Hamburg. Ein Report der TK legt den Verdacht nahe, dass demente Menschen einfach ruhiggestellt würden, statt sie richtig zu behandeln.
Beruhigungsmittel statt Antidementivum – die Behandlung von Demenzkranken ist in Hamburg nicht optimal. Das ergibt der Innovationsreport 2018 der Techniker Krankenkasse (TK), der sich in einem Sonderkapitel mit der Krankheit befasst, an der fast 1,7 Millionen Menschen in Deutschland leiden. Demnach wird die Alzheimer-Demenz oft falsch oder gar nicht behandelt: In Hamburg bekommen lediglich 19 Prozent der Erkrankten ein Antidementivum, das sind sechs Prozent weniger als im bundesweiten Durchschnitt. 37 Prozent der betroffenen Hanseaten erhalten hingegen lediglich ein Beruhigungsmittel.
Beruhigungsmittel sind jedoch nicht für eine Dauerversorgung geeignet, sondern nur für eine kurzfristige Intervention, wenn eine Eigen- oder Fremdgefährdung vorliegt. "Die Auswertung von Routinedaten zeigt, dass in Hamburg an Alzheimer-Demenz erkrankte Menschen vorrangig mit Beruhigungsmitteln wie Neuroleptika und Benzodiazepinen behandelt werden. Der Verdacht liegt hier nahe, dass demente Menschen nicht behandelt, sondern nur ruhiggestellt werden", sagt Maren Puttfarcken, Leiterin der TK-Landesvertretung Hamburg. Die Entwicklung neuer Wirkstoffe müsse vorangebracht werden, damit die Versorgung von Menschen mit Demenz verbessert werden könne.
Alzheimer: Forschung nicht dort, wo sie am dringendsten gefragt ist
Laut Innovationsreport der TK sind erstmals wieder mehr Arzneimittel mit einem Zusatznutzen auf den Markt gekommen. Jedoch werde in der Pharmaindustrie hauptsächlich auf Gebieten geforscht, auf denen es bereits gute Wirkstoffe gebe. Hier würden laut Puttfarcken echte Fortschritte erzielt werden. "Das Beispiel Alzheimer-Demenz zeigt aber, dass die Forschung meist nicht dort stattfindet, wo sie am dringendsten gefragt ist", kritisiert die Leiterin der TK-Landesvertretung Hamburg.
Die Zahl der Demenzkranken steigt weltweit. In Deutschland leben gegenwärtig rund 1,7 Millionen Menschen mit einer Demenz. Nach Angaben der Alzheimer-Gesellschaft erkranken jedes Jahr weitere 40.000, überwiegend alte Menschen. Bis zum Jahr 2030 wird sich die Zahl der Demenzkranken voraussichtlich auf rund drei Millionen erhöhen. Der TK-Report erscheint jährlich und befasst sich mit der Verschreibungspraxis, dem Arzneimittelmarkt und der pharmazeutischen Forschung.