Hamburg. Die Preise liegen teilweise mehr als 200 Prozent über denen im Supermarkt oder Discounter. Am Flughafen ist es relativ günstig.
Der Nachwuchs hat Durst. „Solchen Durst!“, klagt der Vierjährige. Die Familie ist schon seit Stunden mit dem Wagen auf der Autobahn unterwegs, eine Pause würde allen guttun. Ein bisschen die Beine vertreten und, ja, etwas trinken. An der Autobahnraststätte werden zwei kleine Flaschen Cola besorgt, eine Packung Kekse und eine Minisalami. Nicht gerade ein Großeinkauf – ein bisschen zu trinken und etwas Knabberkram. Doch die Rechnung ist gesalzen.
Ähnliches erlebt man an Tankstellen. Auch hier scheinen die Preise teilweise deutlich über denen zu liegen, die man aus dem Supermarkt oder dem Discounter kennt. Das Abendblatt hat identische Produkte im Supermarkt, am Flughafen, an einer Tankstelle und an einer Autobahnraststätte ins Visier genommen und die Preise miteinander verglichen.
Höhere Personalkosten spielen eine Rolle
Süßigkeiten, Snacks und Getränke: gerade Produkte, zu denen Autofahrer unterwegs gerne greifen, müssen an Tankstellen und Autobahnraststätten teuer bezahlt werden – im Gegensatz zum Supermarkt. Vor allem auch bei Energydrinks, von manchen Autofahrern als Wachmacher geschätzt, wird ordentlich zur Kasse gebeten. Für so ein Getränk bezahlt man unterwegs zum Beispiel an der Autobahnraststätte Harburger Berge nahe Hamburg 3,89 Euro.
Beispielsweise an der Shell-Tankstelle an der Osdorfer Landstraße hätte man das gleiche Produkt für 2,59 Euro und im Supermarkt für 1,69 Euro plus Pfand erwerben können. Auch bei einem mundgerecht abgepackten Erdnussriegel sieht man einen immensen Unterschied zwischen Supermarkt (0,55 Euro) und Raststätte (1,69 Euro). Das entspricht einer Preissteigerung von mehr als 200 Prozent.
Keine andere Option
„Das ist eine Frage der Zahlungsbereitschaft“, erklärt Handelsexperte Jörg Funder, Professor an der Hochschule Worms. „Wenn Sie unterwegs sind und Hunger oder Durst haben und halten an der Autobahnraststätte, gibt es nicht gleich um die Ecke einen anderen Laden, in dem Sie das Produkt vielleicht günstiger bekommen. Wenn Sie ein Produkt benötigen, gibt es keine andere Option. Also zahlt der Kunde auch mal deutlich mehr.“ Diese gesteigerte Bereitschaft werde bei der Festsetzung der Preise von den jeweiligen Anbietern mit einkalkuliert.
Es gebe auch ein faktisches Argument: Wie häufig wird ein Produkt verkauft? Um ein Sortiment ertragreich vorhalten zu können, seien beispielsweise an einer Autobahnraststätte höhere Preise nötig, weil weniger Artikel verkauft werden. Bei Tankstellen spielten teilweise höhere Personalkosten, wenn rund um die Uhr geöffnet sei, zwar auch eine Rolle bei der Festsetzung der Preise für Getränke und andere Waren.
Edeka-Markt am Flughafen weicht ab
„Aber Tankstellen seien eben zum Tanken da“, so Handelsexperte Funder. „Dass Kunden deshalb kommen, wird zum Verkauf von Zusatzprodukten genutzt. In der Regel seien das Süßigkeiten und Knabbersachen, aber auch beispielsweise Körperpflegeprodukte wie Zahnbürste, Toilettenpapier oder Deoroller. „Ähnlich ist es auch am Flughafen“, erläutert Funder. „Ein Supermarkt am Airport hat in der Regel keine Nahversorger-Funktion. Da geht man üblicherweise nicht hin, wenn man einen Kuchen backen will und Hefe und Vanillezucker braucht.“ Das Angebot in Läden an Flughäfen sei häufig für die Personen ausgerichtet, die dort auch arbeiten. „Das ist das sogenannte Bequemlichkeitssortiment: Der Salat zum Beispiel ist vorgeschnitten, das Dressing ist schon dabei.“
Der Edeka-Markt am Hamburger Flughafen weicht davon allerdings ab. „Unser Vollsortiment zu handelsüblichen Preisen umfasst alle Produktkategorien eines gut sortierten SB-Marktes“, wirbt Edeka auf der Internetseite. Tatsächlich zeigte ein Check zwar bei einigen Produkten Preisabweichungen von der regulären Edeka-Filiale – doch der Unterschied zeichnete sich nur minimal ab. So kostet eine Tafel Schokolade im regulären Edeka 1,09 Euro und im Edeka am Flughafen 1,19 Euro.
Höhere Kosten bei der Logistik
Wie extrem unterschiedlich die Preise zwischen Supermarkt, Tankstelle und Autobahnraststätte sein können, zeigen etliche Produkte. So ist etwa eine Minisalami im Supermarkt für 0,59 Euro, an der Tankstelle für 1,49 Euro und an der Autobahnraststätte für 1,79 Euro zu sehen. Ebenfalls teurer sind Kartoffelchips, die im Supermarkt für 1,49 Euro angeboten werden, im Gegensatz zur Tankstelle, wo sie 3,49 Euro kosten, und der Autobahnraststätte, an der man für eine Tüte 3,99 Euro bezahlt. Auch für ein Getränk auf der Autobahn muss man deutlich mehr Geld an der Raststätte lassen: 0,5 Liter Coca-Cola kosten dort 2,89 Euro und 1,5 Liter Volvic Frucht 3,99 Euro. Im Supermarkt hätten die gleichen Erfrischungen 1,19 Euro und 1,35 Euro gekostet.
Zu den vergleichsweise höheren Preisen an einer Tankstelle sagt ein Sprecher von Shell: „Tankstellen haben nur kleine Verkaufsflächen. Sie sind auf den kleinen Bedarf ausgerichtet.“ Die kleine Fläche erlaube nur ein kleines Sortiment und geringe Mengen. Dieses führt zu erheblich höheren anteiligen Kosten beim Standort und bei der Logistik. Zudem seien die Öffnungszeiten deutlich länger. Selbst Kräuterbonbons oder Kaugummis muss man mit deutlichem Aufpreis erstehen: Kräuterbonbons kosten an der Raststätte 3,29 Euro und an der Tankstelle 2,99 Euro bei 1,59 Euro im Supermarkt. Und Kaugummis sind mit 1,18 Euro – statt im Supermarkt für 0,89 Euro – um einiges teurer.
Vor Reiseantritt mit Proviant eindecken
„Das ist unsere Marktwirtschaft“, sagt Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg. Wenn man für das gleiche Produkt an der Tankstelle deutlich mehr bezahlt als im Supermarkt, dann sei das ärgerlich, aber nicht verboten. Denn das Kartellrecht sieht vor: Nur der Händler darf den Preis festlegen. Der Hersteller kann natürlich eine UVP – eine unverbindliche Preisempfehlung – herausgeben, doch das ist eben nichts als eine Orientierung und für den Verbraucher wenig hilfreich.
Im täglichen Konsum seien wir es gewohnt, preisgünstig einzukaufen. Besonders in Discountern – bedingt durch den Wettbewerb – würden wir Tiefstpreise erwarten. Zwar kann ein Discounter im Gegensatz zur Tankstelle in ganz anderen Größenordnungen und damit auch Rabattklassen einkaufen. Ob die zum Teil eklatanten Preisaufschläge dadurch zu rechtfertigen sind, sei laut Verbraucherzentrale unklar und nicht nachvollziehbar.
Wirklich etwas dagegen tun kann man also nicht. Wer das Urlaubsbudget nicht schon nach dem ersten Rastplatz schwinden sehen will, der sollte sich schon vor Reiseantritt Gedanken gemacht und sich im heimischen Supermarkt mit Proviant eingedeckt haben – so die Empfehlung des Verbraucherschützers. Nur so könnten Verbraucher überhöhten Preisen aus dem Weg gehen.