Hamburg. Senat beschließt erstmals Grundregeln für den Erhalt städtischer Infrastruktur, um Verfall und hohen Sanierungskosten vorzubeugen.

Das Prinzip war über Jahrzehnte immer das gleiche: Die Stadt baute eine neue Straße oder eine Brücke oder legte einen Park an, das sah dann einige Jahre schick aus. Doch irgendwann nagte der Zahn der Zeit daran. Statt in die bestehende Infrastruktur zu investieren, schaute man nicht so genau hin und baute lieber weiter neue schöne Sachen – bis gar nichts mehr ging und die verfallene Infrastruktur kollabierte oder in letzter Minute für umso mehr Geld saniert oder komplett neu errichtet werden musste.

In vielen Bundesländern und auch auf Bundesebene ist das in Teilen bis heute so. In Hamburg dagegen hat – auch auf Drängen des Landesrechnungshofs – schon vor einigen Jahren ein Umdenken eingesetzt, und das wird nun endgültig zur offiziellen Linie: „Grundsätze des Erhaltungsmanagements“ ist der etwas sperrige Titel einer Drucksache, mit der der rot-grüne Senat den Erhalt der städtischen Infrastruktur systematisch sichern will.

Gesamte Infrastruktur soll erfasst werden

„Die vielfach nach 1945 entstandene Infrastruktur kommt in die Jahre und bedarf einer systematischen Unterhaltung“, sagt Staatsrat Christoph Krupp (SPD), Chef der Senatskanzlei, und räumt ein: „Straßen, Brücken, Grün­anlagen und Gewässer wurden in den vergangenen Jahrzehnten oftmals nicht ausreichend instand gehalten.“ Doch das solle sich nun ändern: „Hamburg begegnet diesem bundesweit bekannten Sanierungsdefizit als erste Großstadt mit einem umfassenden Unterhaltungskonzept, um die Infrastruktur in einen guten Zustand zu versetzen und dauerhaft zu erhalten.“

Für Brücken, Straßen, Parks und den Bereich „Ufer, wasserwirtschaftliche Anlagen und Hochwasserschutz“ gilt ein System aus fünf Schritten. Erstens: Der gesamte Bestand und sein Zustand werden systematisch erfasst. Zweitens werden Szenarien entworfen, wie sich die Infrastruktur unter welchen Bedingungen entwickelt. Drittens wird ein Bauprogramm aufgestellt, was wann wo zu tun ist. Viertens werden konkrete Erhaltungsmaßnahmen für die gesamte Lebensdauer geplant – bei Brücken etwa 75 Jahre, bei Straßen 40 Jahre – und in der Finanzplanung entsprechend abgebildet. Schritt fünf steht für die Umsetzung der Maßnahmen.

Dabei fängt der Senat nicht bei null an: Für die Straßen wurde bereits 2013 ein Erhaltungsmanagement eingeführt, um den Verfall zu stoppen – es wird mit Hochdruck abgearbeitet, wie die vielen Baustellen in der Stadt zeigen. Auch für die Bereiche Brücken und Gewässer ist so ein System in Arbeit.

Aufwand noch ungewiss

Wie groß der zusätzliche finanzielle Aufwand sein wird, lässt sich naturgemäß erst sagen, wenn der Bestand im Detail erfasst ist. Aber der Senat hat bereits ein paar Hausnummern aufgelistet. Demnach geht es um eine Brückenfläche von 318.000 Quadratmetern, die für umgerechnet 544 Millionen Euro hergestellt wurden.

Zuletzt lag der Wert jedoch nur noch bei knapp 290 Millionen Euro. Hamburg ist eines von ganz wenigen Bundesländern, die diesen Wertverlust in Form von Abschreibungen im Haushalt abbilden – diese 7,2 Millionen Euro müssten theoretisch jedes Jahr investiert werden, um zumindest den Wertverfall zu stoppen. Darüber hinaus wären Unterhaltungsmaßnahmen von gut 5,4 Millionen Euro nötig.

Im Bereich Straßen geht es um eine Fläche von sechs Millionen Quadratmetern. Ihr Wert ist von einst 3,8 Milliarden auf zuletzt 1,14 Milliarden Euro gefallen. Nötig wären Investitionen von 96 Millionen und Unterhaltungsmaßnahmen von 57 Millionen Euro jährlich.

Gebäude sind außen vor

Bei den Grünanlagen, Parks und Spielplätzen geht es um 32 Millionen Quadratmeter, die einmal für 1,6 Milliarden Euro hergestellt wurden und nur noch 311 Millionen wert sind. Hier sind Investitionen von jährlich elf Millionen und Unterhaltungsmaßnahmen von knapp 19 Millionen Euro anzusetzen. Im Bereich „Ufer, wasserwirtschaftliche Anlagen und Hochwasserschutz“ sind keine Fläche angegeben. Der Wert ist von 3,1 auf 0,9 Milliarden Euro gefallen. Nötig sind Investitionen von 28 Millionen Euro, und in den Unterhalt müssten mehr als 47 Millionen gesteckt werden.

Alles in allem geht es also um rund 270 Millionen Euro, die Hamburg jedes Jahr in seine Infrastruktur stecken müsste – wobei der Erhalt der zigtausend Gebäude gar nicht berücksichtigt ist. Wie berichtet, wird der fast ausschließlich über Mieter-Vermieter-Modelle gewährleistet, in dem städtische Immobilienfirmen Gebäude errichten und unterhalten und die Nutzer – etwa die Schulbehörde – sie nur mieten.

Von den 270 Millionen Euro muss die Stadt auch nur einen Teil zusätzlich aufbringen, denn Abschreibungen und gewisse Mittel für Unterhalt und Sanierung sind auch jetzt schon im Haushalt veranschlagt. Klar ist aber: Um die städtische Infrastruktur dauerhaft und systematisch zu erhalten, wird künftig deutlich mehr Geld fließen müssen.