Hamburg. Die frühe Karriere des Panikrockers wird fürs Kino verfilmt – mit viel Musik. Besuch am Set von “Lindenberg! Mach dein Ding“.

Der Stadtteil Poppenbüttel wird gerade für ein paar Tage zu Libyen, auch wenn die Außentemperaturen nicht gerade nordafrikanisch anmuten. Das altehrwürdige Hotel Randel, in dem schon Generationen von Hamburgern getanzt haben, wurde zu einem Club einer US-amerikanischen Militärbasis umgestaltet. Dreharbeiten sind der Grund für die Veränderungen. In Hamburg entstehen gerade Szenen für den Kinofilm „Lindenberg! Mach dein Ding!“

Der Raum vor der kleinen Bühne ist stark verräuchert. Auf den Tischen stehen leere Cola- und Bierflaschen sowie volle Aschenbecher herum. Auf der Bühne sieht man ein Sonor-Schlagzeug, daneben ein Altsaxofon und ein Klavier, dahinter seltsam geformte Stehlampen. „Für unsere Ausstattung ist das eine Riesenaufgabe, aber natürlich auch ein Fest“, sagt Produzent Johannes Pollmann. Auf einem der Barhocker sitzt Jan Bülow. Der Lindenberg-Darsteller trommelt in einer Drehpause gelangweilt mit Schlagzeugstöcken auf seinen Oberschenkeln herum.

Lindenbergs entscheidender Auftritt

Der Film beginnt in den 50er-Jahren in Gronau und schlägt einen Bogen bis zum November 1973 bei einem entscheidenden Auftritt Lindenbergs in der Musikhalle in Hamburg. Das Konzert war das erste größere seines Panikorchesters.

Gedreht wird bei Randel gerade eine Szene aus dem Jahr 1961, als Lindenberg 17 Jahre alt ist. Seine Kellnerlehre in Düsseldorf hat er abgebrochen und ist über Marseille bis in die Nähe von Tripolis gereist. Dort trommelt er in einer Band für die GIs, macht aber auch schon mal ein bisschen sein Ding. Er lässt das Schlagzeug im wahrsten Sinne des Wortes hinter sich und versucht sich als Sänger von Chet Bakers Ballade „My Funny Valentine“.

Der Film ist sowohl eine Künstlerbiografie als auch eine Reise durch die Kulturgeschichte der alten Bundesrepublik. Pollmanns Kollege Michael Lehmann, Produktionschef von Studio Hamburg, der den Film sieben Jahre lang vorbereitet hat, erfüllt sich damit auch einen ganz persönlichen Traum. „Lindenberg ist Deutschlands bekanntester gesamtdeutscher Rockstar, ein Idol in Ost und West.“ Es wird ein Film mit vielen Stationen, in denen Hamburg und ganz besonders der Kiez eine wichtige Rolle spielen werden. „In den 70er-Jahren kommt die Handlung raus aus den engen 60ern, geht hinein in das pralle Leben und das alles auf der Reeperbahn. Da ging viel, und die Musik wurde noch mit der Hand gemacht.“

Der Ruf der Musik

Das Lindenberg-Filmteam (v.l.): Jan Bülow, Regisseurin Hermine Huntgeburth, Maria Köpf (GF Filmförderung Hamburg) und Produzent Michael Lehmann
Das Lindenberg-Filmteam (v.l.): Jan Bülow, Regisseurin Hermine Huntgeburth, Maria Köpf (GF Filmförderung Hamburg) und Produzent Michael Lehmann © HA | Marcelo Hernandez

Wird es unbekannte Seiten an Lindenberg zu entdecken geben? „Vielen wird die Sehnsucht des jungen Udo nicht bekannt sein, der in seiner Kneipe einen Schiffssteward trifft, der ihn dazu überredet, eine Kellnerlehre zu machen.“ Mit 16 Jahren begann er diese Ausbildung in einem Düsseldorfer Fünfsternehotel. Aber der Ruf der Musik war stärker. Lindenberg wurde Schlagzeuger, spielte bei Klaus Doldinger, hatte eigene Bands. In einer Band scheiterte er, weil die sich wieder mit ihrem alten Schlagzeuger versöhnte, mit dem sie sich vorher zerstritten hatte. Auch die erste Platte ist kein Erfolg.

Werden dunklere Phasen in Lindenbergs Karriere im Film viel Raum einnehmen? „Wenn wir uns das Leben von Johnny Cash, Ray Charles oder Freddie Mercury ansehen, weiß man: Zur Genialität eines Künstlers gehört auch das Ausloten von Grenzen. Wenn man nicht ganz oben anklopft, versinkt man in der Mittelmäßigkeit. Dabei spielt man schon mal mit dem Feuer.“

Großer Musikfilm

Es werde auch ein großer Musikfilm werden, sagt Lehmann. Fans können sich auf Titel freuen wie „Andrea Doria“, „Cello“, „Mädchen aus Ost-Berlin“, „Daumen im Wind“ und „Hoch im Norden“. „Wir erzählen nicht nur Udos Songs, sondern auch Jazz, Tango, Soul und Rock ’n’ Roll.“ Steuert der Musiker auch selbst etwas Neues zum Film bei? Lehmann setzt ein spitzbübisches Lachen auf und sagt: „Das bleibt ein kleines Geheimnis.“ Das klingt wie: Ja.

Regie führt Hermine Huntgeburth. Die Hamburgerin, die mit „Die weiße Massai“ und „Tom Sawyer“ Erfolge feiern konnte, sagt über ihren Protagonisten: „Er ist eine schillernde Persönlichkeit. Wir haben viel recherchiert. Wir wollen ihm gerecht werden, indem wir ihn energetisch, kraft- und fantasievoll darstellen.“

In weiteren Rollen spielen Detlev Buck, Max von der Groeben, Charly Hübner, Julia Jentsch, Martin Brambach, Ruby O. Fee, Ella Rumpf, Jeanette Hain, Christoph Letkowski und Saskia Rosendahl. Gedreht wurde und wird bis Januar auch in Nordrhein-Westfalen, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Marokko. Der Film soll voraussichtlich 2020 in die Kinos kommen.