Hamburg. A7-Lärmschutztunnel Richtung Hannover am Morgen freigegeben. Ab Montag geht es dann auch in der Gegenrichtung los.
Modern, breit, großzügig – so beschreibt Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) das aktuellste Verkehrsprojekt der Hansestadt. Noch vor der eigentlichen Freigabe des Lärmschutzdeckels an der A7 im nordwestlichen Stadtteil Schnelsen fährt Tschentscher am Sonnabendmorgen um 7 Uhr mit seinem Dienstwagen durch die 550 Meter lange Tunnelröhre. „Das ist jetzt wirklich ein Meilenstein“, sagt er bei einem Stopp am Tunnelausgang.
Eine Viertelstunde später kommen die ersten Autos und Lastwagen angebraust und mit ihnen eine Lärmlawine. Doch die bleibt unter dem Deckel, oben auf dem Betondach herrscht Ruhe, halbwegs zumindest, denn der Verkehr in Richtung Flensburg/Kiel fließt bis Montag noch am Tunnel vorbei.
Erstmals ungestört schlafen
Dann werden die Anwohner dank der 33 000 Kubikmeter Beton erstmals seit mehr als vier Jahrzehnten ungestört schlafen oder im Garten sitzen können. Sechs Kilometer Lärmschutzwände und Flüsterasphalt sollen dafür sorgen, dass auch die Menschen nördlich und südlich des Deckels kaum etwas von der künftig sechsspurigen Autobahn mitbekommen. Weiter südlich in Stellingen ist ein weiterer, 900 Meter langer Lärmschutzdeckel in Bau.
Ein dritter, gut zwei Kilometer langer Tunnel soll in Altona entstehen. Wer im Jahr 2025 von Hannover über die A7 nach Dänemark fährt, wird in Hamburg insgesamt sieben Kilometer Tunnelstrecke passieren, erst den Elbtunnel, dann die drei Lärmschutzdeckel. Aber dank des Ausbaus auf acht Spuren bis zum Dreieck Hamburg-Nordwest und weiter nördlich auf sechs, sollen Autofahrer ohne Stau zügig vorankommen.
Die erste Tunnelröhre in Schnelsen muss sich der Verkehr in beide Fahrtrichtungen vorerst teilen, und zwar bis zur Fertigstellung der zweiten Röhre Ende 2019. Die beiden Richtungsfahrbahnen sind nur durch ein etwa 40 Zentimeter hohes Gitter getrennt. Das Baukonsortium Via Solutions Nord und die Hamburger Verkehrsbehörde weisen auf das Tempolimit von 60 km/h und die moderne Sicherheitstechnik hin: Brandschutz mit Feuermeldeanlage, Rauchentlüftung und Löschwasservorrat sowie Notstromanlage und Notausgänge.
Viele Fehlalarme erwartet
Die Technik ist so komplex, dass die Betreiber mit Fehlalarmen und kurzfristigen Tunnelsperrungen in den nächsten Monaten rechnen. Für die Hamburger Stadtentwicklung eröffnen sich mit den Deckeln neue Perspektiven. Auf den Tunneldächern sollen Grünflächen angelegt werden, allein in Schnelsen 41 Kleingärten.
Zudem entsteht am Rande Platz für 3000 neue Wohnungen – ein großer Gewinn für die Stadt, deren Einwohnerzahl nach 2030 die Zwei-Millionen-Grenze überschreiten könnte. Der A7-Ausbau erfolgt darum im Konsens aller Beteiligten – es gibt praktisch keinen Protest von Verkehrsclubs, Bürgern oder Umweltschützern.
Ausbau kostet zwei Milliarden Euro
So viel Harmonie hat ihren Preis: Die Kosten für den Ausbau der A7 zwischen Hamburg und dem Dreieck Bordesholm südwestlich von Kiel belaufen sich auf rund zwei Milliarden Euro. Darin ist allerdings der Unterhalt für den Abschnitt zwischen dem Dreieck Hamburg-Nordwest und Bordesholm über 26 Jahre enthalten.
Nicht alles bezahlt der Bund. Hamburg beteiligt sich an den Deckeln mit bis zu 200 Millionen Euro. Ein Großteil dieser Summe soll durch die Entwicklung der Bauflächen refinanziert werden.
Die Eröffnung des ersten Lärmschutzdeckels fiel am Wochenende mit den Hamburger Harley Days zusammen. Unter den ersten Nutzern der Strecke war jedoch kein Motorradfahrer zu sehen. Die bis zu 50.000 Biker bevorzugen offensichtlich Strecken, auf denen sie ein Publikum für ihr markantes Motorengeräusch finden.