St. Pauli. Rot-Grün will den Westteil für mehrere Millionen Euro sanieren. Verbot von Alkoholverkauf soll für weniger Kioske sorgen.

Es ist ein harter Kon­trast auf Hamburgs berühmtester Meile: Wer vom U-Bahnhof St. Pauli aus über die Reeperbahn spaziert, läuft zunächst über breite Gehwege mit Platz für Außengastronomie – und hinter der Hein-Hoyer-Straße plötzlich über unebene Gehwegplatten, vorbei an verrosteten Geländern, Schrott-Fahrrädern, einer Flut von Dönerbuden und Kiosken. SPD und Grüne im Bezirk Mitte wollen das Gebiet nun aufwendig umgestalten, um die als schmuddelig geltende Westseite des Kiezes aufzuwerten.

Am Dienstag, 9. Oktober, soll der Prozess mit dem Beschluss eines entsprechenden Antrags im Hauptausschuss des Bezirks in Gang gesetzt werden. „Im Kern geht es darum, dass die berühmte Reeperbahn endlich auch ein einheit­liches Erscheinungsbild hat“, sagt Sabrina Hirche, SPD-Bezirksabgeordnete und eine der Initiatoren des Vorhabens. Nach Abendblatt-Informationen ist ein niedriger zweistelliger Millionenbetrag für die geplante Umgestaltung realistisch.

Das Ganze wird mehrere Millionen Euro kosten

Im Kern der Pläne steht, das Material und die Breite der Gehwege dem östlichen Teil der Meile anzupassen. Auch soll das gesamte Straßenmobiliar erneuert werden. „Wir wollen nichts boulevardisieren, aber ein besseres Erscheinungsbild“, sagt Hirche. Gewerbetreibende treten auch dafür ein, dass die Parkspur am Nobistor entfernt und die Taxistände auf Höhe des Hamburger Berges möglicherweise verkürzt werden, um etwa zusätzlichen Platz für Tische und Bänke von Restaurants zu schaffen.

Der Bezirksamtsleiter Falko Droßmann (SPD) unterstützt die Pläne ausdrücklich: „Es ist sinnvoll, die Sanierung in Angriff zu nehmen.“ Zur Fußball-Weltmeisterschaft im Jahr 2006 war der östliche Teil der Meile inklusive des Spielbudenplatzes bereits generalüberholt worden, die Strecke von der Hein-Hoyer-Straße bis zum Nobistor blieb unangetastet. Deshalb sei es eine „Tatsache, dass der westliche Teil der Reeperbahn städtebaulich einen deutlich schlechteren Standard hat“, so Droßmann.

Die Überholung des Abschnitts sei schon überfällig – denn die veraltete Umgebung ziehe eine Reihe von Problemen nach sich, sagt Sabrina Hirche bei einem Rundgang über den Kiez dem Abendblatt. „Das Problem von Wildpinklern konzentriert sich besonders stark auf diesen Bereich der Reeperbahn. Da wird der schlechte Zustand offenbar als Einladung wahrgenommen. Wir haben Fahrradständer, in denen eigentlich nur noch Fahrradleichen zu finden sind. Plätze, an denen sich Unrat sammelt.“

Marode Anblick schade den Geschäften

Zudem laufe man Gefahr, dass der zuvor sanierte Bereich der Reeperbahn wieder veraltet wirken könnte, wenn der westliche Abschnitt nicht in Angriff genommen würde. „Diese Spaltung muss aufhören.“ Gewerbetreibende sprechen davon, dass der marode Anblick die Geschäfte schädige. „Der derzeitige Zustand ist grausig. Wir warten bereits seit sehr langer Zeit darauf, dass etwas passiert“, sagt Peter Kämmerer von der Interessengemeinschaft St. Pauli.

Zwar sei der Bereich nahe Nobistor mit dem „Hooters“ und dem „Ahoi“ deutlich attraktiver als noch vor Kurzem, auch der Beatles-Platz am Beginn der Großen Freiheit gilt als gelungenes Beispiel der Modernisierung von St. Pauli. „Es kommt nur bislang nicht richtig zur Geltung“, sagt Sabrina Hirche. „Auf dem Weg gilt es für jeden Fußgänger nur, auf dem engen Weg irgendwie durchzukommen.“

Neben der Sanierung fordert die SPD-Politikerin auch, dass es endlich ein Konzept für den Radverkehr entlang der Reeperbahn geben müsse. „Es gibt kurze Abschnitte, dann führen diese jedoch auf der Straße weiter, ohne dass es gekennzeichnet wäre.“ Auch auf Höhe des Spielbudenplatzes bestehe noch Bedarf, eine andere Lösung als die bisherigen Ketten als Abgrenzung zur Straße zu finden. Weil sie in den Partynächten von St. Pauli von vielen Besuchern überwunden werden, sind sie ebenso wie die Geländer am anderen Ende der Meile verbeult.

Bezirk soll Finanzierung bei der Behörde beantragen

Wie lange die Sanierung in Anspruch nehmen würde, ist laut Sabrina Hirche noch nicht abzusehen. „Für die Gastronomen wäre es langfristig aber ganz eindeutig ein Gewinn.“ Um die Umgestaltung zu finanzieren, braucht es noch weitere Mittel. „Wenn die Bezirksversammlung ein entsprechendes Anliegen beschließt, würde ich mich freuen, wenn die Stadt die entsprechenden Investitionen bereitstellen würde. Aus bezirklichen Mitteln ist das nicht zu leisten“, sagt Bezirksamtsleiter Falko Droßmann. Der Beginn der Arbeiten könnte dann frühestens im Jahr 2020 sein.

Parallel zu den Plänen des Bezirks erneuert die Bahn die S-Bahn-Haltestelle Reeperbahn. Um die Zahl der Kioske einzudämmen, tritt Bezirksamtsleiter Droßmann für eine Gesetzesänderung ein, um den Verkauf von Alkohol nach 22 Uhr an den Wochenenden verbieten zu können. An einem entsprechenden Entwurf wird aber in der Bürgerschaft noch gearbeitet.