Hamburg. 1000 Euro für ein Kompakthaus – das weckte großes Interesse: Zentraler Koordinierungsstab Flüchtlinge stoppt Ebay-Verkauf.

Im Angebot sind nur 50 Stück – aber bis Donnerstagmittag waren bei Ebay-Kleinanzeigen schon 30.000 Interessenten registriert. Es ist ja auch ein verlockendes Angebot, so ein (sehr) kleines Eigenheim für 1000 Euro. Zumal der Verkäufer ausgesprochen seriös ist: die Freie und Hansestadt Hamburg. Wegen der gewaltigen Nachfrage wurde die Anzeige noch am Donnerstag aus dem Netz genommen.

Ebay-Anzeige: Stopp über Twitter verkündet

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Das Angebot ist allerdings nicht die Antwort des Staates auf die steigenden Immobilienpreise. Es handelt sich vielmehr um rund 28 Quadratmeter große Massiv-Holzhäuser, die 2015 angeschafft worden waren, um Flüchtlinge unterzubringen. „Mittlerweile benötigen wir sie nicht mehr. Die Flüchtlinge können heute aus den Erstaufnahmeeinrichtungen direkt in Folgeunterkünfte umziehen“, sagt Daniel Posselt, Sprecher der Zentralen Koordinierungsstelle für Flüchtlinge (ZKF). Container und Holzhäuser gelten als „prekäre Unterbringung“.

Schrott sind sie aber keineswegs, was schon aus dem Anschaffungspreis von rund 28.000 Euro inclusive Montage hervorgeht. Sie weisen zwar Gebrauchsspuren auf, sind aber in gutem Zustand. „Sie sind wetterbeständig, ganzjährig bewohnbar und zeichnen sich durch ein sehr gutes Innenraumklima aus“, hieß es in der Ebay-Anzeige. Als Ausstattung werden „1 Haustür mit einer Verglasung im oberen Bereich, 1 Fenster 1,51 x 1,26m, doppelverglast, Kabelverlegung, 1 Außenlampe, 4 Doppelsteckdosen und 2 Einzelsteckdosen, 2 Warmwasserheizkörper sowie eine wasserdichte Außenverteilerdose“, aufgeführt.

Die 50 Häuser stehen alle in Jenfeld

Wer ein solches Haus privat nutzen möchte, etwa als Garten-, Spiel- oder Gästehaus, hat dennoch einige Probleme zu überwinden. Denn es wird auf jeden Fall eine Baugenehmigung benötigt. Und dann ist da der Transport. „Die Häuser können in einem Stück per Kran auf einen Schwertransporter gehievt werden“, sagt Posselt. Innerhalb Hamburgs kostet so etwas zwischen 3000 und 5000 Euro. Etwas günstiger wird es, wenn die Häuser zerlegt werden. Aber auch dann ist wegen der Maße der Wände ein Lkw notwendig.

Die 50 Häuser, die jetzt verkauft werden sollen, stehen alle in Jenfeld. Dort im Moorpark sind die letzten Flüchtlinge aber schon Ende vergangenen Jahres ausgezogen. Und nun soll der Park wieder als Naherholungsort für die Jenfelder genutzt werden. „Zunächst haben wir in allen Behörden gefragt, ob es Bedarf für solche Häuser gibt“, berichtet ZKF-Sprecher Posselt. Allerdings mit überschaubarem Erfolg – lediglich eine Handvoll Häuser sei man auf diese Weise losgeworden. Eines ging an eine Schule, und zwar ein ganz spezielles. Die Bewohner hatten ihre Flüchtlingsgeschichte und Dankesworte an die Wände gemalt. Das wird nun als pädagogische Anschauung der Flüchtlingsproblematik im Unterricht genutzt.

Lutherkirche in Bahrenfeld hätte gerne 20 Häuser

Dass die übrig gebliebenen 50 Häuser bald weg sind, daran hat Posselt angesichts der großen Nachfrage keinen Zweifel. Zumal es einen Interessenten gibt, der besonders gelegen kommt: die Kirchengemeinde Lutherkirche in Bahrenfeld. „Wir engagieren uns seit Langem in der Flüchtlingshilfe und nutzen zurzeit Container, die in der Miete sehr teuer sind“, sagt Christian Chinery, der das Projekt für die Gemeinde koordiniert. Deshalb würden sie gerne 20 der Holzhäuser nutzen. Er hofft, dass die Häuser zum Nulltarif überlassen werden – schließlich sollten sie weiter dem ursprünglichen Zweck dienen.

„Wir sind eine Sozialeinrichtung und betreuen mehrere Unterkünfte. In den Häusern sollen etwa eine Fahrradwerkstatt, Unterrichtsräume für Deutschkurse oder Kleiderkammern geschaffen werden“, erläutert Chinery, der am heutigen Freitag zum Besichtigungstermin in Jenfeld ist. Das größte Problem wird auch für die Kirchengemeinde der Transport sein. Selbst bei Kosten von 3000 Euro pro Haus wären es 60.000 Euro, die die Gemeinde nicht hat. Und so hofft man auf die Hilfe von Privatleuten oder Unternehmen, die Lkw zur Verfügung stellen können (Kontakt: fluechtlingshilfe@lutherkirche.net).

Auf Hilfe hofft auch Hinz&Kunzt – die Obdachlosenzeitung würde gerne Häuser kaufen, um ihre Klienten darin wohnen zu lassen. Gesucht werden Grundstücke – oder eine große Halle (Kontakt: stephan.karrenbauer@hinzundkunzt.de). Keine Hoffnung dagegen konnte dem Interessenten gemacht werden, der bei der ZKF nachfragte, ob der Preis für das Haus inclusive Grundstück sei. Und durchaus ernst gemeint war auch die Anfrage eines Herrn, ob die Flüchtlinge noch in dem Haus lebten – und ob er sich beim Kauf um sie kümmern müsse...