Hamburg. Andere geben Konzerte, der Schlager-Superstar veranstaltet Sensationen. 70.000 euphorisierte Fans werden im Volkspark erwartet.

Kürzlich saß Helene ­Fischer im Tourbus auf der Autobahn, als sie einem anderen Tourbus auf der Gegenspur zuwinkte – in dem saß auch Helene Fischer. Stimmt natürlich nicht, doch diese Fantasie kommt nicht von ungefähr: Deutschlands populärster Schlagerstar hatte erst im September 2017 die Barclaycard Arena fünfmal ausverkauft, nun kommt sie an diesem Sonnabend und Sonntag zurück nach Hamburg und tritt im Volksparkstadion auf, wo sie zuletzt 2015 zu erleben war.

Eigentlich könnten Helene Fischer und ihr Tross in jeder Großstadt eine eigene Arena bauen und regelmäßig ­bespielen. Dann müssten nicht 65 Trucks und fünf Busse beladen werden, um 1500 Tonnen Material 5000 Kilometer weit quer durch Deutschland, Österreich und die Schweiz zu karren, zu 14 Stadionkonzerten in zwölf Städten. 110 Crewmitglieder legen gerade letzte Hand an die 60 Meter breite, 30 Meter hohe und 55 Meter tiefe, über zwei Etagen gehende Bühne, an 1100 Quadratmeter LED-Leinwände und 750 Scheinwerfer. 75 Kilometer Kabel wurden verlegt, 200 Kilogramm Konfetti und eine halbe Tonne Pyroeffekte aus den Trucks ­gewuchtet. Vier Generatoren liefern für das Spektakel eine Strommenge, die den sprichwörtlichen Bedarf einer Kleinstadt ­decken könnte.

Bühnenarchitekten arbeiten auch für die Stones

Das sind Dimensionen von Format. Die Showarchitekten von Stufish Entertainment entwarfen bereits die Bühne für die „No Filter Tour“ der Rolling Stones, die im vergangenen September im Hamburger Stadtpark gestartet war. Auch Beyoncé und Jay-Z, U2 und die Olympischen Spiele 2008 in Peking stehen in den Firmenreferenzen.

Erwartet werden insgesamt 70.000 Fans zu den Konzerten in Hamburg. Für den Sonnabend gibt es nur noch eine Handvoll Restkarten, für Sonntag sind noch einige Hundert ­Tickets zu haben – das um 17 Uhr beginnende WM-Finale hat die sonst so atemlos zu den Vorverkaufsstellen hastenden „Helene-Fischer-Ultras“ (ein populärer T-Shirt-Spruch) zögern lassen. Aber nun ist Deutschland ja nicht dabei; Frankreich und Kroatien spielen in ­Fischers Geburtsland um den Weltpokal. Konzertgäste können das Spiel von 17 Uhr an im Stadion (Einlass: 16 Uhr) auf den Großbildleinwänden verfolgen, bevor mit Ben Zucker um 19.30 Uhr der nächste kommende Schlager-Popstar als Vorprogramm loslegt. Helene wird gegen 20.30 Uhr die Bühne betreten.

Nicht nur am Sonntag, auch am Sonnabend sollten sich die Fans zeitig auf den Weg machen, am besten mit ­öffentlichen Verkehrsmitteln. Denn durch Schlagermove und Triathlon ist die Innenstadt praktisch dicht. Außerdem sind umfangreiche Einlasskontrollen am Volksparkstadion angekündigt. Das Mitführen von Taschen und Rucksäcken ist nicht erlaubt, Sammelstände sind eingerichtet. Bauchtaschen, Brustbeutel und Handtaschen bis zur Größe eines DIN-A4-Blatts sind in Ordnung, Portemonnaies, Schlüsselbunde und Mobiltelefone ebenfalls.

Helene & Hamburg

Da 55.000 Fans im vergangenen Jahr bereits die fünf Hallenkonzerte gesehen haben, wurde für das Stadion ein neues Programm zusammengestellt. Und eine neue Garderobe, natürlich. Wer in seinem Leben noch nie Jeans-Overknee­stiefel gesehen hat – bitte schön. Wir wollen nicht alle Überraschungen vorwegnehmen, aber das Stichwort „Papamobil“ macht schon neugierig, oder? Und bestand die Setlist im Vorjahr ausschließlich aus Helene-Hits, so sind an diesem Wochenende auch berühmte – und berüchtigte – Melodien anderer Künstler dabei. Snap!, Westernhagen und andere. Drei sind eine Party, 70.000 sind eine „Achterbahn“ der Gefühle, „Atemlos“ spielt sie „Sowieso“.

Es gibt viele „Helene-Fischer-Ultras“

Schlagerfans mit genug Zeit und einem Talent für Organisation, Logistik und Navigation können im Prinzip den Schlager-„Marathon“ schaffen: Am Sonnabend mit den Schlagertrucks die Reeperbahn entlangzockeln und dann weiter zu Helene ­Fischer. Nach dem Konzert zurück zum Heiligengeistfeld zu den Aftermove-Partys. Dort die Nacht durchmachen und mit Helenes „Die Hölle morgen früh“ auf den Lippen am Sonntag erneut in den Volkspark.

Das ist natürlich Wahnsinn, aber nicht wenige „Helene-Fischer-Ultras“ machen ja auch jedes Auswärtsspiel ihrer Lieblingssängerin mit. Und davon gibt es noch einige: Nach Hamburg geht es nach Hannover, Frankfurt und Stuttgart, und im Spätsommer holt sie ihre verschobenen Hallenkonzerte in Mannheim und Berlin nach. Am 15. September schlägt sie außerdem zum ersten Mal die Brücke in die Niederlande und spielt im Stadion GelreDome in Arnheim. Passt: Die niederländische Sängerin Marie-José van der Kolk, besser bekannt als Loona, hatte sich bereits 2014 an eine Coverversion von „Atemlos“ gewagt – ohne größer aufzufallen. „Ademloos door de Nacht“ klingt allerdings auch wie Schlagermove-Karaoke nach (mehr als) einem Bier zu viel.