Reinbek. Der Frust über horrende Gebühren ist groß. Zwei Frauen aus Reinbek bitten nun Hausverkäufer zur Kasse. Gibt es bald neue Gesetze?

Es ist eine ungewöhnliche Koalition. Die Grünen sind dafür, Verbraucherschützer fordern es, und auch das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft (DIW) sieht Handlungsbedarf: Verkäufer einer Wohnimmobilie, die einen Makler einschalten, sollen dessen Courtage künftig selbst bezahlen, lautet die Forderung. Bislang werden die Vermittlungskosten zumeist – etwa in Hamburg – allein dem Käufer aufgebürdet. Und in der Hansestadt werden etwa 70 Prozent der Wohnimmobilien über Makler vermarktet. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt hat jüngst sogar das Bundeskartellamt aufgefordert, zu prüfen, warum in vielen Bundesländern die Provisionssätze der Makler identisch sind und ein echter Wettbewerb der Vermittler praktisch nicht stattfinde. Die Politikerin sprach von „kartellähnlichen Strukturen“ bei der Preisfindung. Die Grünen fordern eine Deckelung der Provision auf zwei Prozent der Kaufsumme.

Auch Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) hat bereits Sympathie für einen Wechsel zum Bestellerprinzip (Wer den Makler beauftragt, muss ihn bezahlen) auch beim Immobilienkauf signalisiert. Bei der Vermittlung von Mietwohnungen habe sich dieses seit 2016 angewandte Prinzip bewährt, sagte sie unlängst. Jetzt prüft Barleys Ministerium, ob es auf den Immobilienverkauf übertragen werden kann.

Die Firma ibs stellt ihre Rechnung dem Verkäufer

Manuela Kuhnke und Dagmar Uven haben genau das schon getan. Die beiden Diplom-Ingenieurinnen und Architektinnen sind Gründerinnen und Inhaberinnen der Reinbeker Firma Immobilien-Beratungsservice (ibs-hh). Laut Gewerbeanmeldung ist das Unternehmen ein Immobilienmakler. Kuhnke und Uven bieten Haus- und Wohnungsverkäufern die Leistungen an, die auch ein Makler anbietet, werben aber dennoch offensiv für einen Verkauf „ohne Makler“. Denn es gibt zwei gravierende Unterschiede: Die Firma ibs stellt ihre Rechnung dem Verkäufer, und sie berechnet ihm eine vorab ausgehandelte Pauschale statt eines prozentualen Anteils an der Verkaufssumme.

„Egal, ob ein Objekt für 300.000 Euro oder 800.000 Euro verkauft wird – der Aufwand ist doch der gleiche“, sagt Manuela Kuhnke. Und er kann von Fall zu Fall sehr unterschiedlich sein. Manche Verkäufer wünschten eben nur eine Wertermittlung, Hilfe bei der Erstellung eines Exposés oder die Präsentation des Objekts in Zeitungen und Internetportalen, andere dagegen ein Komplettpaket inklusive der Besichtigungstermine für Kaufinteressenten und Vorbereitung des Notartermins. Entsprechend groß sei die Spannbreite der Rechnungssumme. Die, sagt Manuela Kuhnke, könne einige tausend Euro betragen, aber auch fünfstellig ausfallen. Ein Makler dagegen, der die in Hamburg übliche Courtage von 6,25 Prozent berechnet, würde für die Vermittlung einer 300.000 Euro teuren Immobilie immerhin 18.750 Euro erhalten, für ein 800.000-Euro-Haus sogar satte 50.000 Euro – völlig unabhängig davon, wie viel Arbeit er mit dem Verkauf hatte. Bei der derzeit hohen Nachfrage nach Immobilien in Hamburg und seinem Umland dürfte der Zeitaufwand bei der Käufersuche für den Vermittler zumeist überschaubar sein. Dennoch verlangen mittlerweile erste Makler in der Hansestadt 6,95 Prozent Provision.

Warum sind die Leistungen deutlich günstiger?

Warum aber bieten die ibs-Gründerinnen ihre vergleichbaren Leistungen deutlich günstiger an? „Ich habe vorher lange Zeit für ein großes Immobilienunternehmen gearbeitet und weiß, welche hohen Vermittlungssummen da berechnet werden. Das ist einfach unfair“, sagt Manuela Kuhnke. Und was kann einen Verkäufer dazu bewegen, seinen Verkaufserlös um das Honorar für die Beraterinnen zu schmälern? „Manche kennen bereits einen möglichen Käufer aus der Nachbarschaft oder dem Bekanntenkreis, dem sie die Maklercourtage letztlich ersparen wollen, brauchen aber professionelle Unterstützung im Verkaufsprozess“, sagt Kuhnke. Das Hauptargument von ibs aber lautet: Der Verkäufer kann einen höheren Preis erzielen, als wenn er einen Makler einschaltet.

Das beruht auf der Annahme, dass der Anbieter der Immobilie die Summe, die der Käufer spart, weil er keine Maklercourtage zahlen muss, auf den Verkaufspreis ganz oder mindestens zum Teil aufschlägt. Für den Käufer wird das Geschäft „ohne Makler“ unter dem Strich womöglich also gar nicht günstiger. Einen Vorteil aber kann er trotzdem haben: Der Kaufpreis kann über ein Darlehen finanziert werden, die Nebenkosten eines Immobilienkaufs wie die Grunderwerbssteuer, die Notar- sowie Grundbuchkosten und eben die Maklercourtage dagegen nicht. Allesamt werden anteilig vom Kaufpreis ermittelt und sind deshalb in den vergangenen Jahren massiv gestiegen. Die durchschnittliche Maklercourtage ist heute um etwa 80 Prozent höher als Anfang des Jahrzehnts. Nicht selten wird das Eigenkapital eines Käufers allein durch die in Hamburg alles in allem mehr als 13 Prozent hohen Nebenkosten aufgefressen.

Der Maklerverband IVD lehnt das Bestellerprinzip ab

„Wenn vielerorts Maklercourtagen ein durchschnittliches deutsches Nettojahresgehalt übersteigen, ist das nicht hinnehmbar und zutiefst ungerecht“, kritisierte unlängst die wohnungsbaupolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im schleswig-holsteinischen Landtag, Özlem Ünsal. Nach dem Willen ihrer Partei soll sich die Höhe der Maklercourtage künftig an der Gebührenordnung der Notare orientieren. Der Maklerverband IVD lehnt das Bestellerprinzip dagegen ab. Eines der Argumente: Der Immobilienerwerb werde für den Käufer teurer, weil der Verkäufer die Courtage auf den Kaufpreis aufschlagen werde – und dann die weiteren Kaufnebenkosten steigen. Letztlich werde der Staat mehr Grunderwerbssteuer einnehmen.

Manuela Kuhnke und Dagmar Uven aber beobachten ein steigendes Interesse von Immobilienverkäufern an ihren Dienstleistungen. Mehrere Dutzend Besitzerwechsel pro Jahr werden von ihnen begleitet. Tendenz steigend. Bisweilen bewältigen die Gründerinnen die Aufträge nicht mehr allein. „Wir arbeiten jetzt häu­figer mit freiberuflichen Kolleginnen zusammen“, sagt Kuhnke.