Hamburg . Senat will 100 neue Kontrolleure einsetzen. Zuletzt war die Überwachung des Radverkehrs massiv zurückgegangen. Kritik von der CDU.

Es gibt dieser Tage zwei wesentliche Nachrichten zur Sicherheit des Radverkehrs und zum Verhalten von Radfahrern in Hamburg – und beide hängen eng miteinander zusammen. Die erste hört sich sehr gut an: Es wurden im Jahr 2017 bei wesentlichen Delikten deutlich weniger Verkehrsverstöße von Radfahrern in Hamburg registriert als im Jahr 2016. So sank etwa die Zahl der Strafanzeigen gegen Radler wegen Überfahren roter Ampeln zwischen 2016 und 2017 von 2292 auf 1472. Bei der falschen Benutzung von Straßen und Wegen (z. B. Fahren gegen die Fahrtrichtung) ging das Anzeigenaufkommen im selben Zeitraum von 1398 auf 870 zurück, beim falschen Abbiegen von 495 auf 346. Das ergibt sich aus der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage des CDU-Verkehrspolitikers Dennis Thering.

Die zweite Nachricht allerdings, die sich ebenfalls darin findet, könnte die Freude über diese Entwicklung etwas trüben. Denn 2017 hat die Polizei Radfahrer in Hamburg auch deutlich weniger als in den Vorjahren kontrolliert. So sank die Zahl der Fahrradkontrollen durch die Polizeikommissariate von 667 im Jahr 2015 über 572 im Jahr 2016 auf nur noch 395 Kontrollen im vergangenen Jahr. Auch die Zahl der Schwerpunkteinsätze bzw. Großkontrollen ging zurück: von 16 im Jahr 2016 auf gerade noch neun im Jahr 2017. Dasselbe gilt für die Zahl der normalen Kontrollen. Sie sank von 281 in 2016 auf 208 im vergangenen Jahr.

Weniger von Radfahrern verursachte Unfälle

Wenn die Polizei weniger kontrolliert, da erwischt sie natürlich auch weniger Verkehrssünder – und es werden weniger Delikte offiziell registriert. Insofern dürfte der Rückgang bei den Strafanzeigen gegen Radfahrer im vergangenen Jahr nicht ausschließlich mit einer positiven Verhaltensänderung und besseren Wegen zu tun haben – sondern auch damit, dass die Polizei den Radverkehr deutlich weniger kon­trolliert hat. Eine Ursache dafür hatte sie schon Ende 2017 angedeutet: Der G-20-Gipfel hat 2017 über Monate massiv Personal gebunden, das eben auch in diesem Bereich fehlte.

Immerhin ist 2017 auch die Zahl der von Radfahrern verursachten Unfälle leicht zurückgegangen: von 1817 im Jahr 2016 auf 1799 im vergangenen Jahr. Leider hat es 2017 allerdings zwei Tote bei Unfällen gegeben, die von Radfahrern zumindest mitverschuldet wurden. 2016 war es ein Toter.

Die mit Abstand häufigste Ursache von Unfällen, die Radfahrer verursachen, bleibt das falsche Befahren von Straßen oder Wegen (also etwa das Fahren auf der falschen Straßen- oder Wegseite). 481-mal führte dieser Verkehrsverstoß im vergangenen Jahr zu Unfällen. Das Gute an dieser Zahl: Sie ist die niedrigste seit Jahren. Zum Vergleich: 2011 führte die falsche Straßenbenutzung noch zu 742 Unfällen. Dass die Zahl seither stetig gesunken ist, dürfte nicht nur mit einem Bewusstseinswandel bei Radlern zu tun haben – sondern auch damit, dass die Wege für Radfahrer und ihre Kennzeichnung seither kontinuierlich besser werden.

Senat will 100 neue Kontrolleure einsetzen

Weniger positiv ist die Entwicklung bei der zweithäufigsten Unfallursache: den Rotlichtverstößen durch Radler. Diese führten 2017 zu 144 Unfällen, deutlich mehr als 2016, als diese Zahl noch bei 112 lag. Unschön ist auch eine anderer Teil der aktuellen Statistik. Die Zahl der Radfahrer, die sich nach von ihnen verschuldeten Unfällen unerlaubt vom Unfallort entfernen, ist auf den höchsten Wert seit 2011 gestiegen. 248-mal begingen Radfahrer 2017 Fahrerflucht, 2011 gab es noch 207 solcher Fälle, 2016 insgesamt 228.

„Hamburg hat weiterhin ein massives Problem mit Rambo-Radlern, und der rot-grüne Senat schaut tatenlos zu“, sagt CDU-Verkehrspolitiker Thering. „Wenn die Zahl der Fahrerfluchten nicht deutlich reduziert wird, muss der Senat auch neue Wege gehen. Ich wünsche mir eine Diskussion über die Vor- und Nachteile der Einführung einer Kennzeichnung für Fahrradfahrer.“ Wenn die Polizei immer weniger kon­trolliere und das Personal etwa bei der Fahrradstaffel reduziere, verwundere es wenig, dass das Hamburger Verkehrsklima besonders schlecht sei. „Einen rot-grünen Kuschelkurs mit den Rambo-Radlern darf es nicht länger geben“, so Thering. „Wenn sich SPD und Grüne so ihre Fahrradstadt vorstellen, wird die gegenseitige Akzeptanz im Straßenverkehr weiter sinken.“ Auch die CDU wolle den Radverkehrsanteil deutlich steigern – dazu gehöre es aber auch, denjenigen Grenzen zu setzen, die sich regelwidrig verhielten.

Schon jetzt mehr Kontrollen

Innenbehörde und Polizei wollen bei dem Thema nun offenbar gegensteuern. Die Polizei erarbeite ein Konzept zum Einsatz von 100 zusätzlichen Angestellten im Polizeidienst (AiP) zur Ahndung von Ordnungsverstößen, sagte Innenbehördensprecher Frank Reschreiter. Diese sollten schrittweise vom ersten Quartal 2019 an eingesetzt werden – und nicht nur Parken in zweiter Reihe oder auf Radwegen verfolgen, sondern auch Rotlichtverstöße von Radfahrern oder das Fahren in falscher Richtung ahnden. „Damit sollen einerseits die Voraussetzungen für Radfahrer verbessert werden“, so Reschreiter. „Anderseits werden auch Verstöße von Radfahrern noch intensiver verfolgt.“ Im Übrigen ziehe die Zahl der Kontrollen nach der „G-20-Delle“ schon jetzt wieder deutlich an. Allein im ersten Halbjahr habe es schon 252 Fahrradkontrollen durch Polizeistaffel und Kommissariate in Hamburg gegeben.