Hamburg. Bürgermeister besucht Haus mit Tagespflege und Demenz-Wohngemeinschaft in Dulsberg. Seit 2016 fördert die Stadt solche Einrichtungen.
Raucher haben keine Chance. Passionierte Kartenspieler kommen schon besser an. Vor allem aber müssen Bewerber der Senioren-Hausgemeinschaft im Haus am Kanal in Dulsberg sympathisch sein, um eine freie Wohnung zu bekommen. Darauf ist Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) zwar nicht angewiesen, aber der 52-Jährige schnackt im Gespräch mit den Senioren munter drauflos. „Was spielen Sie denn so?“, will er wissen.
Es geht um Skat und Mau-Mau, dann aber auch um die Gründe, warum die Bewohner sich für dieses Lebensmodell entschieden haben: Mal spielte Einsamkeit eine Rolle, mal war die alte Wohnung nach dem Tod des Partners zu groß geworden. Anderen fehlte in ihrer früheren Bleibe ein Fahrstuhl, erfährt Tschentscher an diesem Dienstagnachmittag. „Das sind Geschichten, die man jeden Tag in Hamburg hört, sagt er später.
Stadt fördert Einrichtungen mit 3,5 Millionen
Altersgerechte Wohnungen gehören für Hamburgs Bürgermeister zu den drängendsten Themen in der Stadt. Um für sein Anliegen zu werben, besichtigt Tschentscher in den kommenden zwei Wochen mit Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) drei Senioreneinrichtungen, die als vorbildlich gelten.
In dem 2004 eröffneten Haus am Kanal sollen ältere Menschen ihren Alltag selbst organisieren, zugleich aber ein Gemeinschaftsgefühl und Sicherheit genießen können. Das Haus verfügt über eine Tagespflegeeinrichtung. Zudem ist dort eine Wohngemeinschaft für Menschen mit Demenz untergebracht.
Seit 2016 fördert die Stadt solche Einrichtungen mit einem Programm, für das 3,5 Millionen Euro bereitstehen. Bisher gibt es aber nur 37 selbst organisierte Pflege-Wohngemeinschaften mit 660 Plätzen in Hamburg. Dem stehen 127 klassische Pflegeheime mit 18.000 Plätzen gegenüber.
Mehr Wahlmöglichkeiten schaffen
Prüfer-Storcks möchte mehr Wahlmöglichkeiten für ältere Menschen schaffen. Tschentscher sagt, er könne das aber nicht „vom Rathaus aus anordnen“. „Wir brauchen auch Investoren, Stadtplaner, Mitarbeiter in den Bezirken und viele andere Menschen, um gute Projekte umzusetzen.“
Im Erdgeschoss des Hauses am Kanal hören Senioren gerade Heidi Kabels „In Hamburg sagt man Tschüss“, als der Bürgermeister vorbeischaut; im ersten Stock macht die Demenz-WG Kraftübungen; im zweiten Stock muss sich Tschentscher nach dem Smalltalk über Skat von der Hausgemeinschaft nun auch Klagen über verletzungsträchtige Löcher vor dem Haus anhören. „Wehe, das wird jetzt nicht erledigt mit dem Loch“, sagt Prüfer-Storcks im Treppenhaus. „Ja, darauf müssen wir achten“, sagt Tschentscher. Er hat den Senioren eine Visitenkarte dagelassen.