Hamburg. Beim G20-Gipfel in Hamburg hat der 27-Jährige versucht, einen Piloten mit einem Laserpointer zu blenden. Nun wurde er verurteilt.
Als ein Laserstrahl durch die Luft blitzte, hinein in den Nachthimmel über St. Pauli, war der Polizeihubschrauber „Libelle“ nicht weit weg. Etwa 400 Meter hoch war der Hubschrauber gekreist, weit über den Demonstranten, die beim G20-Gipfel für massiven Krawall sorgten auf St. Pauli, und hatte die Randalierer gefilmt. Doch plötzlich brachen die Piloten ihren Einsatz ab.
Weil sie wegen des Lasers in Gefahr waren? Weil sie vielleicht sogar knapp einem Absturz entgangen waren? Nein, sagt dazu das Schöffengericht, vor dem sich ein 27-Jähriger im Zusammenhang mit dem Laserangriff verantworten musste. Eine konkrete Gefährdung habe es nicht gegeben. Doch es sei mitnichten ein „kleiner Laserpointer“ gewesen, den der Angeklagte auf den Hubschrauber gerichtet habe, stellt die Vorsitzende klar. Und mit Bezug auf das Science-Fiction-Epos „Krieg der Sterne“ sagt die Richterin: „Luke Skywalker wäre neidisch gewesen auf diesen Laserstrahl.“
Sechs Monate Freiheitsstrafe mit Bewährung verhängt das Gericht für den Mann, der nach seiner Überzeugung für die Attacke vom 6. Juli vergangenen Jahres verantwortlich ist. „Zu einer konkreten Gefährdung, also zu einem Beinaheunfall, ist es nicht gekommen“, betont die Vorsitzende. Allerdings habe der Angeklagte Nico B. an dem Lasergerät so manipuliert, dass ein gebündelter Strahl herausgekommen sei.
Dass er eine konkrete Gefährdung beabsichtigt habe, „nehmen wir nicht an“. Mit der Attacke habe der Hamburger indes „billigend in Kauf genommen, dass es zu einer Blendung der Piloten, zu einer vorübergehenden Beeinträchtigung ihres Sehvermögens und damit einer Gefährdung des Luftverkehrs“ komme.
Staatsanwalt forderte ein Jahr auf Bewährung
Der Angeklagte habe sich des versuchten gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr sowie der versuchten Körperverletzung schuldig gemacht. Die Staatsanwaltschaft hatte eine einjährige Bewährungsstrafe beantragt, die Verteidigung Freispruch gefordert. Ursprünglich war gegen Nico B. sogar wegen versuchten Mordes ermittelt worden, dieser Vorwurf wurde jedoch einige Tage später fallengelassen, weil die Ermittlungen ergeben hatten, dass eine konkrete Absturzgefahr zu keinem Zeitpunkt bestanden habe.
Reglos, mit versteinerter Miene, nimmt der Angeklagte das Urteil zur Kenntnis. Fünf Monate lang hatte der 27-Jährige in Untersuchungshaft gesessen. Im Prozess hatte Nico B. durchgehend geschwiegen. Bei einer Vernehmung bei der Polizei hatte er allerdings ausgesagt, er habe damals mit einem Lasergerät in den Nachthimmel geleuchtet, es aber nicht absichtlich auf den Hubschrauber gerichtet. Das Urteil werde „sehr wahrscheinlich“ angefochten werden, sagt sein Verteidiger Oliver Klostermann nach dem Prozess.
Am späten Abend des 6. Juli hatten mehrere Laserstrahlen den Polizeihubschrauber getroffen. Davon seien die Piloten geblendet worden und hätten bis zu zehn Sekunden nichts sehen können, hieß es früher. Der Hubschrauber habe etliches an Höhe verloren. Doch so ein Szenario habe sich durch die Aufnahmen einer Kamera, die in dem Hubschrauber installiert war, nicht bestätigt, betont die Richterin. Vielmehr hatten die Piloten versucht, die Quelle der Laserstrahlen zu ergründen und sich dabei der Häuserzeile in Altona, wo Nico B. wohnt, genährt.
Mit "massivem" Laserstrahl "beharrlich" draufgehalten
Überliefert ist ein Funkspruch aus dem Hubschrauber, in dem einer der Männer in der Kanzel entspannt sagt, man wolle mal „ermitteln, wer der Depp“ sei. Darüber hinaus hatte einer der Piloten vor Gericht gesagt, es habe keine Gefährdung vorgelegen. So sieht es im Ergebnis auch das Gericht. Es müsse zwar ein „plötzliches Ereignis“ gegeben haben, nach dem die Kamera im Hubschrauber abschwenkt, so die Richterin. „Es gab aber keine Höhenveränderung.“
Die wurde erst später vorgenommen. Auch eine gesundheitliche Schädigung der Piloten, insbesondere ihrer Augen, sei nicht festzustellen. Laut einem Sachverständigen war eine solche bei der Entfernung, aus der der Hubschrauber von dem Laser getroffen wurde, auch ausgeschlossen.
Als strafschärfend wertet das Gericht für Nico B., dass es sich um einen „massiven“ Laserstrahl gehandelt und er „beharrlich“ draufgehalten habe. Zu seinen Gunsten müsse sich unter anderem auswirken, dass es wegen des ursprünglichen Vorwurfs des versuchten Mordes eine „erhebliche Prangerwirkung“ gegeben habe.
Es habe sich insgesamt um einen „ganz außergewöhnlichen, extrem langen und aufwendigen Prozess gehandelt“, zieht die Richterin Bilanz, mit 19 Verhandlungstagen. „Der Prozess war anstrengend für alle“, unter anderem den Angeklagten und auch für das Gericht. Vieles andere habe liegen bleiben müssen. „Etwa dreißig Verfahren konnten in der Zeit nicht verhandelt werden.“