Hamburg. Handwerkskammer platziert in jeder Gondel ein anderes Gewerk. 1200 Schüler profitieren von schnellen Einblicken.

Dentaltechnik findet Lara Zuhl interessant. Also steigt sie mit ihren Schulkameraden Bella-Marie Wiedemann und Finn Bramann in die Gondel 37 des Riesenrades auf dem Hamburger Dom. In jeder der 42 Gondeln sitzen Vertreter eines anderes Gewerks: Tischler, Schornsteinfeger, Elektriker, Bestatter, Uhrmacher und viele andere. „Wir haben nach einem Format gesucht, mit dem wir die Jugendlichen gut ansprechen können“, sagt Oliver Thieß von der Handwerkskammer. „Das Inter­esse von den Schulen wie auch den Betrieben war riesig.“

Also mietete die Handwerkskammer für einen halben Tag das Steiger-Riesenrad. „So konnten sich auch Gewerke präsentieren, die sonst nicht so im Fokus der Nachwuchsarbeit stehen wie etwa Uhrmacher oder Zahntechniker“, sagt Thieß.

Zehn Minuten für den ersten Einblick

Zehn Minuten müssen reichen, um sich während einer Gondelfahrt über einen Beruf zu informieren. Die drei Mitarbeiter der Höfs & Ristau Dentaltechnik haben einige Werkzeuge und Prothesen aus dem Drei-D-Drucker dabei. Finn hat die meisten Vorstellungen davon, welche Eigenschaften man für diesen Beruf benötigt. „Man muss gut mit Kunden umgehen können, braucht Feingefühl und Geduld“, sagt der 14-Jährige. Für Lara ist wichtig, dass man Lust auf einen Beruf hat. Die Ausbildung zum Zahntechniker dauert dreieinhalb Jahre. „Wir geben den Menschen ein Stück Lebensqualität zurück. Sie freuen sich, wenn sie wieder ein Stück Fleisch essen können“, sagt Jonas Wandtke, der Zahntechniker-Meister ist. Bei den Schülern kommt die Mischung aus handwerklicher Arbeit und modernen Technologien gut an.

Natürlich werden im Riesenrad keine Ausbildungsverträge oder Praktika vereinbart. „Dafür ist die Zeit zu kurz“, sagt Heizungsbaumeister Andreas Kopp. Aber wichtig sei, dass wir hier gut für das Handwerk werben können. In der Regel wissen die insgesamt 1200 Schüler auch nicht, welcher Handwerksberuf sie in der Gondel erwartet. „So gibt es viele überraschende Einsichten in die Berufe“, sagt Kopp.

Totgesagte leben länger

Fotograf Thomas Peters vermittelt den Wandel im Handwerk. „Vor 20 Jahren haben viele gedacht, die Fotografie stirbt durch die Digitalisierung aus“, sagt er. „Heute wird mehr fotografiert als je zuvor.“ Marcel Vetter und Maeva Adon finden es spannend, wie viel Aufwand für ein Foto betrieben wird. Im Studio von Peters wurden schon Bade- und Kaminzimmer tagelang aufgebaut, um sie dann zu fotografieren. Viele Aufnahmen entstehen auch außerhalb des Studios. Das finden die Schüler noch spannender, vor allem wenn auf Mallorca oder in Norwegen fotografiert wird. „Viele Kunden wollen ihre Produkte im ersten Sonnenstrahl aufgenommen haben, da muss man früh raus“, sagt Peters, der jedes Jahr mindestens einen Lehrling ausbildet. „Früher hatten wir 100 Bewerbungen, jetzt nur noch zehn.“ Vielleicht steigt jetzt die Zahl der Bewerber für Handwerksberufe wieder – nicht nur bei Fotograf Peters.