Southampton. Das Drama um den Untergang der „Titanic“ spielt vom 7. bis 19. August in Hamburg. Wuchtige und temperamentvolle Inszenierung.

Sie musste einfach zurückkommen, und zwar genau hierher. Die „Titanic“, Passagierschiff mit tragischem Schicksal, war am 10. April 1912 von Southampton zu ihrer Jungfernfahrt nach New York ausgelaufen. Ihr Ziel sollte sie nie erreichen. Nach der Kollision mit einem Eisberg in der Nähe von Neufundland sank das nagelneue Schiff bekanntlich und riss etwa 1500 Menschen in den Tod. Das Drama um eine der größten Katastrophen der Seefahrt ist Gegenstand zahlreicher Bücher, Filme – und eines ­Musicals.

106 Jahre später spielte es im Mayflower Theatre in Southampton. Vom 7. bis zum 19. August macht der Musical-Dampfer nun in der Freien und Hansestadt fest, Zielhafen ist die Staatsoper Hamburg.

„Titanic“ kommt damit auch nach Hamburg zurück – das Musical lief bereits in der Spielzeit 2002/03 mehr als 300-mal in der Neuen Flora. Die Originalversion hatte 1997 am Broadway Premiere und gewann fünf der begehrten Tony Awards. Regisseur Thom Southerland hat nun aus der opulenten Broadway-Version eine schlankere Fassung destilliert. Dennoch ist das Musical eine wuchtige und temperamentvolle Inszenierung, in der die meisten Schauspieler und Sänger mehrere Rollen übernehmen. In Hamburg wird zum besseren Verständnis mit deutschen Übertiteln gearbeitet.

7,5 Millionen Pfund teure Produktion

Insgesamt 45 Beteiligte toben in der 7,5 Millionen Pfund teuren Produktion über die Bühne. In den ersten 20 Minuten werden alle Charaktere vorgestellt. Das Mayflower Theatre ist nach einem anderen berühmten Schiff benannt: Mit dem Segler „Mayflower“ brachen 1620 die Pilgerväter von Plymouth nach Amerika auf. In dem mit 2273 Plätzen drittgrößten Theater Großbritanniens wurden auch die Saaltüren für Auftritte und Abgänge der Schauspieler genutzt. Auf dem Vordach hatte ein Bühnentechniker ein fast 20 Meter langes Modell der „Titanic“ gebaut. Der Clou: Aus einem der Schornsteine konnten die Techniker Rauch aufsteigen lassen.

Bevor das Schiff havariert, haben Lady Caroline Neville (Claire Marlowe)
und Charles Clarke (Stephen Webb) noch Zeit für Zärtlichkeit
Bevor das Schiff havariert, haben Lady Caroline Neville (Claire Marlowe) und Charles Clarke (Stephen Webb) noch Zeit für Zärtlichkeit © Scott Rylander

An den Tagen vor der eigentlichen Premiere gab es jedoch Unruhe im Mayflower Theatre. Bei der ersten Voraufführung stürzte ein Brocken Gips aus dem Theaterhimmel auf die Bühne. Niemand wurde verletzt. Die ausverkaufte Vorstellung wurde aber aus Sicherheitsgründen abgebrochen. Theaterleiter Michael Ockwell schickte die Zuschauer nach Hause, den Schauspielern spendierte er Drinks. „Sie haben darin ihre Sorgen einfach ertränkt. Oh, das war jetzt wohl ein etwas unglückliches Bild.“

Vieles in der südenglischen Stadt erinnert noch heute an das legendäre Schiff und seine Besatzung. Im Andrews Park steht ein Denkmal, das den Ingenieuren des Wasserfahrzeugs gewidmet ist. Im City Council bewahrt man Listen mit den Namen der Besatzungsmitglieder auf. Und im SeaCity Museum direkt gegenüber der BBC South Studios erinnert eine Ausstellung an den Luxusliner.

Hier finden sich zahlreiche Ausrüstungsgegenstände und Erinnerungsstücke an das Schiff. Bei einer Führung hörte man die Geschichte der drei Brüder, die sich in einem Pub voneinander verabschieden wollten: Einer von ihnen hatte einen Job als Steward. Sie übertrieben diesen Abschied ein wenig, der Mann kam nicht mehr rechtzeitig an Bord. Möglicherweise rettete ihm das sein Leben, oder wie der Museumsmitarbeiter es interpretiert: „Drinking can be good for you.“

Man erfährt aber auch noch zahlreiche Details über das Schiff selbst. Seit das Linienschiff „Kaiser Wilhelm der Große“ 1897 mit vier Schornsteinen vom Stapel gelaufen war, hatte die Zahl Vier für Ingenieure eine besondere Bedeutung. So wollten es auch die Eigentümer der White Star Line aus Liverpool für ihre Neubauten „Titanic“ und das Schwesterschiff, die „Olympic“. Sie hatten beide vier Schornsteine – aber der vierte war funktionslos, eigentlich nur Dekoration, etwas für Schiffs-Poser.

Kinofilm sahen in Deutschland 18 Millionen

Nachdem das Schiff havariert war, konnten die nur 20 Rettungsboote nicht alle Menschen an Bord – 1400 Passagiere und 900 Besatzungsmitglieder – aufnehmen. Nur 711 Menschen überlebten laut dem britischen Untersuchungsbericht, davon nur ein Viertel der Besatzungsmitglieder. Frauen der Crew erging es aber besser als Frauen und insbesondere Kindern aus der dritten Klasse, die deutlich benachteiligt waren. Von den etwa 1500 Menschen, die in Folge des Unglücks starben, kamen 50 aus Southampton. Babys wurden aus den Rettungsbooten in Postsäcken an Bord der zur Hilfe geeilten „Carpathia“ ­gehievt.

Karten und Aktion

Die „Titanic“ ist zum Mythos, zum Mahnmal für die Fehlbarkeit des technologischen Fortschritts und menschliches Versagen geworden. Sie erlebte ein Comeback, als James Camerons gleichnamiger Film mit Kate Winslet und Leonardo DiCaprio in den Hauptrollen 1998 in die Kinos kam. 18 Millionen Zuschauer sahen das Drama, das elf Oscars gewann, allein in Deutschland. Beim Musical ist der Titelsong „My Heart Will Go On“, ein Welthit, gesungen von Celine Dion, übrigens nicht zu hören.

Kuriosität am Rande: Der Isländer Brynjar Karl Birgisson baute die „Titanic“ aus Legosteinen nach und brauchte dafür 700 Stunden. Das Modell besteht aus 56.000 Steinen und ist acht Meter lang. Am Tag der Southampton-Premiere des Musicals wurde bekannt, dass der junge Mann das Modell in die USA verkauft hatte. Und seine „Titanic“ ist inzwischen sogar angekommen.

Die Reise nach Southampton wurde unterstützt von der Firma BB Promotion