Hamburg. Architektonischer Einheitsbrei sei nicht zu erwarten. 40 Modelle sind möglich. Startschuss für das ambitionierte Projekt in Hamburg.

Auf diesen Schritt schaut die Hamburger und norddeutsche Wohnungswirtschaft mit Spannung: Nach zwei Jahren Vorarbeit hat die Saga am Montag in Farmsen ihr „Systemhaus“ vorgestellt: Es ist quasi die Antwort des städtischen Wohnungskonzerns auf die steigenden Mieten und soll Neubauten mit Mieten von acht Euro pro Quadratmeter ermöglichen.

Wer sich unter Systemhaus einen einförmigen hässlichen Klotz mit minderwertiger Ausstattung vorstellt, der nun an immer mehr Ecken in Hamburg auf immer gleiche Weise entsteht, liegt allerdings weit daneben: Hinter dem Konzept steckt eher ein Modulbaukasten, dessen Elemente auf unterschiedlichste Weise zusammen gesetzt werden können.

Systemhaus hat 40 unterschiedliche "Gesichter"

Ob vier- oder fünfgeschossig, mit oder ohne Staffelgeschoss, mit roter Klinker- oder mit Putzfassade, mit Balkonen oder mit Loggien, mit Kita im Erdgeschoss oder Wohnungen, ob als lange Zeile, in L-Form oder als Block – das Systemhaus kann in rund 40 verschiedenen Gewändern daherkommen. Und die Ausstattung entspricht modernen Wohnungsbau-Standards, inklusive Aufzug, Pkw-Stellplätzen und begrünten Dächern. Hinzu kommen 17 Reihenhaus-Typen.

So angenehm kann ein Acht-Euro-Haus von innen aussehen.
So angenehm kann ein Acht-Euro-Haus von innen aussehen. © Saga

Dass die Saga diese Häuser um rund 15 bis 20 Prozent günstiger errichten kann als bei klassischen „Manufaktur“-Projekten, liegt zum einen an der Typisierung: Jedes Modul und jeder mögliche Haustyp sind einmal durchgeplant und von den Behörden genehmigt – diese zeitaufwendige Arbeit entfällt also bei künftigen Projekten.

Saga hofft, günstige Preise bei Baufirmen durchzusetzen

Zweitens hofft der Wohnungskonzern, in der Bauwirtschaft günstigere Preise durchsetzen zu können, wenn ganze Häuser oder zumindest Teile davon in Serie gefertigt werden. Drittens ist mit der Stadt verabredet, dass die Grundstücke für die Systemhäuser möglichst günstig zur Verfügung gestellt werden.

„Wohnen in Hamburg muss bezahlbar bleiben, das ist die entscheidende soziale Frage unserer Zeit“, sagte Bausenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) in Farmsen, wo das erste Saga-Systemhaus entsteht. Die von der Stadt initiierten Acht-Euro Wohnungsbauprojekte seien dabei ebenso wichtig wie nun das Systemhaus, so Stapelfeldt: „Die Saga ist bundesweit das erste Unternehmen, das mit Typengenehmigungen für bewohnbaren Hochbau operieren kann. Sie ist damit Vorreiterin in angespannten Zeiten am Wohnungsmarkt der großen Städte.“

1200 weitere Acht-Euro-Wohnungen

Saga-Vorstandschef Thomas Krebs sagte: „Für unser Unternehmen ist das Systemhaus ein echter Meilenstein, der dafür sorgt, dass wir unsere ehrgeizigen Neubauziele auch zukünftig erreichen können.“ Wie berichtet, soll das städtische Unternehmen, das vor rund zehn Jahren kaum noch neu gebaut hatte und nach dem Regierungswechsel 2011 seine Aktivitäten wieder auf rund 1000 neue Wohnungen pro Jahr hochgefahren hatte, künftig 2000 Wohneinheiten im Jahr errichten. Außer an der August-Krogmann-Straße in Farmsen, wo in drei Schritten insgesamt rund 400 Wohnungen entstehen, sind bereits weitere 1200 Acht-Euro-Wohnungen in Planung.

Auch Oberbaudirektor Franz-Josef Höing gab dem Projekt seinen Segen: „Das sind eigentlich ganz normale Häuser, in denen man gut wohnen kann und denen man nicht ansieht, dass die Wohnungen etwas günstiger sind.“ Der Systemhaus-Baukasten sei ein „ziemlich flexibles System“, das es ermögliche, Neubauten architektonisch der gewachsenen Umgebung anzupassen. Befürchtungen, Hamburg wiederhole nun die Fehler der Großwohnsiedlungen aus den 60er- und 70er-Jahren, seien daher unbegründet.

In einer ersten Reaktion lobte Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), das Systemhaus in höchsten Tönen: „Das ist ein tolles, innovatives Projekt und ein vorbildliches Beispiel dafür, wie man die Baukosten senken kann. Das Saga-Systemhaus hat das Zeug, die Wohnungswirtschaft zu revolutionieren. Es kann dazu beitragen, dass in Hamburg mehr bezahlbare Wohnungen entstehen.“