Hamburg . 52-Jähriger hatte Ende 2017 einen Sprengsatz auf dem Bahnsteig explodieren lassen. Er habe Leute nur erschrecken wollen.
Mit einem Teilgeständnis des Angeklagten hat am Mittwoch der Prozess um eine Explosion kurz vor Weihnachten auf dem S-Bahnhof Hamburg-Veddel begonnen. „Es stimmt, dass ich die beiden Polenböller auf dem S-Bahnsteig Veddel gezündet habe“, sagte der 52-Jährige in einer Erklärung, die sein Verteidiger vor der Strafkammer am Landgericht verlas. Er habe Leute erschrecken, aber nicht verletzen wollen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Deutschen ohne festen Wohnsitz versuchten Mord, Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion, gefährliche Körperverletzung und gemeinschädliche Sachbeschädigung vor.
Er soll am 17. Dezember vergangenen Jahres eine Plastiktüte mit 73 Montageschrauben und zwei pyrotechnischen Sprengkörpern auf dem Bahnsteig abgestellt und nach dem Einfahren einer S-Bahn gezündet haben. Den Angaben zufolge entstand eine zwei Meter hohe Stichflamme. Der Feuerball habe einen Passanten nur knapp verfehlt. Ein Fahrgast im Türbereich der S-Bahn erlitt ein Knalltrauma. Die Druckwelle habe die Schrauben wie Geschosse in einem Umkreis von vier Metern umherfliegen lassen. Die Scheibe eines Windschutzes ging dabei zu Bruch.
Angeklagter als Skinhead vor über 25 Jahren wegen Totschlags verurteilt
Der Verteidiger kritisierte Medienberichte über eine mögliche rechtsextremistische Motivation seines Mandanten. Der Angeklagte sei zwar als Skinhead vor über 25 Jahren wegen Totschlags zu achteinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Er habe aber seit vielen Jahren keinen Kontakt mehr zur rechtsextremistischen Szene. Dass die Staatsanwaltschaft Berichte über die frühere Verurteilung bestätigt habe, sei unverantwortlich.
Demnach hatte es das Landgericht Stade 1992 als erwiesen angesehen, dass der Mann und ein Mittäter einen 53-jährigen Kapitän auf dem Busbahnhof von Buxtehude im Streit so brutal zusammengeschlagen hatten, dass er drei Tage später im Krankenhaus starb.
Verteidiger beantragt Aussetzung des Prozesses und Aufhebung des Haftbefehls
Von großer Bedeutung im jetzigen Prozess ist die Frage, wie gefährlich die Explosion der beiden Böller und die von der Druckwelle umhergeschleuderten Schrauben waren. Einen Gutachter konnte das Gericht innerhalb der angesetzten Verhandlungstermine bis August nicht finden. Der Verteidiger beantragte darum die Aussetzung des Prozesses und die Aufhebung des Haftbefehls. Mit der Verzögerung verstoße das Gericht gegen das Beschleunigungsgebot, da sein Mandant bereits seit über fünf Monaten in Untersuchungshaft sitze, argumentierte der Anwalt. Ein dringender Tatverdacht wegen versuchten Mordes sei nicht gegeben. Es sei keine Splitterbombe explodiert, die Schrauben seien nicht vorsätzlich verwendet worden.
In der Erklärung des Angeklagten hatte es geheißen, er habe die beiden Böller in einer Plastiktüte von einem Bekannten namens La Bomba geschenkt bekommen. Von den Schrauben habe er nichts bemerkt. Eigentlich habe er an jenem Adventssonntag zu einem geöffneten Discounter fahren wollen, um gesammeltes Leergut abzugeben. Er sei aber in der S-Bahn eingeschlafen und dann in Richtung Harburg zurückgefahren. Auf der Veddel habe er sich spontan entschlossen, die Böller zu zünden, weil er keine Lust hatte, die Tüte weiterzuschleppen.
Das Gericht wollte noch am Mittwoch über den Aussetzungsantrag der Verteidigung entscheiden.