Hamburg. Jana Henschel hat ein Buch über moderne Schrebergärtnerinnen geschrieben. Die neue Generation Laubenpieper mag es trendig.
Das kleine Paradies liegt in Stellingen. In ihrem Schrebergarten mit der blauen Holzlaube und der weißen Holzbank davor wachsen Himbeersträucher und Mangold, und die dicken Zucchini warten darauf, geerntet zu werden. Dann gibt es wieder tagelang Zucchini-Creme-Suppe, und ihr Mann wird die nicht mögen. Ihre eigene Parzelle hat die Journalistin und Autorin Jana Henschel auf die Idee gebracht, mit der Fotografin Ulrike Schacht 20 Schrebergärtnerinnen in Hamburg, in anderen Teilen Deutschlands, der Schweiz und Österreich aufzusuchen und deren Träume von der eigenen Laube vorzustellen. Herausgekommen ist der Bildband „Garden Girls“.
Gartenlauben müssen nicht muffig riechen, kalt und dunkel sein. Eiche rustikal ist von gestern. Die Häuschen von heute können Oasen sein, gemütlich und liebevoll gestaltet. Und Laubenpieper sind schon lange keine spießigen Opas mehr, und rein männlich sind sie schon gar nicht. Sie sind Großstädterinnen, wie Sandra Koch, Eventmanagerin aus Bielefeld, die sagt: „Hier vergesse ich sogar mein Handy.“ Auch die Fotografin Simone Fürst aus Braunschweig ist eine moderne Kleingärtnerin: „Für mich ist der Dreck unter den Fingernägeln viel schöner als Nagellack.“ Die Gartenlaube als Lebensgefühl.
Laube im Shabby Chic, Nordic Style oder Industrial Design
Wie bei Architektin Marie Himmel aus Groß Borstel, die sagt: „Nach der Arbeit, wenn die Sonne hinter dem Kirschbaum versinkt, sitze ich am liebsten barfuß auf der Holzbank am Gemüsebeet.“ Marie Himmel hat eine Vorzeige-Laube wie aus dem Bilderbuch, über die sie in ihrem Blog www.fraumeise.de schreibt: eine Perle im nordischen Stil mit grau-weißem Holz, blaugrauer Wand. Die Gartenlauben der Garden Girls kommen im Shabby Chic daher, im Nordic Style oder Industrial Design. Farbkonzepte für Gartenlauben: So tickt die neue Schreber-Generation.
Beispiel Anka Rehbock aus Lübeck. Als Interior-Stylistin hat sie ohnehin ein Händchen für Einrichtung. Dieses Talent kommt auch ihrer Laube und ihrem Garten zugute. Weißes Holz, schwarze Küche, viel Liebe zum Detail, und schon ist die Gartenlaube mehr als das – sie wird zum Ferienhäuschen und der Traum vom Mini-Eigenheim wahr. Doch die Garden Girls können mehr als schöne Lauben. Sie geben Tipps, wie sich mit wenigen Handgriffen und Material kostengünstig Lauben und Gärten verschönern lassen, wie aus eigener Ernte tolle Limonaden gemacht werden, Kuchen, Salate oder Marmeladen. Inspiration pur. Auch für die Autorin.
„Ich habe gelernt, dass manche Schrebergärtnerinnen teure englische Wandfarbe für ihre Lauben nehmen, die sich die meisten noch nicht einmal für die eigene Wohnung gönnen“, sagt Jana Henschel in unverkennbarer Berlin-Brandenburgischer Mundart und lacht. Das Berlinerische, sagt sie, komme immer dann durch, wenn sie entspannt ist. Und an diesem sonnigen Nachmittag in ihrer Garten-Idylle ist sie das. Auf dem Tisch steht selbst gebackener Aprikosenkuchen. Um das Hochbeet kann sie sich später kümmern.
Akkurate Rasenkanten und gestutzte Hecken sind egal
Vier Monate lang sind die 46-Jährige und Fotografin Ulrike Schacht im vergangenen Jahr jedes Wochenende zu den Schrebergarten-Frauen gefahren. Hauptberuflich Redakteurin bei der Frauenzeitschrift „Bild der Frau“, ging für die Recherche zu dem Buch viel Freizeit drauf. Angenehm war es trotzdem: Überall gab es Leckeres zu essen, selbst gemachte Limonade oder Marmeladen und tolle Begegnungen. Jana Henschel mag diese schönen Dinge des Lebens als Thema. Ihr erster Bildband, den sie mit Kollegin Meike Werkmeister verfasst hat, „Sugar Girls“, handelte von Frauen mit besonderen Cafés.
Und wie ist sie die neue Schrebergarten-Generation? Denen seien akkurate Rasenkanten und ordentlich gestutzte Hecken egal. „Die neue Kleingartengeneration ist weiblich.“ Sie seien es, die den Anstoß in der Familie geben, eine Parzelle zu pachten. Das war bei ihr genauso. „Mein Mann war skeptisch und hat nur an die viele Gartenarbeit gedacht.“ Heute, vier Jahre später, „ist er scharf auf unsere Feuerschale abends. Wenn er mit einem Bier auf der Gartenbank sitzt und die Amsel singt, dann sind wir glücklich.“
Der Garten sei eine Parallelwelt, in der sie abschalten kann. Ja, Arbeit mache er auch. Ein- bis zweimal die Woche muss das Grün gepflegt werden. Einmal, erzählt sie, ist sie in ihrer Mittagspause aus der Innenstadt in den Garten gefahren, nur um wenigstens
20 Minuten auf der Holzbank zu sitzen. Die Laube: Ein Stück Paradies und ein Stück Freiheit.