Hamburg. Der Hamburger Händler beschäftigt 100 Mitarbeiter in der Qualitätssicherung. Sie kontrollieren 2000 Non-Food-Artikel pro Jahr.
Warum der Raum Hexenküche genannt wird, weiß niemand mehr so genau. Es arbeiten ausschließlich Männer hier. Gekocht wird auch eher selten. Trotzdem geht es in dem großen Raum im sogenannten Non-Food-Haus der Tchibo-Zentrale am Überseering den ganzen Tag um nichts anders als Töpfe, Messer, Schüsseln, Teller – und um was es sonst noch so für die Küche und das Kochen gibt.
Siegfried Brunnbauer steht an dem großen Tisch, auf dem neun Pfannen liegen. „Das sind Muster, die uns ein Hersteller zur Begutachtung geschickt hat“, sagt er und hebt eine an. Der Maschinenbautechniker gehört zu dem Expertenteam, das für die Qualitätssicherung des Hamburger Händlers zuständig ist. „Alle Küchenutensilien müssen durch den Stresstest“, sagt Brunnbauer. Im Jahr sind es etwa 300.
Das fängt beim Spülen an. Im Testlabor laufen zwei Spülmaschinen im Dauerbetrieb. Mindestens 40 Zyklen, inklusive Öffnung, müssen die Produkte beim Qualitätscheck durchlaufen. Gegenüber liegen auf einer Werkbank Schraubenzieher und Hammer, daneben steht ein massiver Schraubstock. „Damit testen wir bei unseren Messern, ob Griff und Klinge sicher verarbeitet sind“, sagt Brunnbauer. In einem anderen Gerät wird die Stabilität der Klingen mit schweren Gewichten überprüft.
Was durchfällt, muss nachgebessert werden
An diesem Tag geht es aber um Pfannen. Die Produktentwicklung hat entschieden, dass es eine neue Tchibo-Aluminiumpfanne geben soll. „Wir haben eine Ausschreibung gemacht. Der Hersteller hat uns zwei Varianten mit verschiedenen Bodenbeschichtungen geschickt“, sagt der Qualitätsmanager. Nach der Prüfung wird entschieden, ob er den Zuschlag bekommt.
2000 eigene Produkte werden jedes Jahr bei Tchibo erdacht, entwickelt und geprüft. Hohe Qualitätsansprüche an Material, Funktionalität und Bedarf nennt das Hamburger Unternehmen als seine Firmenphilosophie. 100 Mitarbeiter an den Standorten in Hongkong, Bremen und Hamburg sind im Qualitätsmanagement, davon 50 in der Zentrale. „Von den Angeboten der Hersteller, fällt einiges durch“, sagt Prüfer Brunnbauer. Bei neuen Lieferanten könne das auch schon mal jedes dritte bis vierte Produkt sein. „Dann muss nachgebessert werden.“
Wie zum Beispiel bei einem neuartigen Satz Ausstechförmchen für Weihnachtsplätzchen, die gerade in der Endkonzeption sind und im Herbst in den Filialen liegen sollen. Dreimal musste der Hersteller an der Form arbeiten, bis Brunnbauer und seine Kollegen zufrieden waren und den Auftrag erteilten. „Das hat sich gelohnt. Das wird ein schönes Produkt.“
Konkrete Zahlen, wie oft Tchibo in seinen europaweit 1000 Filialen, 8300 Depots in Super- und Drogeriemärkten sowie über den Onlineshop einen Artikel verkauft, veröffentlicht das Unternehmen nicht. Insgesamt werden 90 Millionen Non-Food-Produkte im Jahr ausgeliefert.
„Kevin“-Figur war mit Naphtalin belastet
Dabei ist die Rückrufquote vergleichsweise gering. Vier Fälle verzeichnet etwa das Bundesinstitut für Arbeitssicherheit und Arbeitsmedizin auf seiner Internetseite in den vergangenen drei Jahren. Darunter war 2016 etwa die aufblasbare Spielzeugfigur „Kevin“ aus der Minion-Familie, die mit einer unzulässig großen Menge der Chemikalie Naphthalin belastet war, die unter Verdacht steht, Krebs zu erregen. Im Schnellwarnsystem für gefährliche Produkte in der Europäischen Kommission, dem sogenannten Rapex-Bericht, tauchte Tchibo zuletzt 2012 mit einem Holz-Musikinstrumente-Set und 2008 mit einem Multi-Expander auf. Im vergangenen Jahr rief das Unternehmen ein Damenshirt zurück, das abfärbte.
Allein im Textil-Bereich arbeiten 25 Mitarbeiter in der Qualitätssicherung. Für Tchibo ist der Bereich sehr lukrativ. Nächste Woche kommt sommerliche Damenmode in die Filialen. Eins der Highlights ist eine leichte Culotte-Hose mit schwarz-weißen Streifen. „Allein für das Teil haben wir unsere Anforderungen auf 50 Seiten spezifiziert“, sagt Textilingenieurin Melanie Zimmermann.
Größe 36 muss so gut sitzen wie Größe 48
Der Stoff soll pflegeleicht und antistatisch sein, die Tiefe der Falten, Größe der Taschen, elastischer Bund – alles muss stimmen. „Wir versuchen unsere Produkte so zu entwickeln, dass es ein Lieblingsstück wird“, so Zimmermann. Mehrfach wöchentlich sind in der Entwicklungsphase Anproben mit Models in der Tchibo-Zentrale. Christiane Reichelt trägt Größe 36, Irina Peterkhenzel ist in Größe 48 unterwegs. „Ein Teil muss in allen Größen gut sitzen“, sagt Zimmermann.
Tchibo arbeitet nach den Tabellen der Reihenmessung SizeGermany, die regelmäßig die Durchschnittsmaße deutscher Frauen ermittelt. Am meisten verkauft wird Damengröße 40. Auf einer Liste an der Wand sieht man, wie die Kundinnen die letzte Kollektion bewertet haben. Das meiste ist im grünen Bereich. Nur bei einem Jeansmodell gab es Kritik. „Jeans sind immer größenkritisch“, sagt die Qualitätsmanagerin. Daran wird gearbeitet.
Im nächsten Raum hängen an einem Ständer durchgeschnittene Sandalen. „So können wir bei dem Fußbett aus Kork genau sehen, ob es gut verarbeitet ist“, sagt Mitarbeiterin Nadine Fahrentholz. Auch Taschenmodelle werden geprüft. Zum Beispiel die neuste Idee der Produktdesigner, die in den Boden einer Strandtasche ein Kühlfach eingebaut haben. Für den Test wurden 15 Cola-Dosen eingefüllt. Die ersten zwei Tage hat das Material gehalten. Ein Tag noch, dann ist der Test bestanden.