Hamburg. Mogelpackung: Hunderttausende Laubsäcke werden jedes Jahr weggeworfen. Was da passiert, ist nicht umweltfreundlich.

Supermärkte werben damit, dass die Hamburger bei ihnen jetzt weniger für ihr Geld bekommen – und meinen damit weniger Plastik. Plastiktüten verschwinden, Plastikverpackungen werden hinterfragt, Mehrweg- ersetzen immer öfter Einwegbecher. Hamburg, so scheint es, nimmt den Kampf gegen den Plastikmüll endlich ernst. Zumindest so lange, wie es nicht um die Entsorgung von Laub im Herbst und Winter geht.

Die Säcke werden verbrannt

Vielleicht liegt es daran, dass die Bürger der Stadt glauben, dass die Säcke, in denen sie in diesen Tagen und Wochen ihr Laub sammeln, selbst kompostierbar sind. Vielleicht liegt es auch daran, dass sich so richtig weder in den Behörden noch bei den einschlägigen Umweltschutzverbänden jemand mit dem Thema beschäftigt. Fakt ist auf jeden Fall: Pro Jahr werden in Hamburg rund 450.000 Laubsäcke von der Stadtreinigung abgeholt. Um dann aufgeschnitten, ausgeleert und zum großen Teil weggeschmissen zu werden. Folglich erzeugt das Sammeln von biologischem Abfall jede Menge Plastikmüll, der in der Regel nicht wiederverwertet werden kann, sondern verbrannt werden muss.

Papiertüten keine Alternative

„Die Säcke müssen robust sein, weil das Laub stark reingepresst wird. Die müssen einfach viel aushalten können und sollen nach Möglichkeit nicht reißen“, sagt Andree Möller von der Stadtreinigung. Zudem müssten sie durchsichtig sein, damit klar zu sehen sei, dass keine sogenannten Fremdstoffe, also Restmüll, in den Sammelbehältern lande. Aus diesen beiden Gründen seien Tüten aus Papier keine Alterna­tive zum Plastik. „Und vermeintlich kompostierbare Säcke sind sehr umstritten.“ Deshalb, so Möller, habe man wenigstens Säcke gewählt, die aus altem Plastik hergestellt seien. Nach der Nutzung seien die meisten allerdings so stark verschmutzt, dass man sie nicht recyceln könne. Sie müssen in einer Müllverwertungsanlage „thermisch verwertet“ werden. Soll heißen: Sie werden verbrannt.

Sind Plastiksäcke für Laub also alternativlos? „Wir haben uns mit dem Thema bisher nicht wirklich beschäftigt“, sagt Paul Schmid, Sprecher des BUND. Auch der Nabu will sich nicht weiter äußern. Bleibt Greenpeace: „Es muss doch ein geeignetes Material geben, dass kompostierbar ist“, sagt Manfred Santen. „Außerdem kann ich nicht verstehen, dass die Säcke nicht wenigstens gereinigt und wiederverwertet werden.“

Plastiksäcke sind vor allem preisgünstig

Wolfgang Streit, Professor an der Universität Hamburg im Bereich Mikrobiologie und Biotechnologie, glaubt, dass der Gebrauch der Plastiksäcke vor allem etwas mit dem Preis zu tun hat. „Ein Sack aus abbaubarem Material, der sich möglichst schnell zersetzt und dann noch reißfest ist, wird deutlich teurer sein als die Säcke, die derzeit benutzt werden.“ Die Stadtreinigung habe einfach die pragmatischste Lösung gewählt, so Streit weiter. Dennoch plädiert er auch dafür, andere Materialien gründlich zu prüfen.

Der Plastikmüll, der durch das Sammeln von Laub entsteht, lässt sich nämlich relativ einfach vermeiden. Zum Beispiel durch das Anlegen eines gemeinschaftlich genutzten Komposthaufens, wie es ihn etwa in einer großen Wohnsiedlung in Alsterdorf gibt. Oder durch den Einsatz von wiederverwendbaren Säcken, mit denen man das Laub zu den Recyclinghöfen transportieren kann. Verrückt, aber wahr: Selbst die Anschaffung einer kleinen Biotonne kann deutlich günstiger sein als ein Laubsack. Während die Tonne mit 80 Litern monatlich 1,61 Euro kostet und dafür alle 14 Tage geleert wird, kostet in Geschäften wie Budnikowski oder auf den Recyclinghöfen ein einmal zu nutzender Laubsack mit 100 Litern fassungsvermögen ein Euro pro Stück.

"Kleine Häuflein für die Igel"

Auch die Stadtreinigung weist übrigens deutlich darauf hin, dass der Laubsack nicht die ökologischste Variante der Laubsammlung ist. „An erster Stelle empfehlen wir den Gartenbesitzern, das Laub liegen zu lassen und vielleicht kleine Häuflein für die Igel zu machen“, so Möller. An zweiter Stelle stehe das Kompostieren im Garten. Gefolgt von der Entsorgung in der Biotonne und der Abfuhr zu einem der zwölf Recyclinghöfe der Stadt. Erst wenn all diese Möglichkeiten nicht praktikabel seien, empfehle man den Laubsack. „Am schlimmsten von allem ist allerdings die Entsorgung von Laub in der Restmülltonne“, sagt Möller. „Dann ist der wertvolle Bio-Müll nämlich endgültig verloren.“