Hamburg. Anstieg der Unfälle um 43 Prozent zwischen 2011 und 2017. CDU fordert Gratis-HVV-Jahreskarte für Hamburger ab 70.

Ältere Autofahrer bringen sich und andere Verkehrsteilnehmer in Hamburg immer häufiger in Gefahr. In keiner Altersgruppe fiel der Anstieg der Unfallzahlen seit 2011 stärker aus als bei denen, die 75 Jahre oder älter sind. Das ergibt sich aus neuen Zahlen des Senats, die dem Abendblatt exklusiv vorliegen. Demnach stieg die Zahl der von dieser ältesten Gruppe der Autofahrer verursachten Unfälle von 2332 im Jahr 2011 auf 3343 im Jahr 2017. Das entspricht einer Zunahme von 43 Prozent. In keiner anderen Gruppe fiel der Anstieg so drastisch aus.

Zum Vergleich: In vielen anderen Altersgruppen gingen die Unfallzahlen zurück. So verursachten junge Autofahrer (18–24 Jahre) mit insgesamt 5516 im vergangenen weniger Unfälle als 2011, ebenso wie die 35- bis 44-Jährigen und die 65- bis 74-Jährigen. Die meisten Unfälle wurden nach den Daten, die der CDU-Verkehrspolitiker Dennis Thering in einer Kleinen Anfrage ermittelte, in der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen gezählt (8916). Der Anstieg der Unfallzahlen lag in dieser Gruppe bei lediglich 1,8 Prozent gegenüber 2011. Die zweitgrößte Zunahme nach den Autofahrern ab 75 Jahren zeigen die Zahlen bei den 55- bis 64-Jährigen. Verursachten sie 2011 noch 4648 Unfälle, waren es 2017 bereits 5423 – eine Zunahme von 17 Prozent.

"Der Anstieg ist besorgniserregend"

Zusammengefasst heißt das: Die ältesten Autofahrer verschulden zwar in absoluten Zahlen die wenigsten Unfälle. In ihrer Gruppe steigen die Unfallzahlen aber drastisch an, mithin: Hier nehmen die Probleme offenbar deutlich zu. Das belegt auch eine weitere Statistikzahl, die „Unfälle je 1000 gemeldeter Personen“. Sie hat den Vorteil, dass sie auch die demografische Entwicklung berücksichtigt. Hier zeigt sich zwar, dass die jüngsten Autofahrer am meisten Unfälle verursachen: 38,39 von 1000 der 18- bis 24-Jährigen verschuldeten im Jahr 2016 einen Unfall. Von 1000 Autofahrern, die 75 oder älter waren, sind im Jahr 2016 dagegen nur 18,66 für Blech- oder Personenschäden auf Hamburgs Straßen verantwortlich gewesen. Aber auch hier zeigt sich der stärkste Anstieg bei den Ältesten. Denn 2011 lag die Zahl der von ihnen provozierten Unfälle pro 1000 noch bei 15,67.

Dennis Thering, Verkehrspolitiker der CDU
Dennis Thering, Verkehrspolitiker der CDU © Andreas Laible | Andreas Laible

„Der Anstieg bei Unfällen, die von älteren Menschen verursacht werden, ist besorgniserregend. Hier muss dringend etwas passieren“, sagte CDU-Verkehrspolitiker Thering. Die CDU habe in einem Bürgerschaftsantrag bereits 2016 ein „umfassendes Maßnahmenpaket vorgelegt, um die Mobilität Älterer zu fördern und sicherer zu machen“, so Thering. Demnach sollten Rad- und Autofahrer klar räumlich getrennt und das Zuparken von Geh-, Rad- und Fußwegen deutlich härter verfolgt werden. „Ältere Menschen ab 75 Jahren sollten einmal jährlich kostenlos an einem Fahrsicherheitstraining teilnehmen können. Auch kostenlose Gesundheitschecks sollen diesem Personenkreis, auf freiwilliger Basis, zur Verfügung stehen“, so Thering. „Außerdem möchten wir, dass Autofahrerinnen und Autofahrer über 70 Jahre, die ihren Führerschein freiwillig abgeben, die Busse und Bahnen in unserer Stadt für mindestens ein Jahr kostenlos nutzen können.“

Rot-Grün setzt sich für barrierefreie Mobilität ein

SPD und Grüne haben den CDU-Antrag zu diesem Thema seinerzeit abgelehnt. Um die Mobilität auch von Senioren zu sichern, sei es wichtig, Alternativen zum Auto zu schaffen, sagte SPD-Verkehrspolitikerin Dorothee Martin am Freitag. „Deshalb sorgen wir seit 2011 für barrierefreie Mobilität in Hamburg und bauen etwa die Schnellbahnstationen und Bushaltestellen barrierefrei um. Zudem hat die Bürgerschaft in den letzten Haushaltsberatungen jeweils eine Million Euro extra für den Ausbau der Barrierefreiheit auf Fußwegen bereitgestellt.“

Die Bürgerschaft hat den CDU-Antrag „nach ausführlichen Beratungen zunächst im Plenum und dann auch im Verkehrsausschuss abgelehnt, weil bereits eine Vielzahl der enthaltenen Maßnahmen umgesetzt werden“: So biete die Polizei kostenlose Fahrradkurse für ältere Verkehrsteilnehmer, der HVV ermöglicht kostenlose Mobilitätsschulungen in Senioreneinrichtungen. Die Verkehrswacht unterstütze Senioren mit Autosicherheitstrainings. Zudem gebe es kostenlose Hör- und Sehtests.

SPD und Grüne lehnten Vorschläge der CDU ab

„Einer Ausweitung dieser freiwilligen Angebote stehen wir offen gegenüber“, so Martin. „Ein einmalig kostenloses HVV-Jahresticket bei Abgabe des Führerscheins für Hamburger ab 70 Jahren, wie von der CDU gefordert, ist mit uns aber nicht zu machen – die Voraussetzungen sind zu verschieden, als dass man mit einer starren Altersgrenze überzeugt.“ Man dürfe auch Senioren mit Fahrerlaubnis nicht gegenüber solchen ohne Führerschein bevorzugen.

Auch Grünen-Verkehrspolitiker Martin Bill sagte, der CDU-Antrag sei von Rot-Grün abgelehnt worden, weil „ein Großteil der eingeforderten Maßnahmen bereits auf den Weg gebracht wurden“. Schon heute biete der ADAC freiwillige „Fahr Fitness Checks“ an. Das geforderte Angebot gebe es also bereits. „Mir wäre es wichtig, darauf zu setzen, den Umweltverbund zu stärken und durch attraktive Angebote für den Verzicht auf den Pkw zu werben“, so Bill. „Darüber hinaus ist Temporeduzierung die am einfachsten umzusetzende und wirksamste Maßnahme für mehr Verkehrssicherheit.“