Hamburg. Diese Fraktionen haben verhindert, dass die Hamburger Abgeordneten ihre Sitzung für die WM-Partie gegen Südkorea unterbrechen.
Darf ich während der Arbeitszeit Fußball gucken? Diese Frage stellen sich viele Fans vor dem entscheidenden dritten Vorrundenspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen Südkorea – denn das wird zu einer arbeitnehmerunfreundlichen Zeit am Mittwoch um 16 Uhr angepfiffen.
Selbst im Hamburger Rathaus hat es um diese Frage eine Auseinandersetzung gegeben – denn an diesem Mittwochnachmittag tagt von 13.30 Uhr an die Bürgerschaft, und das zieht sich in aller Regel bis in die Abendstunden hin. Abgeordnete von SPD, Grünen und CDU hatten daher mehrere Versuche unternommen, Politik und Fußball unter einen Hut zu bringen. Nachdem die Idee, die Sitzung auf einen anderen Tag zu verlegen, schnell verworfen worden war, blieb letztlich der Vorschlag, die Debatten für eine Stunde zu unterbrechen, um wenigstens noch die zweite Halbzeit verfolgen zu können. Doch Linke, AfD und FDP ließen im Ältestenrat, der über Tagesordnung und Ablauf der Sitzung entscheidet, nicht mit sich reden – und gegen das Votum der „kleinen“ Parteien wollte die Mehrheit die Spielregeln nicht ändern.
Für die FDP kommt Unterbrechung nicht in Frage
„Die Bürgerschaft befasst sich ja schon seit Monaten in verschiedenen Gremien mit dieser Frage – fast mehr, als sie sich mit dem HSH-Verkauf befasst hat“, heißt es dazu etwas genervt aus der Linkspartei. Eine Sitzung des Landesparlaments sei immer noch wichtiger als ein Vorrundenspiel. Außerdem stelle sich doch die Frage, „bei welchen Gelegenheiten dann als nächstes Sitzungen unterbrochen, verschoben oder abgesagt würden“. Im übrigen gelte: „Normale Arbeitnehmer können auch nicht einfach so beschließen, jetzt mal Fußball-Pause zum machen – warum sollten das die Abgeordneten?“
Fast gleichlautend das Argument der AfD: „Viele Menschen können ebenfalls nicht einfach ihre Arbeit niederlegen und Fußball schauen. Die Abgeordneten sollten da keine Ausnahme bilden.“ So einig sind sich der linke und der rechte Rand des Plenums selten. Doch auch die FDP zieht mit an diesem Strang. „Auch in unserer Fraktion sitzen passionierte Fußball-Fans, die unserer Nationalmannschaft für die WM die Daumen drücken“, sagte Fraktions-Vize Daniel Oetzel. „Wegen eines Gruppenspiels die Bürgerschaftssitzung zu verschieben oder zu unterbrechen, kam für uns aber nicht in Frage.“ Parlamentarier hätten die Pflicht und Aufgabe, sich auch an diesem Mittwoch ernsthaft mit den politischen Themen zu befassen.
SPD zeigt sich enttäuscht über die Entscheidung
Aus der CDU hieß es hingegen: „Wir hätten einen Kompromiss unterstützt, bei dem die Sitzung für die Dauer der zweiten Halbzeit unterbrochen worden wäre.“ Aber „ausdrücklich nur unterbrochen“, die Sitzungszeit wäre natürlich nachzuholen gewesen.
Bei den Sozialdemokraten machte man keinen Hehl aus der Enttäuschung über die Entscheidung: „Wir haben uns als SPD-Fraktion dafür ausgesprochen, gemeinsam mit den anderen Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft der deutschen Mannschaft die Daumen zu drücken. Etwas, was in vielen Unternehmen passiert“, sagte Fraktionschef Dirk Kienscherf. „Es ist schade, dass sich jetzt drei Fraktionen gegen das verbindende Element des Fußballs entschieden haben, zumal es lediglich um eine 45-minütige Pause während der zweiten Halbzeit ging und wir selbstverständlich nachgearbeitet hätten.“ Er befürchte, dass die Redner nun während des Spiels „nicht die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen“.
Grüne: "Es ist kein Beinbruch"
Anjes Tjarks, Fraktionschef der Grünen, nahm es sportlich: „Wir hätten nichts gegen eine Unterbrechung der Sitzung gehabt. Allerdings war es uns wichtig, dass dies von allen Fraktionen mitgetragen wird. Es ist aber auch kein Beinbruch, dass wir nun – wie viele andere auch – während des Spiels arbeiten.“ Denn klar sei immer: „Die parlamentarische Arbeit, die Demokratie, wird und darf nicht wegen eines Fußballspiels zu kurz kommen.“
Und so werden die 121 Abgeordneten nun statt über die Defensivarbeit von Hummels & Co über die „Stärkung der Hamburger Clubszene“ debattieren, statt Kroos’ Schusstechnik werden „Eingriffe in die digitale Interaktion“ analysiert.