Hamburg. Airbus verpasst dem ersten Riesenflieger für All Nippon Airways auf Finkenwerder eine besondere Lackierung. Was dahintersteckt.

Meeresschildkröten wirken auf festem Boden eher behäbig, in ihrem eigentlichen Element aber bewegen sie sich durchaus elegant. Entsprechendes lässt sich – hier bezogen auf den Luftraum – über den Airbus A380 sagen. Schwergewichte mit rundlichen Formen sind sie beide.

Für den japanischen Kunden All Nippon Airways (Ana) haben knapp 120 Beschäftigte in der Hamburger A380-Lackierhalle einen der Mega-Jets mit 3300 Litern Farbe in eine gigantische Schildkröte verwandelt. Der hellblaue Rückenpanzer erstreckt sich bei dieser Lackierung über die Hälfte des 73 Meter langen Rumpfs, hinter den Cockpitfenstern sind freundlich blickende Augen aufgemalt.

Drei Wochen in der Lackierhalle

Je nach Aufwand verbringt ein A380 zwischen 13 und 21 Tage in der Lackierhalle. Der Ana-Flieger hat diese Spanne voll ausgeschöpft. „Vom Muster her war das eindeutig die komplexeste Arbeit, die wir bisher ausgeführt haben“, sagt Airbus-Manager Ralph Maurer. Er leitet nicht nur die 120 Beschäftigten in der A380-Halle, sondern auch ihre 200 Kollegen, die den Kurz- und Mittelstreckenjets der A320-Familie in Hamburg ihr Farbkleid verleihen.

Am Donnerstag hat der Schildkröten-A380 den so genannten Paintshop auf Finkenwerder verlassen. „Das ist eines der Highlights im Lackiererleben“, sagt Maurer über die vergangenen drei Wochen. „Eigentlich brauche ich jetzt kein Weihnachtsgeschenk mehr.“ Um das Schildkrötenmuster aufbringen zu können, haben seine Mitarbeiter 930 Schablonen verwendet. „Üblicherweise werden nur bis zu 150 solcher Folien aufgeklebt“, so Maurer.

Grüne Meeresschildkröte gilt als Glückssymbol

Japans größte Fluggesellschaft hat das ungewöhnliche Design aus mehr als 2000 Vorschlägen, die im Rahmen eines öffentlichen Ideenwettbewerbs eingingen, ausgewählt. Ana will den A380 auf der Route nach Hawaii einsetzen – 1,5 Millionen Japaner reisen pro Jahr dorthin – und die Grüne Meeresschildkröte gilt auf der Inselgruppe als Symbol für Glück und Wohlstand. Allerdings sind die bis zu 185 Kilogramm schweren Tiere, die in der Sprache der hawaiianischen Ureinwohner „Honu“ genannt werden, vom Aussterben bedroht. Daher will die Airline künftig Initiativen zum Schutz der Art unterstützen.

Zwar haben die Hamburger Lackierer für den „Flying Honu“-Jet immerhin 16 verschiedene Blautöne genutzt. „Der ursprüngliche Entwurf sah aber sogar noch Farbverläufe innerhalb der einzelnen Schildplatten vor“, sagt Maurer. Weil das mit einer „enorm langen Durchlaufzeit“ in der Lackierhalle verbunden gewesen wäre, habe der Kunde in Absprache mit den Airbus-Experten schließlich darauf verzichtet. Auch die Position einzelner Linien im Bereich der Türen sei gegenüber den Ana-Designvorstellungen leicht verändert worden: „In einem eventuellen Notfall müssen die Retter gut erkennen können, wo die Türen sind.“

Lackschichten sind kaum dicker als ein Haar

Nur ungefähr zehn Prozent der Zeit, die ein Flugzeug im Paintshop verbringt, entfallen auf den eigentlichen Lackiervorgang. Einen Großteil der Durchlaufzeit machen vorbereitende Tätigkeiten wie das Aufrauhen und Reinigen der Oberflächen sowie das Abkleben nicht zu lackierender Partien wie etwa der 220 Fenster aus. Hinzu kommen die Trockenzeiten.

Selbst bei einem A380 mit einer Rumpfoberfläche von 1500 Quadratmetern dauert es lediglich knapp eine Stunde, bis ein Team von 24 Personen in Schutzkleidung eine Farbschicht aufgesprüht hat. „In der Regel werden acht bis zehn Schichten aufgebracht, davon zwei Lagen Klarlack“, sagt Maurer. Alle zusammen sind nicht dicker als ein Menschenhaar.

Preis für Sonderlackierung ist Verhandlungssache

Nach Angaben von Airbus gibt es bei der Lackierung vier Komplexitätsstufen, nur die erste kostet keinen Aufpreis. Wie viel mehr Ana für ihren Schildkröten-Flieger der Stufe vier tatsächlich zahlen muss, bleibt offen – das sei Verhandlungssache, heißt es. Ohnehin werden noch Monate vergehen, bis die letzte Rate des Kaufpreises fließt, denn die Kabinenausstattung ist noch gar nicht eingebaut.

Außer diesem ersten A380 wird Ana noch zwei weitere erhalten. Es sind bisher die einzigen dieser doppelstöckigen Jets, die an einen japanischen Kunden gehen. Zwar hatte der Billigflieger Skymark aus Tokio im Jahr 2011 sechs A380-Maschinen bestellt, musste den Auftrag dann aber wegen finanzieller Probleme stornieren. Ana war später an der Rettung von Skymark beteiligt.

Mitarbeiter sollen Anerkennung erhalten

Auch die beiden verbleibenden Großjets für Ana werden das Schildkrötenmuster tragen, allerdings nicht in Blau, sondern in Türkis- beziehungsweise Orangetönen. „Für diese Flugzeuge werden wir wahrscheinlich zwei Tage weniger Lackierzeit benötigen als für das erste, wir sind dann ja mit dem Schema schon vertraut“, sagt Maurer.

Zunächst einmal aber soll gefeiert werden. Jeder der beteiligten Mitarbeiter – und das seien wegen des Schichtsystems mit 24-Stunden-Betrieb praktisch alle der 120 Beschäftigten der A380-Lackierhalle – werde eine Anerkennung erhalten. Eine erste kleine Veranstaltung habe es schon gegeben, so Maurer. Passend zum Heimatland des Kunden wurde Sushi serviert.

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