Hamburg . Die Einzelhändler in Hoheluft-Ost bangen ums geschäftliche Überleben – mit einer neuen Zielgruppe soll alles besser werden.

Gemeinsam, glauben die Geschäftstreibenden am Lehmweg in Hoheluft-Ost, schaffen sie es. Zusammen wollen sie sich dem Onlinehandel entgegen stellen und das Viertel weiter aufwerten. Ihre neue Zielgruppe: Hamburg-Touristen. Sie sollen angelockt werden, damit lokale Einzelhändler weiterhin bestehen können. Die Vision: „Wir wollen das kleine Notting Hill Hamburgs werden“, sagt Sylva Karies vom Geschäft Little Department Store. Sie ist eine der Initiatorinnen der Interessengemeinschaft Lehmweg, einem Zusammenschluss von rund 30 Gewerbetreibenden.

Lehmweg soll Touristenziel werden

Genau wie der Londoner Stadtteil Notting Hill soll auch der Lehmweg für Hamburg-Touristen einmal ein wichtiges Ziel werden, um shoppen zu gehen und ein bisschen Weltstadt-Flair zu genießen. So wie die Innenstadt-Geschäfte und Läden in der Schanze bereits vom Tourismusboom profitieren, wollen das die Händler in Hoheluft ebenfalls. Denn Hamburg-Attraktionen sind eben nicht nur Mönckebergstraße, HafenCity und Elbphilharmonie. „Es müssen neue touristische Magnete entwickelt werden“, sagt Mitstreiterin Anu Haase, Inhaberin von Vonhaase. Die Menschen, sagt sie, interessieren sich auf Reisen besonders für kleinere Quartiere.

Dem stimmen die Experten zu: „Die Menschen suchen auf Reisen das Besondere und Individuelle und strömen daher in die Stadtteile“, sagt Sascha Albertsen von der Hamburg Tourismus GmbH. Und dieser Trend, sagt er, wird sich noch weiter verstärken – auch durch Airbnb mit seinen Zimmern und Ferienwohnungen in den Stadtteilen. Die Idee, Gästen auch die übrigen Quartiere Hamburgs zu zeigen und dafür zu werben, hatten die Tourismusexperten der Stadt bereits vor drei Jahren. Sie wollen verstärkt Ziele außerhalb der Innenstadt in den Fokus stellen.

Wie berichtet, wurde gerade ein Bergedorfer Tourismus-Konzept erstellt, in dem für die Sternwarte, das Schloss und Entdeckungstouren in die Vier- und Marschlande geworben wird. „Wir tun gut daran, auch nicht so stark frequentierte Stadtteile bekannter zu machen, damit die lokalen Läden gestärkt werden. Bleiben die Gäste aus, stirbt die Vielfalt des Einzelhandels“, sagt Sascha Albertsen.

Hohe Vielfalt in kleinen Quartieren

Um für die Zukunft gewappnet zu sein, nehmen die Geschäftstreibenden und Gastronomen am Lehmweg (mit dabei unter anderem Schlachter Harms, Confiserie Niko, die Goldschmiede, Küchenfreunde) das Werben um Touristen nun selbst in die Hand, unabhängig von den Plänen der Tourismusprofis.

Die Geschäfte dort sind zu 90 Prozent inhaberinnengeführt und gehören keiner Kette an. „Wir sind besonders, und darauf müssen wir verstärkt aufmerksam machen“, sagt die Dritte im Team der Initiatorinnen, Wiebke Lange­loh (Langeloh & Peters’son). „Die Touristen wollen das echte Hamburg erleben, mit Geheimtipps, sie wollen in kleinen Cafés sitzen.“ All das ist am Lehmweg inmitten der Altbauten möglich. „Hier gibt es eine hohe Vielfalt“, so Langeloh. Wie Perlen an einer Kette reihen sich Kosmetikläden, kleine Boutiquen für Yogafans und Hundebesitzer, Inneneinrichtungsläden, Galerien, Cafés und Restaurants aneinander.

Laufkundschaft fehlt am Lehmweg

Aber ihnen allen fehlt es an Laufkundschaft, sagt Jan-Hermann Harms vom gleichnamigen Schlachter, seit 1976 am Lehmweg. „Und das ist unser Problem. Wir haben nur Stammkunden.“ Von denen allein lässt es sich langfristig nicht leben.

Um Touristen in die Straße zu locken, wollen die Händler nicht nur Feste organisieren: Sie wollen im ersten Schritt einen Flyer mit einer Straßenkarte erstellen, auf der alle Geschäfte eingezeichnet sind und diese Flyer an relevanten Adressen auslegen– in Hotels, Restaurants, am Flughafen beispielsweise. Mit der Nähe zu den U-Bahnstationen Hoheluft und Eppendorfer Baum ist die Straße für Touristen ohnehin gut zu erreichen. Aber auch Autofahrer sollen die Möglichkeit bekommen, in Ruhe im Geschäft zu stöbern. In einem weiteren Schritt wollen die Geschäftsleute sich dafür einsetzen, Tempo 30 am Lehmweg einzurichten und mehr Parkplätze zu schaffen.

Und nebenbei wollen die Händler mit einem Vorurteil aufräumen: „Am Lehmweg gibt es nicht nur teure Geschäfte. Wir haben etwas für jeden Geldbeutel“, sagt Langeloh. Im November und Dezember ist unter dem Motto „Der Lehmweg schenkt Wärme“ eine Wohltätigkeitsaktion vorgesehen: Jeder kann Mützen und Schals in den Läden abgeben, diese werden an die Obdachlosenhilfe CaFée mit Herz gespendet.