Hamburg. Little Steven & The Disciples Of Soul spielen fast drei Stunden lang in der Großen Freiheit 36. Die Musik reißt alle mit.

Ob er die Pünktlichkeit beim Boss gelernt hat? In der Großen Freiheit lässt Springsteen-Kumpel Steven Van Zandt sich jedenfalls nicht lange bitten, sondern legt tatsächlich um kurz nach 20 Uhr los. Wer mit der sonst bei Konzerten üblichen bis zu halbstündiger Verspätung gerechnet hatte, verpasst da schon mal einiges, zum Beispiel den furiosen Opener „Sweet Soul Music“, der klar die Richtung vorgibt.

Mag es im gut gefüllten Saal auch noch so warm sein: Hier wird mit Volldampf abgeliefert. Und das am Ende zweidreiviertel Stunden lang! Als Little Steven hatte Van Zandt schon Ende der siebziger Jahre seine Disciples Of Soul um sich versammelt, eine exzellente Band, mit der er jetzt wieder ausführlich touren kann, weil Hauptarbeitgeber Bruce Springsteen, die E Street Band ja für eine Weile in Urlaub geschickt hat, um seit Oktober 2017 solo in einem Broadway-Theater aufzutreten.

In den Achtzigern wurde Van Zandt einem breiteren Publikum bekannt, weil er bei einer der heute legendären „Rockpalast“-Nächte auftrat, deren Live-Übertragung damals Millionen Fans europaweit vor den Fernsehern versammelte. In Hamburg nun knüpft er an diese große Zeit an, spielt gleich acht Stücke, die auch im Oktober 1982 auf der Setlist standen und führt überhaupt zurück in eine Zeit, in der die Welt noch überschaubarer war.

Feier des Soulrock wird zum Fest der Hoffnung

Eine Art Geschichtsunterricht ist das, wenn er etwa von der Rassentrennung im Amerika seiner Kindheit erzählt, davon, wie er die Musik der Schwarzen entdeckte, weil mutige weiße DJs im Radio Doo-Wop-Platten spielten. Oder wenn er sich mit Coverversionen vor Blues- und Soul-Größen wie Etta James und James Brown verneigt. 14 Musiker, darunter fünf Bläser und drei Backgroundsängerinnen, unterstützen ihn bei dieser Feier des Soulrock, die zu einem Fest der Hoffnung wird, wenn Van Zandt den Zusammenhalt beschwört, auf den es ankomme, wenn alles aus den Fugen zu geraten scheint.

Die verbindende Kraft der Musik reißt an diesem Abend alle mit, das zunehmend euphorisierte Publikum ebenso wie die Musiker, die auch keine Ermüdungserscheinungen zeigen, als das Konzert sich auf die Dreistundenmarke zubewegt. „I Don’t Want To Go Home“, singt Van Zandt, und gehen lassen möchte ihn hier auch nach den drei Zugaben niemand. Wie gut, dass am Ausgang bereits das 3-CD-Set „Soulfire Live!“ verkauft wird, das in Deutschland erst am 24. August erscheint. So lässt sich die Zeit bis zu Van Zandts nächstem Hamburg-Besuch etwas verkürzen.