Hamburg. Fraktion gibt Gutachten in Auftrag. Fahrerloser Verkehr könnte zweite Säule der Verkehrswende werden.

Die Grünen haben neben dem Umbau Hamburgs zur Fahrradstadt ein weiteres Kernthema ihrer Verkehrspolitik entdeckt: Sie wollen massiv auf die Förderung des autonomen Fahrens setzen. „Wir könnten uns vorstellen, dass durch diese Technik der Autoverkehr deutlich reduziert werden kann“, sagte Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks dem Abendblatt. „Zum Beispiel durch on demand shuttles – früher Anrufsammeltaxen, die elektrisch, digital und autonom fahrend im gesamten Stadtgebiet rund um die Uhr zur komfortablen, sicheren und schnelleren Erreichbarkeit der U/S-Bahn-Haltestellen genutzt werden können.“

Um den Effekt solcher neuen Systeme zu untersuchen, will die grüne Bürgerschaftsfraktion jetzt ein Gutachten in Auftrag geben – und zwar zusammen mit den Grünen-Landtagsfraktionen von Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein. Die Expertise soll 2019 vorliegen. Derzeit laufe die Auswahl des Gutachters, so Tjarks.

„Riesiges Potenzial“

Die Grünen vermuten, dass das autonome Fahren in Verbindung mit dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) „ein großes Potenzial für eine grüne Verkehrswende birgt“, so Tjarks. Dieser Service hätte das Potenzial, das eigene Auto überflüssig zu machen. Denkbar wäre auch, dass diese autonom fahrenden Shuttles in Verbindung mit einem HVV-Ticket genutzt werden können. Der technische Fortschritt biete „riesiges Potenzial, unsere Städte lebenswerter zu machen und gleichzeitig einen Beitrag zu den Klimaschutzzielen zu leisten“, so der Grünen-Politiker.

„Wir Grüne wollen Hamburg fit für die Zukunft machen und Möglichkeiten für Forschung, Entwicklung und Erprobung autonomen Fahrens schaffen und rechtzeitig steuernd eingreifen können. Deshalb werden im Gutachten neben Handlungs- auch rechtliche Fragen eine Rolle spielen, ebenso wie die gesellschaftlichen Veränderungen, die durch autonomes Fahren und einen um autonome Angebote erweiterten ÖPNV zu erwarten sind.“

Mehr als 1,5 Millionen Testmeilen

Die Grünen verweisen darauf, dass die Automobilindustrie stark in diesen Bereich investiere. So wolle Ford bis 2023 etwa vier Milliarden Dollar in autonom fahrende Fahrzeuge investieren, in Japan kämen Anfang 2019 erstmals selbstfahrende sogenannte „Level4-Busse“ auf die Straßen – und die Google/Alphabet-Tochter Waymo teste seit geraumer Zeit autonome Fahrzeuge und habe bereits mehr als 1,5 Millionen Testmeilen gesammelt und kooperiere mit General Motors (GM).

Ziel der Grünen sei es, den Anteil des Umweltverbunds (Zu-Fuß-Gehen, Radfahren, Busse, Bahnen, Carsharing) innerhalb der kommenden zehn Jahren von jetzt 64 auf 75 Prozent steigern.