Hamburg. Langzeitstudie über Car2go-Nutzung veröffentlicht. Linke kritisiert Senatspolitik. Eine Gruppe benutzt Carshring besonders gern.

Vor rund zehn Jahren setzte der schwarz-grüne Senat viele Hoffnungen in die Einführung des Car-sharings in Hamburg. Eine davon hat sich ganz offensichtlich nicht erfüllt: Die Zahl der in Hamburg gemeldeten privaten Pkw ist nicht gesunken, im Gegenteil: Sie steigt von Jahr zu Jahr auf neue Höchststände. Jetzt hat der Senat eine Langzeituntersuchung über Nutzung und Nutzer des Sharingangebots „car2go“ im Transparenzportal der Stadt veröffentlicht. Dabei kommen die Autoren immerhin zu dem Schluss, dass das Angebot den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) nicht „kannibalisiert“, sprich: Car2go führe nicht dazu, dass die Hamburger mehr Auto und dafür weniger Bus und Bahn fahren.

Die größte Nutzergruppe des Car2go-Angebots sind laut Untersuchungen jüngere Männer mit guter Ausbildung, Vollzeitbeschäftigung und überdurchschnittlichem Einkommen. Sie besitzen seltener eigene Autos als der Durchschnitt der Hamburger. „Die Kunden von Car2go sind offensichtlich mit dem ÖPNV-Angebot des HVV zufrieden und schätzen, dass sie während der Fahrt mit dem ÖPNV die Zeit für andere Dinge nutzen können“, schreiben die Autoren. „Demgegenüber besitzt das eigene Auto offensichtlich keine so große Bedeutung wie für den Durchschnitt der Gesamtbevölkerung. Nur etwas mehr als jede vierte befragte Person gab an, dass, ein eigenes Auto zu besitzen, ,heute einfach [zum Leben] dazugehört‘.“

Linke sieht Schwächen der Studie

In einer Antwort auf eine Anfrage der Linken-Verkehrspolitikerin Heike Sudmann räumt der Senat allerdings ein, dass die Studie keinen Schluss zulasse, wie sich das Car-Sharing-Angebot auf den privaten Pkw-Besitz auswirke. Unklar bleibt auch, ob es durch solche Angebote insgesamt zu weniger oder sogar zu mehr Autoverkehr in Städten kommt. Das sieht auch die Linken-Abgeordnete als Schwäche der Studie. So sei in Hamburg, anders als in München, nicht untersucht worden, ob Nutzer im Gegenzug den eigenen Pkw abgeschafft hätten. In München hätte sich gezeigt, dass Nutzer von Car2go jährlich sogar mehr Kilometer mit dem Auto führen als die Münchner im Durchschnitt.

Sudmann kritisiert überdies die enge Kooperation mit der Autoindustrie. In seiner Antwort schreibt der Senat nämlich: „Der über eCarsharing mögliche einfache Zugang zur Elektromobilitätstechnologie kann die Marktdurchdringung mit Elektrofahrzeugen beschleunigen.“ Daher habe die Stadt „2017 jeweils mit den Mutterkonzernen der Carsharing-Anbieter Car2go (Daimler AG) und DriveNow (BMW AG) eine Vereinbarung (Memorandum of Understanding) unterzeichnet. Darin verpflichten sich die Unternehmen zur weitgehenden Elektrifizierung ihrer Carsharing-Flotte, während die Freie und Hansestadt Hamburg den Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge vorantreibt.“

Ziel sollte weniger Autoverkehr sein

Das sei der falsche Ansatz, findet Linkenpolitikerin Sudmann. „Statt die Marktdurchdringung und damit den Umsatz von Daimler und BMW mit privaten E-Autos zu fördern, sollte der Senat sich auf die Reduzierung des Autoverkehrs konzentrieren.“ Es sei überdies „kein Wunder“, dass der Senat die Car2go-Studie „bisher unter Verschluss gehalten hat“, so Sudmann. „Die tollen Effekte von Car2go sind nicht nachweisbar. Wichtige Fragen wie: ,Wurde wegen Car2go das eigene Auto abgeschafft?’, ‘Wurde nur auf die Anschaffung des Zweit- oder Dritt-Pkw verzichtet?’ oder ,Wurden insgesamt weniger Kilometer mit dem Auto gefahren?‘ scheinen den Senat nicht zu interessieren.“