Hamburg. Schüler sollen schwache Leistungen kaum mehr aus der Abi-Note streichen können. Stärkung der Allgemeinbildung.

Der Brandbrief der Schulleiter der Gymnasien mit dem zentralen Vorwurf, Hamburg mache es den Abiturienten zu leicht, beschäftigt nun auch die Bürgerschaft. Die CDU-Fraktion greift in einem Antrag die Kritik an der Qualität des Hamburger Abiturs auf und fordert eine Erhöhung der Leistungsanforderungen.

„Die Abiturregelungen tolerieren zu viele schwache Leistungen und unterlaufen so den Anspruch an allgemeine Bildung“, hatte es in einem Positionspapier der Vereinigung der Leitungen Hamburger Gymnasien und Studienseminare (VLHGS) Ende August geheißen. Die Pädagogen kritisieren die „Tendenz zur Drei-Fächer-Schule“, die die Kernfächer Deutsch, Mathematik und Englisch in den Mittelpunkt rücke, während andere Fächer an Bedeutung verlören.

Problemfach Mathematik bleibt

Zwar ist die Vergleichbarkeit des Abiturs der 16 Länder durch die Einführung der bundesweit zentralen Elemente bei den Abiturprüfungen erhöht worden. Und die Hamburger Schüler schlagen sich dabei insgesamt durchaus achtbar, einmal abgesehen vom Problemfach Mathematik.

Aber die Prüfungsleistungen machen nur ein Drittel der Abitur-Gesamtnote aus. Mit zwei Dritteln fließen die Noten aus den Oberstufenkursen ein. Und die Bedingungen, unter denen ein Schüler zur Abiturprüfung zugelassen wird, sind von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich. In Hamburg sind nur 32 der je nach Fächerkombination bis zu 42 zu belegenden Kurse notenrelevant, also Bestandteil der Abi-Note. Die Folge: In bis zu zehn Kursen müssen sich die Schüler nicht besonders anstrengen oder anders ausgedrückt: Die zehn schlechtesten Kursleistungen können gestrichen werden, was die Gesamtnote anhebt. Zum Vergleich: In Brandenburg müssen 42 Kurse eingebracht werden, um zum Abitur zugelassen zu werden.

Mehr Kurse einbringen

Hier setzt die CDU-Opposition an. „Die jetzige Regelung hat zur Folge, dass sich Schülerinnen und Schüler nur auf prüfungsrelevante Kurse konzen­trieren und rund 25 Prozent der schlechteren Noten nicht in die Gesamtwertung eingehen. Diesen Trend gilt es zu stoppen“, sagt die stellvertretende CDU-Fraktionschefin Birgit Stöver. Die CDU fordert in ihrem Antrag, dass künftig die Noten von 38 statt 32 Kursen eingebracht werden müssen und in die Endnote eingehen.

 Birgit Stöver (CDU)
Birgit Stöver (CDU) © HA / Mark Sandten

Das bedeutet: Nur zwei der mindestens 40 zu belegenden Kurse könnten noch gestrichen werden. „Jedes Fach, jeder Kurs, auch die sogenannten Nebenfächer, sind wichtig, und für alle Schülerinnen und Schüler ist die Arbeit in jedem Kurs verbindlich. So kann das Abitur besser dem Anspruch einer vertieften allgemeinen Bildung gerecht werden“, heißt es in dem Antrag der CDU.

Ernsthafte Vorbereitung auf den Arbeitsalltag

Die Union sieht es zudem als falsches Signal für das spätere Berufsleben der jungen Menschen an, wenn ein Viertel ihrer Kursarbeit nicht wirklich zählt. „Es ist an der Zeit, deutlich zu machen, dass die Schule auch ernsthafte Vorbereitung auf den Arbeitsalltag sein muss“, sagt Schulpolitikerin Stöver. Die Gymnasial-Schulleiter hatten darauf hingewiesen, dass die jetzigen Regelungen dazu führten, dass „bestimmte Fächer weniger gewählt werden und damit Bildungsangebote nicht zustande kommen, die gerade für die besten unserer Schüler von Interesse wären: zweite Fremdsprache, Musik, Chemie und Physik“. Zwar stellen die Pädagogen das Zentralabitur nicht grundsätzlich infrage, betonen aber, dass es „zu einer problematischen Reduktion der Unterrichtsinhalte“ führe, um gute Prüfungsergebnisse in der Breite zu erzielen. Auch die Schulleiter hatten eine Heraufsetzung der Zahl einzubringender Kurse vorgeschlagen.

Die Union greift zwei weitere Forderungen der Schulleiter auf, die sich auf die Abiturprüfungen beziehen: Die Leistungsanforderungen, die zum Beispiel in den Erwartungshorizonten für die Abiturklausuren formuliert sind, sollen verschärft werden. Und: Die CDU setzt sich für ein geändertes Korrekturverfahren ein, wie es die Schulleiter anregen. Danach soll eine schulexterne Drittkorrektur der Abi-Arbeiten wieder eingeführt werden.

Schließlich fordert die CDU, die Anforderungen an die Präsentationsprüfungen, die eine mündliche Prüfung im Abitur ersetzen können, zu verschärfen. Bei diesen Prüfungen bekommen die Schüler ein Thema gestellt, auf das sie sich zwei Wochen lang vorbereiten können. An der Prüfungsform, die allerdings nur von 15 Prozent der Schüler gewählt wird, hat es immer wieder Kritik gegeben, weil die Abiturienten sich auf vielfältige Art helfen lassen können.

Fachgespräch stärken

Die CDU will nun erreichen, dass die sogenannte „Verteidigung“, also das Fachgespräch im Anschluss an die eigentliche Präsentation des Themas, schriftlich dokumentiert wird und für die Note entscheidend ist.

Schulsenator Ties Rabe (SPD) hatte sich Ende August im Prinzip aufgeschlossen gegenüber dem Positionspapier der Schulleiter gezeigt. „Die vielen neuen Denkanstöße sollten jetzt ausführlich und vernünftig diskutiert werden“, sagte Rabe. Allerdings seien viele Forderungen ungewöhnlich, „beispielsweise die Forderung nach weniger Deutsch, Englisch oder Mathe“.