Hamburg. Senat muss Angaben über Abgasklassen bei Hochbahn stark korrigieren. Probleme beim E-Bus-Einkauf und Kritik von der CDU.

Der rot-grüne Senat hat offenbar den Überblick verloren, wie viele Dieselbusse mit welchem Abgasstandard unter anderem für die Hochbahn durch Hamburg fahren. In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage des CDU-Umweltpolitikers Stephan Gamm musste er frühere Angaben jetzt massiv korrigieren. Demnach gibt es in Hamburg weniger schadstoffarme Busse als bisher behauptet. Dieselbusse gelten als eine Hauptquelle für die Belastung mit giftigen Stickoxiden.

Zwar hat der Senat mit Max-Brauer-Allee und Stresemannstraße zwei Straßen teilweise für Dieselfahrzeuge schlechter als Abgasnorm Euro 5/V gesperrt. HVV-Busse mit schlechten Werten dürfen diese stark belasteten Abschnitte aber weiterhin durchfahren. Für sie gelten die Verbote nicht.

Auch alte Busse dürfen durch Verbotsstrecken fahren

„Die Dieselfahrverbote von Umwelt­senator Jens Kerstan sind weder öko noch logisch. Bei seinem Kampf gegen Hamburgs Autofahrer hat er offensichtlich den Überblick über Art und Struktur seines eigenen Fuhrparks komplett verloren“, sagte CDU-Umweltpolitiker Gamm. „So verwundert es nicht, dass sich der Senat um unfassbare 455 Busse verzählt hat und nahezu keine seiner vorherigen Angaben zu Anzahl und Schadstoffklasse bezüglich des städtischen Fuhrparks zutreffend war.“

Nach seiner Auswertung der Senatszahlen erfüllten rund zwei Drittel der im Hamburg „im Einsatz befindlichen Busse noch immer nicht die Schadstoffklasse Euro VI“, sagte Gamm. Zwar betone der Senat stets, dass er von 2020 an nur noch Busse mit Elektroantrieb kaufen wolle. „Verschwiegen wird dabei gerne, dass vorher verstärkt Dieselbusse angeschafft werden und so noch bis weit in die 30er-Jahre Dieselbusse den Fuhrpark dominieren“, so der CDU-Mann.

„Auch die große öffentliche Kritik an den Fahrverboten bewegt den Senat nicht dazu, den eigenen Fuhrpark und die Busse des HVV mit SCR-Katalysatoren zügiger umzurüsten. Hierzu bietet die Industrie bereits heute erprobte und bewährte Möglichkeiten an. Es reicht nicht aus, dass SPD und Grüne einfach nur abwarten, bis die Fahrzeuge aus Altersgründen erneuert werden müssen“, so Gamm. „Die Nachrüstung muss mit Nachdruck und unter Einbindung aller politischen Ebenen aktiv vorangebracht werden.“

Frühere Schadstoff-Zuordnung war unzutreffend

Hintergrund der CDU-Kritik: In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage hatte der Senat im Februar 2018 noch insgesamt 1272 Busse der Hochbahn aufgelistet, von denen neun emissionsfrei seien, 302 die bisher beste Abgasnorm Euro VI erfüllten und 361 den EEV-Standard, der zwischen den Klassen VI und V angesiedelt ist. In einer Antwort aus dem Juli aber listet der Senat nur noch 817 Hochbahn-Busse auf. Nur noch 287 davon erfüllen die Euro-VI-Norm, in die EEV-Kategorie fallen nur noch 34 davon. Die frühere Zuordnung „zu den Schadstoffklassen war teilweise unzutreffend“, so der Senat.

Bei der seit Jahren wiederholten Ankündigung, von 2020 an nur noch emissionsfreie Busse für den öffentlichen Personennahverkehr anzuschaffen, steht der Senat derweil vor einem nicht zu unterschätzenden Problem: Die deutsche Industrie konnte solche Busse bisher gar nicht in ausreichender Stückzahl liefern. „Um den Unternehmen die nötige Nachfrage zu garantieren, die eine schnelle Entwicklung profitabel macht, hat Hamburg mit Berlin und Verkehrsunternehmen aus fünf Metropolen eine Beschaffungskooperation gegründet“, hatte Verkehrsstaatsrat Andreas Rieckhof (SPD) schon im vergangenen Jahr betont.

Offenbar auch wegen dieser Pro­bleme schafft die Stadt 2019 noch einmal massiv Dieselbusse an. Allein die Hochbahn will 2019 insgesamt 118 neu in Dienst stellen, die ebenfalls in Hamburg im HVV fahrenden VHH 29. Im Jahr 2020 kauft die Hochbahn laut Senatsantwort dann lediglich 30 neue Busse, die alle elektrisch fahren. Mehr E-Busse bekommt man womöglich nicht von der deutschen Industrie.

Wenige Fahrzeuge der Stadt erfüllen neue Abgasnorm

Auch im aktuellen Hamburger Luftreinhalteplan ist immer wieder die Rede vom Einsatz emissionsfreier oder emissionsarmer Busse in stark durch Abgase belasteten Straßen. Bisher sind davon aber kaum welche unterwegs. Mit 487 der 817 Hochbahn-Busse gehören rund 60 Prozent zu den älteren Dieselstinkern. Wären sie privat unterwegs, dürften sie nicht durch die Fahrverbotsstrecken fahren.

Auch im unmittelbar städtischen Fuhrpark erfüllt nur eine Minderheit der städtischen Dieselfahrzeuge die Euro-VI/6-Norm. Nach einer Auswertung der Zahlen durch CDU-Umweltpolitiker Gamm fahren knapp 60 Prozent der Diesel von Polizei und Senatsfuhrpark mit einer schlechteren Schadstoffklasse als Euro VI/6 durch Hamburg. Bei der Feuerwehr erfüllen nicht einmal 25 Prozent den neuesten Abgasstandard, und für einige Senatsbehörden fahren ausschließlich ältere Diesel.