Harvestehude. Der Segensroboter „BlessU-2“ macht in der Hauptkirche St. Nikolai am Klosterstern Station. Doch wie finden das Pastoren?

Ach, wie schön sind diese Augen – so wach und aufmerksam. Und dazu die dunklen Augenbrauen, die dem Gesicht so viel Lebendigkeit verleihen mit dem roten Mund. Arme, Hände und Stimme haben etwas Roboterhaftes. Als leide die 110 Kilogramm schwere Gestalt, die da gerade im Foyer der Hauptkirche St. Nikolai am Klosterstern thront, an Gicht und Rheuma, gehen die Bewegungen der beiden Arme langsam nach oben. Schließlich öffnen sich die Handteller. Sie beginnen plötzlich zu leuchten, bis es aus der mannshohen Gestalt tönt: „Gott segne und behüte dich.“ Am Ende fragt die Stimme monoton: „Möchten Sie den Segen ausdrucken?“ Ja!

Gut 20 Schüler der vierten Klasse der Grundschule St. Nikolai waren am Freitag die ersten Hamburger, die dem wohl weltweit einzigen christlichen Segensroboter Auge in Auge gegenüber- traten – eine Lehrstunde in Religionspädagogik und Digitalisierung. Der sogenannte „Segensroboter“ ist eine Erfindung des hessischen Pastors Fabian Vogt und seines damals 13-jährigen Sohnes sowie des Medienkünstlers Alexander Wiedekind-Klein.

Roboter soll zum Nachdenken anregen

Zum Reformationsjubiläum im vergangenen Jahr lenkte die Maschine mit dem Namen „BlessU-2“ bei der Ausstellung in der Lutherstadt Wittenberg sogar die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf sich. Eine britische Boulevardzeitung publizierte die Sensationsmeldung, dass die deutschen Protestanten 500 Jahre nach Luther die Pastoren durch Roboter ersetzen würden. Bis zu diesem Sonntag steht die mobile Segensmaschine in der Hauptkirche St. Nikolai – nicht, um alle Pastoren zu ersetzen, sondern um zum Nachdenken anzuregen. Die Grundschüler lauschen gebannt den Worten der beiden Pastorinnen Maren Schack und Corinna Senf. Beide tragen einen schwarzen Talar und beginnen, mit den Mädchen und Jungen über das Thema Segen zu sprechen. Immerhin gibt die Maschine den Anlass dazu.

Die Schüler wünschen sich den Segen Gottes, wenn sie traurig sind und vor einer schwierigen Aufgabe stehen. Wichtig finden sie den Segen, also das gute Wort Gottes, auch dann, wenn Kinder eingeschult werden oder Paare heiraten. Bislang haben Menschen den Segen gespendet – besonders populär ist der des Papstes mit dem Segen „urbi & orbi“ (der Stadt und dem Erdkreis).

Die Maschine fragt: Welchen Segen brauchen Sie?

Jetzt macht der Roboter den Job. Der erste Schüler meldet sich und tritt vor das sprechende Angesicht der Maschine, die roten Lampen strahlen auf sein Gesicht. Klein ist er im Vergleich zum großen „BlessU-2“. Und der spricht: „Kann ich Sie segnen? Bitte wählen Sie eine Sprache.“ Auf dem Display hat der User die Möglichkeit, Deutsch, Englisch, Spanisch und weitere Sprachen auszuwählen. Schließlich ist der göttliche Segen universal.

Weiterhin fragt die Maschine, ob man von einer weiblichen oder männlichen Stimme gesegnet werden möchte, bis es zum eigentlichen Zuspruch kommt. „Welchen Segen brauchen Sie?“ Wer es traditionell mag, drückt auf ‘traditionell’ und erhält etwa den aaronitischen Segen, wie er stets am Ende des Gottesdienstes gesprochen wird. Freundlich verabschiedet sich „BlessU-2“, gern auch auf Spanisch: „Mucas gracias, adios!“

Schüler finden: Roboter kann Pastor nicht ersetzen

So begeistert wie die Kinder sind, am Ende fehlt ihnen dann doch ein Mensch. „Ein Pastor sollte wenigstens neben dem Roboter stehen“, sagt ein Mädchen. Für Pastorin Corinna Senf war die Lehrstunde in Sachen Segen und Digitalisierung eine „dichte Veranstaltung“. Interessant sei gewesen, dass die Schüler den Segensroboter stets in Verbindung mit der Kirche sehen. Dass der Roboter „BlessU-2“ niemals den segnenden Menschen und schon gar nicht den segnenden Gott ersetzen kann – darüber sind sich die Kirchenleute einig.

An diesem Sonntag kommt das Gerät erneut zum Einsatz: Beim Auftaktgottesdienst der Evangelischen Akademiewoche ab 10 Uhr in St. Nikolai. Propst Martin Vetter: „Eine Kirche, die mit Menschen spricht, muss im digitalen Raum präsent sein.“