Hamburg/Buxehude. 17 junge Frauen haben mit einem Bachelor die neue Ausbildung geschafft und sehen bessere Zukunftschancen. Die liegen in Europa.
Als Eline Wolf und Prisca Walter zu ihrer Abschlussfeier in den Festsaal gehen, fällt viel Druck von ihnen ab. Vier Jahre hat ihr duales Studium gedauert, und lustiges Studentenleben sieht anders aus als ihr Pensum der letzten vergangenen Jahre. Dafür gehören die beiden nun zu den ersten akademisch ausgebildeten Hebammen in Hamburg. Mit ihrem Bachelorabschluss dürfen sie sich jetzt „Hebamme DUAL“ nennen.
Am Montag haben nach einer Orientierungswoche die neuen 30 künftigen Hebammen ihr duales Studium begonnen – für Asklepios und die Hochschule 21 in Buxtehude, die den Studiengang anbietet, bedeutet das schon deutlich mehr Routine als vor vier Jahren. Die praktische Ausbildung erhalten die jungen Frauen in einer der Asklepios-Kliniken, die theoretischen Inhalte werden im Blockunterricht am Asklepios Bildungszentrum für Gesundheitsberufe (BGZ) Hamburg vermittelt, die Studieninhalte in Buxtehude gelehrt.
Hebammen ist akademischer Beruf
„Wir sind damals auf die Hochschule zugegangen und haben den Studiengang gemeinsam entwickelt“, sagt Angela Jester, Ausbilderin am BGZ. Denn Deutschland sei Schlusslicht bei der Akademisierung der Hebammen. Sogar Serbien sei da schon weiter. „In ganz Europa ist Hebamme inzwischen ein akademischer Beruf“, sagt auch Lea Beckmann, Leiterin des Studiengangs an der Hochschule 21, einer staatlich anerkannten privaten Fachhochschule.
Dabei handelt es sich um EU-rechtliche Vorgaben, wonach die Zugangsvoraussetzung für die Hebammenausbildung vom Jahr 2020 an bei 12 Schuljahren liegt, also mindestens Abitur oder Fachhochschulreife sind nötig, bislang reicht die mittlere Reife.
Von 24 Frauen, die vor vier Jahren ihre duale Ausbildung starteten, haben nun 17 ihren Bachelorabschluss gemacht. Mehrere seien schwanger geworden, ein paar hätten zwar die Ausbildung nach drei Jahren mit dem Staatsexamen absolviert, aber das Studium nicht weiterverfolgt, sagt Beckmann.
500 Hebammen in Hamburg
Die AOK hat jüngst die Versorgungssituation für werdende und junge Mütter in Hamburg analysiert und festgestellt, dass immer mehr Frauen vergeblich eine Hebamme suchen. Nur 46,5 Prozent, also nicht einmal jede zweite Mutter wurde nach der Geburt im Wochenbett betreut. In Hamburg gibt es laut AOK-Studie gut 500 Hebammen.
Obwohl es offenbar großen Bedarf und auch großes Interesse an dem Beruf gibt, könne man nicht unbegrenzt ausbilden, sagt Jester. „Wir haben immer mehr Bewerberinnen als Plätze.“ Es brauche aber auch immer die Ausbildungskapazitäten in den Kreißsälen. Wer den Studiengang anstrebt, muss sich vorher selbst einen Ausbildungsplatz suchen.
Wann sich die zusätzliche Qualifikation auch finanziell für die Absolventinnen auszahlt, wird die Zukunft zeigen. „Wir haben Fachkräftemangel. Die Arbeitgeber werden sehen, dass sie einen Mehrwert bekommen“, sagt Barbara Zimmermann, Vizepräsidentin der Hochschule 21. Das werde sich in wenigen Jahren vermutlich in der besseren Bezahlung der Hebammen niederschlagen.
Die Ausbildung ebnet den Weg nach Europa
Die Ausbilderin Angela Jester betont, wichtig sei die Anschlussfähigkeit der Auszubildenden an Europa. Bislang sei die Hebammenausbildung im Ausland nicht anerkannt worden. Durch die Akademisierung fallen diese Hürden. Auch weitere Hamburger Geburtskliniken setzen inzwischen auf das Angebot des Bachelorstudiums. Inzwischen gebe es Kooperationen mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, der Helios-Mariahilf-Klinik Hamburg und Agaplesion, sagt Studiengangsleiterin Beckmann.
Eline Wolf ist überzeugt: „Die Aufstiegsmöglichkeiten steigen durch die Akademisierung. Hebammen finden dadurch mehr Anerkennung“, sagt die 34-Jährige. Die Hamburgerin hat in ihrem ersten Berufsleben als Medizinische Technische Assistentin gearbeitet. Nachdem ihr Sohn geboren wurde, setzte sie ihren Plan, umzusatteln, um. Als der Junge vier war, begann sie ihre Hebammenausbildung, arbeitete in den Asklepios-Kliniken in Harburg und Wandsbek und ist nun freiberuflich in einer Hebammenpraxis in Eilbek tätig, weil sich das mit ihrem Familienleben besser verträgt als Schichtdienst auf einer Geburtsstation.
Prisca Walter ist nach dem Abitur von Nordstrand nach Hamburg gekommen und war sich über ihr Berufsziel sehr früh im Klaren. Auch sie arbeitet im Moment nicht in der Geburtshilfe, sondern sie betreut Schwangere vor der Geburt und im Wochenbett gibt Kurse. „Es waren anstrengende vier Jahre, es gab ja für uns keine Semesterferien“, sagt sie. Dennoch ist sie stolz und zufrieden: Der akademische Teil der Ausbildung helfe ihr, ihre Vorstellungen von der Hebammenarbeit besser zu verwirklichen, sagt die Absolventin strahlend.