspurige Schneise trennt Eilbek in zwei Teile. Entlang der Bundesstraße erstreckt sich auf fast zwei Kilometern der Geschäftsbereich „Einkaufsmeile Eilbek“, der sich in den letzten 20 Jahren stark gewandelt hat. Die Eilbeker nehmen die Wandsbeker Chaussee heute kaum mehr als Einkaufsmeile wahr. Zuletzt war die Gegend Schauplatz von Schießereien und Razzien im Milieu.

Rückbau soll die unfallträchtige Enge auflösen

Jetzt gibt es einen neuen Vorstoß der rot-grünen Bezirksfraktion zur Verengung und zum Rückbau der Wandsbeker Chaussee. Anlass sind die regelmäßigen Meldungen der polizeilichen „Kontrollgruppe Autoposer“ über illegale Autorennen auf der Wandsbeker Verkehrsschlagader. Sie bezeichnet die Straße als „wiederkehrenden Antreff- und Anhalteort auffälliger Fahrerinnen und Fahrer“. In ihrer Beschlussvorlage regt die Koalition außer verstärkten Polizeikontrollen die „Prüfung baulicher Maßnahmen“ an. Ein Rückbau der Straße könnte die unfallträchtige Enge beseitigen, die Fahrradfahrern und Fußgängern auf den schmalen Wegen am Rande der Fahrbahnen derzeit das Vorankommen erschwert. Außerdem würde damit der Verkehr verlangsamt und die Lebensqualität der Anwohner wachsen.

Wer mit den Menschen vor Ort spricht, hört viele Klagen über den Zustand des Quartiers. „Hier ist es trist, und es gibt keinen Zusammenhalt ­– jeder macht, was er will“, sagt Manu Pinto, der seit 33 Jahren in dem Stadtteil lebt. Der Inhaber eines kleinen portugiesischen Cafés regt sich darüber auf, dass jeder eine Konzession bekomme, egal, was für ein Geschäft er eröffnen will. Dadurch verschlechtere sich die Situation zunehmend. „Eilbek ist von der Politik vergessen worden“, sagt Pinto. Früher sei die Wandsbeker Chaussee eine schöne Einkaufsmeile gewesen. Die Zeit sei vorbei, und daran werde sich wohl auch nichts mehr ändern.

Nicht ganz so pessimistisch sieht das Uwe Becker. Der Logistikkaufmann setzt sich seit mehr als 40 Jahren über die Stiftung Eilbeker Gemeindehaus für den Stadtteil ein und hat die Hoffnung auf eine Besserung der Situation noch nicht aufgegeben. „Das Glas ist noch halb voll – auch wenn es viele Probleme gibt“, sagt Becker. Eine Schwierigkeit sei, dass viele Immobilien, und damit auch die Ladenflächen, Erbengemeinschaften gehörten, die nicht vor Ort wohnten und sich nicht für den Stadtteil interessierten. Das begünstige den Wildwuchs an Spielhallen und Shisha-Bars. Deren Betreiber hätten leichtes Spiel, da für die Eigentümer nur zähle, dass es keinen Leerstand gebe. „Über diese Etablissements höre ich viele Beschwerden aus der Nachbarschaft“, sagt Becker. Sie zögen ein bestimmtes Klientel an, das Ärger bringe.

Es ziehen mehr Familien nach Eilbek

Becker weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, die Eilbeker Geschäftstreibenden zu motivieren, gemeinsam den Stadtteil aufzuwerten. Er war im Vorstand einer bereits 2003 gegründeten Interessengemeinschaft mit dem erklärten Ziel, den Standort attraktiver zu machen. Sieben Jahre später musste Becker den Verein auflösen, da Unterstützung vonseiten der Einzelhändler fehlte. „Wenn der Impuls jetzt von den Eigentümern ausgeht und sie Einfluss auf die Gewerbetreibenden nehmen, kann noch was passieren“, sagt Becker. Es sei aber wichtig, dass jemand den Prozess antreibt. Er wolle aber nicht mehr.

Das übernimmt jetzt Mone Böcker. Das Bezirksamt Wandsbek hat die Stadtentwicklerin damit beauftragt, ein Netzwerk zur Aufwertung des mittleren Teils der Wandsbeker Chaussee aufzubauen. Böcker hat bereits 2016 im Auftrag des Bezirksamtes ein Einzelhandelsgutachten und Handlungsempfehlungen erstellt. Das Ergebnis: Es gibt durchaus Chancen, das Gewerbe zu beleben. Die Bevölkerung wächst, es ziehen mehr Familien nach Eilbek. Der Stadtteil liegt zentral und ist hervorragend an den öffentlichen Nahverkehr angebunden. „Es ist klar, dass eine Einkaufsmeile auf zwei Kilometern so wie früher nicht mehr funktioniert“, sagt die 51-Jährige.

Das Einkaufsverhalten der Menschen habe sich geändert. Deshalb konzentriert sie sich nun auf das Zentrum Eilbeks. Die Wandsbeker Chaussee vom Bürgerpark bis zum Jacobipark. Dort möchte Böcker in einem ersten Schritt die Eigentümer vernetzen.

Kleine Gewerbeflächen bieten Chancen für Existenzgründer

Leerstand soll vermieden werden, aber nicht um jeden Preis. Gemeinsam mit den Eigentümern will Böcker eine Strategie entwickeln, die den Standort wieder nach vorne bringt. Dabei habe sie schon erste Erfolge erzielt. „Wir konnten die Eigentümer von rund einem Viertel der Erdgeschossflächen zu Gesprächen bewegen“, sagt sie. Diese hätten Bereitschaft signalisiert, die Aufenthaltsqualität im Quartier verbessern zu wollen. Ein wichtiges Ziel sei dabei die Aufwertung des Einzelhandels, mit Blick auf Nahversorger. Davon gebe es in Eilbek trotz Bedarfs durch eine wachsende Bevölkerung nicht mehr viele.

Ein Grund dafür sei, dass sich Supermärkte als Magnetbetriebe für weiteres Gewerbe hier nicht ansiedeln, da großflächige Ladenflächen fehlten. Die kleinen Gewerbeflächen böten aber auch Chancen für Existenzgründer sowie spezialisierte Fachhändler und Dienstleister. „Eilbek entwickelt sich zu einem gefragten, schönen und spannenden Quartier“, sagt Böcker. Jetzt müsse aber noch darauf geachtet werden, die Wandsbeker Chaussee bei dieser Entwicklung mitzunehmen.