Hamburg. Einrichtung des neuen IT-Amtes mit 120 Mitarbeitern verzögert sich. Dutzende Projekte verspätet. CDU-Kritik.

Alles sollte besser werden beim Thema Digitalisierung: Um die technische Modernisierung der Verwaltung zügig voranzubringen, gründete der Senat zum Jahresbeginn 2018 ein neues Amt IT und Digitalisierung (ITD). Darin sollen alle wesentlichen städtischen Aktivitäten der Stadt zu diesem Zukunftsthema gebündelt werden – sei es zum Thema Digitalisierung in Hafen, Logistik und Verkehr, bei der Software-Modernisierung in der Verwaltung oder bei den wachsenden Angeboten an die Bürger, Behördenangelegenheiten auch online zu erledigen (Projekt „Digital First“).

Dafür werden auch bisher in anderen Behörden angesiedelte IT-Abteilungen in das neue Amt ITD überführt. Außerdem sollen bis zu 50 neue Stellen ausgeschrieben werden. Geführt werden die demnächst bis zu 120 Mitarbeiter vom neuen „Chief Digital Officer“ (CDO), Christian Pfromm, der mit seinem Jahressalär von 290.000 Euro mehr verdient als der Bürgermeister. Angebunden ist das neue Amt in der Senatskanzlei, also direkt bei Bürgermeister Peter Tschentscher. Damit ist die Digitalisierung in Hamburg zumindest formal seit Jahresbeginn Chefsache.

Zusage wurde bereits gebrochen

Nun allerdings zeigt sich, dass das offenbar bisher noch nicht viel geholfen hat. Eigentlich sollte der „Organisationsentwicklungsprozess“ für das neue Amt ITD im Sommer 2018 abgeschlossen sein, sprich: Die Mitarbeiter sollten in den neuen Strukturen mit ganzer Kraft loslegen können. Diese Zusage aber wurde bereits gebrochen. Bis heute ist das neue Amt noch immer nicht abschließend organisiert. Das ergibt sich aus der Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Thomas Kreuzmann.

Aus der Antwort geht außerdem hervor, dass die aktuellen Mitarbeiter des Projekts „Digital First“, das Online-Behördengänge ermöglichen soll, derzeit vollkommen ausgelastet sind, sodass externe Berater hinzugezogen werden müssen. Auch liegt ein alle zwei Jahre zu erstellender Bericht über den Stand des IT-Wesens nicht vor, den es laut CDU bereits längst geben müsste.

35 Projekte, die noch nicht abgeschlossen sind

Zwei Großprojekte mit Volumina von mehr als 500.000 Euro sind laut Senatsangaben auch zwei Jahre nach der angestrebten Fertigstellung noch nicht beendet: Die Rückbuchungsanlage der Hamburger Bücherhallen sollte eigentlich im Januar 2015 einsatzbereit sein, nun soll sie zum Jahreswechsel 2018/19 in Betrieb gehen. Immerhin sind die Kosten sogar gesunken. Statt der angepeilten 2.555.000 Euro kostet das Projekt nur noch 2.365.000 Euro. Ein neues digitales „Beweismittelarchiv“ dagegen wird nicht nur später fertig, sondern auch teurer: Statt im Juli 2016 wird es zum Jahresende fertig – und statt der geplanten 787.000 Euro schlägt es mit 998.000 Euro zu Buche.

Christian Pfromm
Christian Pfromm © Bina Engel/FHH

Zusätzlich listet der Senat 35 Projekte auf, die bereits mehr als ein Jahr verspätet und immer noch nicht abgeschlossen sind. Dazu gehören etwa eine neue Standardsoftware für das Gesundheitsamt, die Trinkwasserdatenerfassung, das Programm PIAV zum Datenaustausch der Bund- und Länder-Polizeien, der Aufbau digitaler Archive der KZ-Gedenkstätte Neuengamme oder das Projekt „Digitales Staatsarchiv“.

Für die CDU fällt die Bilanz nicht gut aus

Für die CDU fällt die Bilanz der ersten fast zehn Monate des neuen Amtes ITD und seines Chefs Pfromm daher nicht gut aus. „Die Schonfrist ist abgelaufen. Der neue CDO hätte inzwischen liefern müssen, schließlich hatte er sich selbst die Frist Sommer 2018 gesetzt“, sagt der CDU-Abgeordnete und Fachsprecher für IT Kreuzmann. „Doch noch immer ist das neue Amt in der Selbstfindungsphase, hat keine klare Struktur, Leitungsfunktionen sind noch unbesetzt, und das wichtige Projekt ,Digital First‘ läuft mit Vertretungspersonal. Gleichzeitig verzögern sich zahlreiche IT-Projekte, und die Behörden bekommen nicht die notwendige Fachunterstützung für ihre eigenen IT-Projekte. Es ist an der Zeit, dass der rot-grüne Senat sein neues Amt auf die Spur bringt.“

Aus dem Rathaus hört man derweil, dass die Verzögerung auch damit zu tun habe, dass der zuständige Personalrat nicht in allen Punkten zügig zugestimmt habe. Die neuen Strukturen sollten aber noch im laufenden Jahr auch formal komplett sein. Bis Ende März 2019 sollen in drei Ausschreibungswellen auch alle Mitarbeiter an Bord sein. „Wir digitalisieren die Verwaltung und bringen Hamburg in vielen Bereichen als digitale Stadt voran“, sagte CDO Pfromm dem Abendblatt. „Beides steuern wir erfolgreich seit April dieses Jahres, auch wenn die Organisationsentwicklung formal noch nicht abgeschlossen ist.“