Hamburg/Brüssel. Kommissarin fürchtet höhere Preise für Kunden. Hamburger Kupferkonzern rechnet dennoch mit Genehmigung.
Es ist schon ein seltener Fall, dass einen Hamburger Unternehmen bei seinen Verkaufsplänen ein Einspruch aus Brüssel – zumindest vorerst – dazwischenkommt. Am Mittwoch hatte die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager angekündigt, den geplanten Verkauf der Flachwalzsparte von Aurubisan die Wieland-Werke eingehender zu prüfen. Die Wettbewerbshüter haben dafür nun Zeit bis zum 10. Dezember. Doch die Verzögerung bei der geplanten Transaktion kommt für den Kupferkonzern nicht überraschend und lässt auch Branche und Anleger weitgehend kalt. „Wir sehen das sehr entspannt“, sagte Unternehmenssprecherin Angela Seidler dem Abendblatt auf Anfrage. Warum fiel die Aktie am Donnerstag trotzdem? Und was steckt hinter der Prüfung?
„Der geplante Zusammenschluss würde die beiden größten Anbieter von Kupferwalzprodukten zusammenführen“, sagte Vestager. Es gebe ohnehin nicht übermäßig viel Wettbewerb in der Branche. „Kupfer wird in vielen Industriezweigen benötigt und ist auch im Alltag wichtig, weil das Metall zum Beispiel in Elektrogeräten oder Leitungen verwendet wird.“ Die Übernahme werde so genau untersucht, damit sie nicht zulasten der Kunden und Endverbraucher gehe. Die Kartellwächter sind auch deshalb besonders aufmerksam, weil sich derzeit eine zweite Übernahme in der Branche anbahnt. Der Hersteller KME will die Mansfelder Kupfer und Messing GmbH (MKM) übernehmen. Damit würden nicht allein die Nummer eins mit der Nummer zwei, sondern auch die Nummern drei und vier im deutschen Kupferwalzgeschäft zusammengehen.
Verhandlungen mit den Wieland-Werken
Aurubis hatte Mitte Februar erklärt, mit den Wieland-Werken in Verhandlungen über den Verkauf des Unternehmenssegments Flachwalzprodukte zu stehen. Damals hieß es, die Sparte komme auf rund 1,3 Milliarden Euro Umsatz im Jahr. Fabriken in den USA, den Niederlanden, Finnland und Deutschland gehören zu ihr. Der Kaufvertrag war Mitte März unterzeichnet worden, über den Preis hatten die Vertragspartner Stillschweigen vereinbart. Mitverkauft wird ein 50-Prozent-Anteil an der Schwermetall Halbzeugwerk GmbH & Co. KG mit 330 Millionen Euro Umsatz. Insgesamt würden etwa 1900 Stellen bei Aurubis wegfallen und bei Wieland hinzukommen.
„Der Verkauf ist strategisch sinnvoll“, sagte der Analyst Eggert Kuls vom Hamburger Analysehaus Warburg Research dem Abendblatt. Flachwalzprodukte gehörten nicht zum Kern-Know-how des Konzerns. Aurubis-Vorstandschef Jürgen Schachler hatte schon vor Bekanntgabe der Verkaufspläne angekündigt, das Unternehmen werde sich auf die Gewinnung von Metallen fokussieren. In der Kupferbranche und am Finanzmarkt war seit Ende Juni bekannt, dass Aurubis eine längere Kartellprüfung in Brüssel erwartet. Am Donnerstag gaben die Aktien des im MDAX notierten Hamburger Konzerns zwar zeitweise um knapp drei Prozent auf 67,40 Euro nach. Doch die Ursache dürfte eher die Nachricht von einem sich abzeichnenden Streik in der chilenischen Kupfermine Caserones gewesen sein.
Ein paar Monate sind nicht entscheidend
„Ob der Verkauf der Sparte ein paar Monate früher oder später erfolgt, ist nicht entscheidend“, sagte Warburg-Research-Analyst Kuls dem Abendblatt. „Wenn er ganz abgesagt werden würde, wäre das sicher negativ. Aber davon gehe ich nicht aus.“ In der Aurubis-Zentrale sieht man das ebenso. Unternehmenssprecherin Seidler sagte: „Unserer Meinung nach hätte der Verkauf schon nach der ersten Prüfungsphase genehmigt werden können. Und wir gehen davon aus, dass er nun nach der vertieften Prüfung genehmigt werden wird.“