Hamburg. Gut für die Luft, schlecht fürs Klima? Neue Studie kommt zum Schluss, dass Klimaschutzziele mit LNG nicht erreicht werden können.

Es klingt zunächst widersprüchlich: Schiffe, die mit Flüssiggas (LNG) statt Schweröl oder Diesel angetrieben werden, sind gut für die Luft – aber schlecht für das Klima. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie der britischen UMAS (University Maritime Advisory Services). Die bisher von der EU investierten 250 Millionen US-Dollar seien aus Klimaschutzsicht eine "Sackgasse", so die Forscher bei der Vorstellung der Studie.

"Kurzfristige Verbesserungen bei der Luftreinhaltung" würden "mit dem Verbleib in einer Infrastruktur für fossile Brennstoffe auf Jahrzehnte hinaus erkauft", so heißt es weiter. Zudem sei es sogar denkbar, dass der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase durch LNG-Antriebe steigen könnte. Domagoj Baresic, Hauptautor der Studie, warnt vor großflächigen weiteren Investitionen in Flüssiggas: "Es ist unklar, wie groß die Nachfrage nach LNG in den kommenden zehn Jahren sein wird." Angesichts der Klimabilanz von LNG sei "klar, dass es nur eine vorübergehende Rolle im Übergang der Schifffahrt zu einer kohlenstoffarmen Zukunft spielen kann".

Nabu fordert erneuerbare statt fossiler Energien

Auch Dietmar Oeliger, Leiter Verkehrspolitik beim Naturschutzbund Nabu, sagt, dass LNG zwar definitive Vorteile im Vergleich zu konventionellen Schiffsantrieben habe: "Der Ausstoß von Stickstoff-, Schwefeloxiden und Feinstaub ist deutlich niedriger. Aber die Klimaschutzziele, die die Internationale Seeschifffahrts-Organisation IMO kürzlich verabschiedet haben, lassen sich so nicht erreichen." Die IMO will den Ausstoß von klimaschädlichen Gasen bis zum Jahr 2050 um die Hälfte reduzieren.

Nur bei einer mittelfristigen Loslösung von fossilen Antrieben könnten die IMO- und die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens eingehalten werden, so der Nabu. Vor dem Effekt, dass EU-subventionierte Investitionen in LNG zu einem so genannten "lock-in-Effekt" führen können, warnt auch der Nabu. Wenn die Infrastruktur für Flüssiggas erst einmal aufgebaut sei, würde sie schon aus Kostengründen auch benutzt werden. Stattdessen müsse man, so Oeliger weiter, den nächsten Schritt, die Umstellung auf erneuerbare Energien, bei Investitionen sofort mitdenken: "Es gibt einen ganzen Blumenstrauß verschiedener Möglichkeiten, den Ausstoß von Treibhausgasen zu senken – und wir werden sie alle benötigen."

Interessenverband warnt vor vorschneller Abkehr

Die Maritime LNG Plattform, ein Zusammenschluss von Unternehmen, Häfen und Verbänden mit Sitz in Hamburg und Berlin, der sich zum Ziel gesetzt hat, Flüssiggas als Schiffsantrieb zu etablieren, warnt auf Abendblatt-Anfrage davor, "die Entscheidung der Politik, LNG zu fördern und die zunehmende Bereitschaft der Reeder, auf umweltfreundliches LNG zu setzen", in Frage zu stellen. Die in der Studie aufgestellte These, ein Wechsel auf Flüssiggas-Antriebe würde den Ausstoß von Treibhausgasen nicht verringern, sei nicht haltbar: Moderne Motoren könnten eine Reduktion des CO2-Ausstoßes zwischen fünf und 30 Prozent bewirken.

Georg Ehrmann, Geschäftsführer der Plattform, sagt, man teile die Auffassung der Forscher, dass die ambitionierten Klimaziele allein mit konventionell gewonnenem Flüssiggas nicht zu erreichen sind, weist aber darauf hin, dass sich das durch den Einsatz von Bio-LNG ändern werde. Würde dieses synthetisch hergestellte Flüssiggas (man spricht dabei von Brennstoffen, die im "power to x"-Verfahren hergestellt werden) konventionellem zugemischt, ließen sich große Mengen CO2 einsparen. "Die power-to-x-Technologie ist mittlerweile so weit entwickelt, dass beispielsweise durch ein solches Kraftwerk im Hamburger Hafen der gesamte Landstrombedarf mit Bio-LNG abgedeckt werden könnte. Auch bietet power-to-x die Chance, überschüssige Windenergie in Bio LNG umzuwandeln."

LNG sei zukunftssicher und umweltfreundlich

Die LNG-Infrastruktur sei darüber hinaus – anders als in der Studie dargestellt – nicht auf fossile Brennstoffe beschränkt, sagt Ehrmann: "Für den Fall, dass sich die Wasserstofftechnologie auch für den Einsatz in der Schifffahrt weiterentwickelt – Experten gehen davon aus, dass dies in 20 bis 30 Jahren der Fall sein wird – dann kann die LNG-Infrastruktur auch für Wasserstoff genutzt werden."

Flüssiggasantriebe böten bereits jetzt die Chance, "die Schifffahrt sauberer zu machen", so Ehrmann weiter. Gerade in Küstenstädten gehe es nicht um kurzfristige Verbesserungen bei der Luftreinhaltung durch die Reduktion von Stickstoff-, Schwefeloxiden und Feinstaub: "Die Gesundheit der Menschen in den Küstenregionen ist ein nachhaltiges und erstrebenswertes sowie langfristig wirkendes Ziel."