Hamburg . Am Mittwoch öffneten Moscheen bundesweit ihre Türen. In Hamburg stand die aufwändig umgebaute Al-Nour-Moschee im Mittelpunkt.

Wie flauschig-weich dieser dunkelrote Teppich ist. Die Füße versinken fast darin. Und nicht nur der Fußbodenbelag gefällt vielen Besuchern an diesem Mittwoch: Überhaupt ist der Umbau der evangelischen Kapernaum Kirche an der Sievekingsallee in Horn gelungen, so das Urteil. Die neueste Moschee der Hansestadt stand gestern beim bundesweiten Tag der Offenen Moschee bei den Besuchern in Hamburg im Mittelpunkt. Mindestens 1200 Besucher, so schätzt Daniel Abdin, Vorsitzender der islamischen Al-Nour-Gemeinde, waren der Einladung in das Gotteshaus gefolgt.

Ein „besser als vorher“ gibt es nicht, sagt Besucherin Dorit Hergt. Nur ein anders. „Die haben mit dem Gebäude richtig etwas auf die Beine gestellt“, sagt sie. Sie kennt das Gebäude noch als Kirche. „Die Kirche war lange in einem schlechten Zustand und stand leer, das war schrecklich mit anzusehen. Jetzt ist hier etwas Neues, es ist ein Haus des Gebets. Das passt doch.“

Moschee-Eröffnung nach sechs Jahren und fünf Millionen Euro

Die Al-Nour-Gemeinde hatte die frühere Kirche vor sechs Jahren gekauft und für fünf Millionen Euro umgebaut. Am 26. September war offizielle Eröffnung. Die Moschee soll ein Haus der Begegnung sein, des interreligiösen Dialogs. Fertig ist das Haus noch nicht: „Jetzt fängt die Arbeit erst richtig an“, sagt Daniel Abdin. Damit meint er, das Gebäude mit Leben zu füllen, mit Begegnungen und Austausch. Er plant unter anderem Präventionsprojekte gegen Rassismus oder gegen Islamisten.

Und es soll nicht nur an einem Tag im Jahr ein offenes Haus für alle sein, sondern jederzeit. Für nicht-muslimische Besucherinnen liegen Kopftücher bereit. Schuhe aus – und schon kann sich jeder ein Bild von der Moschee und von den Menschen hier machen. Befürchtungen, dass nun eine Kirche nach der anderen in eine Moschee umgewidmet werden könnte, räumt Abdin aus: „Wir Muslime sind Dialogpartner der Kirche. Kirchen sollen weiterhin bleiben, und das hier soll eine Ausnahme sein.“

Deutsch ist die verbindende Sprache der Gläubigen

Eine besonders schöne Ausnahme, findet Brigitte Keita aus Berne. „Die Moschee ist toll geworden.“ Besonders angetan ist sie von den sanitären Anlagen mit marokkanischen Fliesen. Sie ist mit ihrer Schwägerin vorbeigekommen, weil sie sich für andere Kulturen interessiert. Moschee-Vorstand Abdellah Benhammou führt durch die Moschee und informiert die Besucher über den Islam und das muslimische Leben in Deutschland.

So beten Frauen getrennt auf einer zweiten Ebene und in einem Nebenraum – die Predigt wird dann auf einen Bildschirm übertragen. Etwa zehn bis 15 Prozent der Moscheebesucher sind weiblich. Weil der Andrang in der alten Moschee auf St. Georg zum Freitaggebet so groß ist, wird dort in zwei Schichten gepredigt. Bis zu 2500 Gläubige sind das jeden Freitag. Die Predigten des Imam übersetzt Abdellah Benhammou ins Deutsche. Denn Deutsch sei die verbindende Sprache der Gläubigen aus 30 Nationen.

Muslime wollen Zugehörigkeit zu Deutschland zeigen

„Berühungsängste kenne ich nicht“, sagt Brigitte Keita. Da geht es der 74-Jährigen wie Tausenden anderen, die in Hamburg und Schleswig-Holstein den Tag der offenen Moschee für einen Besuch in einem islamischen Gotteshaus genutzt haben. In Hamburg beteiligten sich 14 islamische Gemeinden, in Schleswig-Holstein unter anderem Gemeinden in Kiel, Lübeck, Norderstedt, Neumünster und Rendsburg.

Auch die Centrum Moschee in St. Georg mit ihren Minaretten war ein Publikumsmagnet genau wie die Blaue Moschee an der Außenalster, so der Medienbeauftragte Sacit Dizman vom Bündnis Islamische Gemeinden in Norddeutschland e.V., einem Zusammenschluss türkischstämmiger Gemeinden sunnitischer Glaubensrichtung. In diesem Jahr stand der bundesweite Tag der Moschee unter dem Motto „Religiosität - individuell, natürlich, normal“. Das Datum, der 3. Oktober, ist bewusst gewählt. Mit dem Tag der offenen Moschee wollen die Muslime ihre Zugehörigkeit zur Einheit Deutschlands zeigen. Nur einen Gläubigen in der Al-Nour-Moschee scheint der Trubel am Mittwoch nichts anzugehen. In aller Ruhe kniet er sich hin und betet. Tag der offenen Tür hin oder her.