Hamburg . Wie viele Wölfe leben im Hamburger Umland? Was ist zu tun bei einer Begegnung? Acht Fragen und Antworten.
Erstmals seit der Rückkehr der Wölfe nach Deutschland hat möglicherweise ein Wolf einen Menschen attackiert. Der Vorfall, bei dem ein 55-Jähriger bei der Pflege einer Grünanlage am Friedhof am Dienstag anscheinend von einem Wolf gebissen wurde, ereignete sich im niedersächsischen Steinfeld, 35 Kilometer von Bremen entfernt. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema Wölfe in Norddeutschland.
Wie glaubwürdig ist die Aussage des verletzten Gärtners aus Niedersachsen?
Der Bürgermeister der Samtgemeinde Tarmstedt, Frank Holle (CDU), sagte: „Wir gehen davon aus, dass es ein Wolf war. Die Indizien sprechen dafür, zumal drei andere Wölfe gesehen wurden. Dass Hunde sich im Rudel zusammenrotten, ist relativ unwahrscheinlich.“
Nach Angaben der Sprecherin des niedersächsischen Wolfsbüros, Bettina Dörr, werden jetzt DNA-Proben an einem Hammer untersucht. Damit hatte der Mann den Wolf abgewehrt. Die Analyse des DNA-Materials im Senckenberg-Institut Gelnhause werde einige Tage in Anspruch nehmen.
Wie viele Wölfe leben im Hamburger Umland?
„Wölfe ziehen von Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen auch in Richtung Norden und Nordwesten“, sagte der Geschäftsführer der Deutschen Wildtierstiftung, Hilmar Freiherr von Münchhausen, dem Abendblatt. „Zurzeit sind Sichtungen im engeren Umfeld von Hamburg noch die Ausnahme.“ In Niedersachsen leben nach Angaben des Umweltministeriums aktuell 20 Wolfsrudel mit insgesamt 170 bis 180 Tieren.
Seit dem ersten Wiederauftreten des Wolfs im Jahr 2007 gab es in Schleswig-Holstein bis heute 136 eindeutige Wolfsnachweise. Dabei töteten die Tiere unter anderem Schafe, Rinder und Rehe. Seit dem 9. November leben offenbar im Kreis Segeberg ein Wolf und ein bis zwei Wölfe seit dem 11. November in den Kreisen Steinburg und Pinneberg. Erst jetzt sind zwei Schafe hinter einem Wolfsschutzzaun in der Gemeinde Westerhorn im Kreis Pinneberg gerissen worden. Wahrscheinlich war es ein Wolf.
Wie weit sind Wölfe von der Hamburger City entfernt?
Nicht mehr so weit. Zwar werden sie wohl niemals in der Innenstadt auftauchen. Aber auf der Eisfläche des am Anfang dese Jahres zugefrorenen Lütjensees (Kreis Stormarn) wurde nach Angaben des Kieler Umweltministeriums zweifelsfrei ein Wolf gesichtet. Wie es in der Hamburger Umweltbehörde heißt, gab es in der Hansestadt bislang einen sicheren Foto-Nachweis eines durchziehenden Wolfes in Bergedorf. An der Landesgrenze zu Schnelsen soll ein Jungwolf im Frühjahr ein Lamm gerissen haben.
Wie wahrscheinlich ist es, dass weitere Tiere nach Hamburg kommen?
In Hamburg ist ein Wolfsmanagement in der Umweltbehörde angesiedelt. Es arbeitet mit der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf zusammen. Es könne immer wieder dazu kommen, dass Wölfe durch Hamburg wandern, sagt Nina Klar von der Umweltbehörde. Gerade die geschlechtsreifen Jungtiere verließen das elterliche Territorium auf der Suche nach einem eigenen Revier. Dabei würden sie auch weite Strecken zurücklegen.
Was soll ein Mensch tun, wenn plötzlich vor ihm ein Wolf auftaucht?
Der Geschäftsführer der Deutschen Wildtierstiftung, Hilmar Freiherr von Münchhausen, sagt: „Grundsätzlich sind Wölfe scheu und meiden den Menschen. Bei Sichtungen von Wölfen sollten Menschen nicht versuchen, in Panik weg zu laufen. Im Zweifel ist der Wolf immer schneller.“ Man solle sich langsam zurückziehen und den Wolf dabei im Auge behalten. „Wenn die Tiere nah sind, stehen bleiben, sich ‘groß machen’ und laut sprechen.“ Wolfssichtungen immer gleich der Polizei oder dem Forstamt melden.
An wen können sich Hamburger noch wenden?
Die Behörde für Umwelt und Energie verweist bei Beratungsbedarf, Begegnungen mit dem Wolf oder Schadensfällen auf folgende Notfallnummer hin, die für Hamburg und Schleswig-Holstein gilt: 0174 633 0335.
Wie viele Nutztiere wurden bereits durch Wölfe getötet?
Seit 2015 sind es in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen mehr als 1300 Nutztiere. Für Präventionsmaßnahmen und Ausgleichszahlungen gaben die Länder seitdem zusammen 1,7 Millionen Euro aus. Die Bauern fordern derweil eine „Wolfsobergrenze“. Zäune gelten als bislang bester Herdenschutz.
Gibt es für Hamburger Nutztierhalter eine Entschädigung?
Sollte es trotz angemessenen Schutzes zu Rissen von Nutztieren kommen, prüft die Hansestadt auf Antrag eine Entschädigung. Es müsse nachgewiesen werden, dass der Riss durch einen Wolf erfolgt sei.