Hamburg. Gut ein Drittel der Abgänger macht Abitur. Linke kritisiert die ungleiche Verteilung der Inklusionsschüler an den Einrichtungen.
Acht Jahre nach dem Start als neue Schulform können die Stadtteilschulen eine bemerkenswerte Bilanz vorlegen. Zwar haben nur rund fünf Prozent der Fünftklässler, die auf eine der 58 staatlichen Stadtteilschulen wechseln, eine Gymnasialempfehlung. Aber rund 33 Prozent der Schulentlassenen eines Jahrgangs bestehen letztlich das Abitur.
In seiner fast 100 Seiten umfassenden Antwort auf eine Große Anfrage der Linken-Bürgerschaftsfraktion hat der Senat umfangreiches Datenmaterial zu den Stadtteilschulen veröffentlicht. Danach sind 8726 Stadtteilschülerinnen und -schüler mit Ende des Schuljahres 2016/17 aus der Schule entlassen worden. Den größten Anteil machten die Abiturienten mit 2895 Schulabgängern (33,1 Prozent) aus.
Abiturientenquoten sind sehr unterschiedlich
Dabei sind die Abiturientenquoten von Standort zu Standort sehr unterschiedlich. Den Spitzenwert erreichte die Stadtteilschule Blankenese mit einem Anteil von 70 Prozent, gefolgt von der Stadtteilschule Alter Teichweg (Dulsberg) mit 61,3 Prozent und der Max-Brauer-Schule (Bahrenfeld) mit 60,4 Prozent). Eine weit überdurchschnittliche Abiturientenquote wiesen auch die Julius-Leber-Schule (Schnelsen) mit 56,2 Prozent, die Stadtteilschulen Bergedorf mit 53,8 Prozent, Nelson Mandela (Kirchdorf) und Walddörfer (Volksdorf) mit jeweils 50,8 Prozent sowie Winterhude mit 50 Prozent auf.
Den ersten allgemeinbildenden Schulabschluss (früher Hauptschulabschluss, die Red.) legten 2588 Jungen und Mädchen ab – das entspricht einer Quote von 29,7 Prozent. Mit dem mittleren Schulabschluss verließen 2318 Schüler eine der Stadtteilschulen – 26,6 Prozent. Die Fachhochschulreife erlangten 379 Schulabgänger (4,3 Prozent), während 540 junge Menschen (6,1 Prozent) die Schule ohne Abschluss verließen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in dieser Gruppe auch die Schüler enthalten sind, die inklusiv beschult wurden und aufgrund ihrer Lernbeeinträchtigungen keinen Abschluss erreicht haben.
Viele Schüler ohne die Perspektive Abitur
Die mit Abstand meisten Schüler kommen ohne die Perspektive Abitur auf eine Stadtteilschule. Nur wenige der 58 Standorte haben in der Anmelderunde für die fünften Klassen des jetzt beginnenden Schuljahres eine zweistellige Quote von Kindern mit Gymnasialempfehlung: Die Max-Brauer-Schule kommt auf 25,4 Prozent gymnasial empfohlener Schüler, die Stadtteilschulen Winterhude auf 14,8 Prozent, Kirchwerder auf 12,1 Prozent und Gyula Trebitsch (Tonndorf) auf 11,2 Prozent. Die große Mehrheit der Standorte hat eine einstellige Quote gymnasial empfohlener Schüler, etliche Schulen haben ausschließlich Schüler ohne Empfehlung aufgenommen.
„Die neuen Zahlen belegen die enorme pädagogische Leistung der Lehrkräfte an den Stadtteilschulen. Sie belegen aber auch die enorme soziale Spaltung, unter der das Hamburger Schulsystem leidet“, sagte Sabine Boeddinghaus, Linken-Fraktionschefin und Schulpolitikerin.
Höhere Inklusionsquoten
Damit spielt Boeddinghaus nicht zuletzt auf die schulische Inklusion an. Die Stadtteilschulen haben einen deutlich höheren Anteil der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den Bereichen Lernen, Sprache, emotionale und soziale sowie geistige Entwicklung in ihren Reihen. „Vor allem in sozial belasteten Stadtteilen müssen die Stadtteilschulen eine enorme Mehrarbeit leisten, da sie deutlich höhere Inklusionsquoten – weit mehr als zehn Prozent – aufweisen als die Gymnasien“, so Boeddinghaus. In seiner Antwort auf die Linken-Anfrage weist der Senat allerdings darauf hin, dass die Stadtteilschulen auch wegen der Aufgaben der Inklusion im Vergleich zu etwa gleich großen Gymnasien im Durchschnitt knapp 40 Prozent mehr Personal haben.
Mehr als jeder zehnte Schüler wird an den folgenden Standorten inklusiv beschult: Brüder Grimm (Billstedt), Erich Kästner (Farmsen), Geschwister Scholl (Lurup), Schule auf der Veddel, Stadtteilschulen Maretstraße (Harburg), Altrahlstedt, Hamburg-Mitte, Lurup, Mümmelmannsberg (Billstedt), Öjendorf, Stübenhofer Weg (Kirchdorf) und Süderelbe. „Die ungleiche Verteilung schreibt die soziale Spaltung der Stadt in den Bildungswegen der Kinder und Jugendlichen fort“, kritisierte Boeddinghaus.
„Stadtteilschulen deutlich mehr unterstützen“
Organisatorische und auch pädagogische Probleme ergeben sich in Klassenstufe sieben, wenn zahlreiche Schüler aufgrund unzureichender Leistungen das Gymnasium verlassen und auf eine Stadtteilschule wechseln müssen. Zu Beginn dieses Schuljahres werden es 796 Jungen und Mädchen sein. Das entspricht einer Quote von 11,6 Prozent (2017: 12,1 Prozent) an den abgebenden Gymnasien. „Wenn der Senat es wirklich ernst meint mit der Gleichwertigkeit von Stadtteilschule und Gymnasium, muss er entweder die pädagogischen Aufgaben gleichmäßig auf beide Schulformen verteilen oder aber die Stadtteilschulen deutlich mehr unterstützen“, sagte Boeddinghaus.