Tornesch . Besuch bei der GAB in Tornesch. Fehlbefüllungen bei den Biotonnen verringern sich dank Anti-Plastik-Kampagne #wirfuerbio.
Susanne Flor steht in der Empfangshalle für Biomüll und zeigt verärgert auf eine der Plastiktüten zwischen den Garten- und Küchenabfällen. „Plastiktüten kommen nicht in die Biotonne – auch keine kompostierbaren“, sagt sie. Denn: Auch die vermeintlich abbaubaren Transportbehälter dürfen laut EU-Norm einen Anteil an Erdöl enthalten, der in der Kompostieranlage nicht vollständig biologisch abgebaut wird. Und das führt bei ihrem Arbeitgeber zu Problemen.
Flor ist gelernte Erzieherin und Ingenieurin für Umwelttechnik. Wenn Sie nicht gerade in den Schulen oder Kitas unterwegs ist, dann führt sie Schulklassen und andere Gruppen durch die Anlagen der Gesellschaft für Abfallwirtschaft und Abfallbehandlung (GAB) in Tornesch-Ahrenlohe und klärt auf, was in welche Tonne gehört. Ein Thema, bei dem nicht nur Schüler noch viel zu lernen haben.
Falsch befüllte Biotonnen bleiben einfach stehen
Flor: „Wir haben durchgehend Probleme mit Fehlbefüllungen bei der Biotonne und dem gelben Sack.“ Die GAB hat deshalb im April dieses Jahres eine Kampagne gestartet, die Verunreinigungen im Bioabfall minimieren und die Qualität der daraus gewonnenen Komposterde verbessern soll (wir berichteten). An der Aktion beteiligen sich mittlerweile 30 Abfallunternehmen aus ganz Deutschland – und es werden mehr. Unter dem Motto „#wirfuerbio“ fordern sie die Bürger auf, kein Plastik in den Bioabfall zu werfen. Seit Anfang September lässt die GAB außerdem offensichtlich fehlbefüllte Tonnen einfach stehen.
Jetzt gibt es die ersten Ergebnisse. „Es konnten bereits erste Erfolge erzielt werden – das angelieferte Biogut ist weniger verunreinigt“, sagt GAB-Geschäftsführer Jens Ohde. Der Kompost wird am Ende des Produktionsprozesses getestet, darf nicht mehr als 0,1 Prozent Kunststoff in der Trockensubstanz enthalten. Sind die Grenzwerte überschritten, darf er nicht ausgebracht werden. Denn die im Kompost enthaltenen Mikroplastiken landen auf unseren Beeten und Äckern, werden ins Grundwasser gespült, gelangen ins Meer und damit unweigerlich in unsere Nahrungskette. Deshalb ist es so wichtig, dass die Verbraucher ihre Abfälle korrekt entsorgen.
Kleiderkiste
„Leider gibt es immer noch Bürger, die sich nicht für die richtige Mülltrennung interessieren“, sagt Flor. Viele glauben, dass sowieso alles in der Verbrennung landet und eine Trennung deshalb keinen Sinn macht. Oder, dass auch der normale Abfall getrennt wird – was nicht der Fall ist. „Restmüll wird überhaupt nicht sortiert, sondern komplett verbrannt“, sagt Flor. Das richtige Sortieren der Verpackungsabfälle ist deshalb der Schlüssel zur Gewinnung wertvoller Rohmaterialien und damit zum Schutz natürlicher Ressourcen.
Laut dem Marktführer der dualen Sammel- und Verwertungssysteme, dem Grünen Punkt, spart Kunststoffrecycling und -verwertung über den Gelben Sack im Vergleich zur Verbrennung rund 1,26 Tonnen Kohlenstoffdioxid je Tonne Kunststoff. Zudem wird das Material in einem geschlossenen Kreislauf gehalten. Kunststoffgranulat aus gebrauchten Verpackungen kann beispielsweise zu Autoarmaturen, Abflussrohren oder sogar Kleidung weiterverarbeitet werden. Die steigenden Rohölpreise machen das Recycling dabei immer interessanter. Damit dieses Potenzial bestmöglich genutzt werden kann, gilt es bei der Müllsortierung wenige, einfache Regeln zu beachten.
In Tornesch wird aus Müll Energie erzeugt
„Es werden lediglich Verkaufsverpackungen aus Kunststoff, Metall und Verbundstoffen verwertet“, sagt Flor. Also: die Verpackung der Zahnbürste darf in den gelben Sack – vorausgesetzt sie ist aus Kunststoff – das Produkt selbst aber nicht – auch wenn es aus Plastik besteht. Die Verpackungen sollten restentleert, aber nicht gespült werden. Nicht in den gelben Sack gehören beispielsweise Kunststoffnetze, Klarsichtfolien oder Batterien. Ja, auch die werden von einigen Menschen leider fälschlicherweise im gelben Sack oder Restmüll entsorgt. Batterien sollten stattdessen bei Sammelstellen abgegeben werden. „Das macht aber nicht mal die Hälfte der Verbraucher“, sagt Flor.
Eine gute Nachricht gibt es aber: Nirgendwo in Europa wird so viel Müll wiederverwertet wie in Deutschland: Im Durchschnitt führt jeder Deutsche jährlich rund 415 Kilogramm Wertstoffe dem Recycling zu. Dies zeigt eine Auswertung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO und des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI). Damit nimmt Deutschland in Europa den ersten Platz ein, gefolgt von der Schweiz, Dänemark und Österreich. In Sachen Müllvermeidung haben uns aber andere europäische Länder noch einiges voraus. Der Auswertung von BDO und HWWI zufolge produzieren die Deutschen pro Kopf jedes Jahr rund 213 Kilogramm Restmüll.
Aus dem lässt sich aber immerhin noch Energie erzeugen. Dazu wird im Tornescher Müllheizkraftwerk Restabfall bei bis zu 1000 Grad Celsius verbrannt und Energie durch Kraft-Wärme-Kopplung in Strom und Wärme umgewandelt. Mit dieser Energie speist die GAB unter anderem das Fernwärmenetz der gesamten Stadt Pinneberg und versorgt die Heizsysteme von Tausenden von Wohnungen vor Ort mit heißem Wasser. Selbst die in der Verbrennung anfallenden Rückstände sind meist noch für etwas gut: So wird beispielsweise die Schlacke aufbereitet und kommt als Zwischenschicht im Straßenbau zum Einsatz.