Damit könnte der Bau von Leitungen verhindert werden, mit denen Vattenfall das Kraftwerk ans Fernwärmenetz anschließen will.
Hamburg. Mehr als 22.000 Hamburger haben mit ihrer Unterschrift die Volksinitiative „Tschüss Kohle“ unterstützt. Die Listen wurden am Freitag im Rathaus bei der Senatskanzlei eingereicht. Damit muss sich die Bürgerschaft mit einem Gesetzentwurf der Initiative befassen, der einen Ausstieg aus der Kohleverbrennung für Fernwärme bis 2025 und zur Stromproduktion bis 2030 vorsieht. Nötig sind dazu 10.000 Unterschriften. Lehnt die Bürgerschaft die Initiative ab, wäre der Weg für ein Volksbegehren und gegebenenfalls anschließend für einen Volksentscheid frei.
Auf dem Rathausmarkt verliehen Dutzende Umwelt- und Klimaaktivisten der Forderung Nachdruck. „Nachdem die Bürgerinnen und Bürger Hamburgs mit vielen Unterschriften eindrucksvoll für Kohleausstieg und Klimaschutz votiert haben, erwarte ich, dass die Hamburger Bürgerschaft baldmöglichst ein entsprechendes Gesetz beschließt“, sagte Ulf Skirke vom Zukunftsrat Hamburg.
Hamburger Senat bewertet Aktion positiv
„Mehr als 22.000 Unterschriften sind ein starkes Signal für ein kohlefreies Hamburg“, sagte Anjes Tjarks, Vorsitzender der Grünen Bürgerschaftsfraktion. „Mit dem Volksentscheid zum Netzrückkauf haben wir den Auftrag erhalten, die Hamburger Energienetze wieder vollständig in die Öffentliche Hand zu übernehmen.“
Ähnliche Töne schlug auch die SPD an. „Im Ziel sind wir uns mit der Initiative ‘Tschüss Kohle’ einig: Auch die SPD übernimmt Verantwortung bei der Lösung globaler Herausforderungen wie dem Klimaschutz. Das haben wir so auch im Koalitionsvertrag im Bund vereinbart. Aus Klimaschutzgründen müssen wir raus aus der Kohle“, sagte Dirk Kienscherf, Vorsitzender der SPD-Bürgerschaftsfraktion.
Linke mit klarem Auftrag an Senat
Aus der Opposition äußerte sich Die Linke erfreut über die hohe Beteiligung der Unterschriftenaktion und das dadurch erreichte Signal an den Senat. „Ich gratuliere der Volksinitiative zu diesem beeindruckenden Erfolg. Die Hamburger haben deutlich gemacht, wie groß ihr Problembewusstsein für den Klimawandel und seine Ursachen ist: Damit wird der Bürgerschaft und dem Senat eine klares Zeichen für eine zügige Energiewende gegeben“, sagte Stephan Jersch, energiepolitischer Sprecher der Linken-Bürgerschaftsfraktion.
Und weiter: „Die große Unterstützung für die Volksinitiative macht deutlich, dass Fossilien wie der Kohlekonzern Vattenfall, der noch bis 2035 Fernwärme mit Kohlewärme aus Moorburg liefern will, in Hamburg keine Zukunft haben können. Der Rückkauf der Fernwärmenetzes muss vollzogen werden und Vattenfall endlich vom Partner der Stadt zum Klimasünder umetikettiert werden. Weder der Volksentscheid zum Rückkauf der Energienetze noch das Pariser Klimaabkommen dürfen und können zur Disposition stehen.“
FDP: Initiative blendet Öffentlichkeit
Kritisch äußerte sich dagegen der Vorsitzende der FDP-Bürgerschaftsfraktion Michael Kruse. „Die Volksinitiaitve ‚Tschüss Kohle‘ ignoriert die Komplexität des Stromnetzes vollkommen. Grundlastkraftwerke wie Moorburg werden für die Netzstabilität noch für eine längere Zeit notwendig sein. Und die Volksinitiative blendet die Öffentlichkeit, denn der langfristig wünschenswerte Kohleausstieg lässt sich nicht per Gesetzesänderung diktieren.“
Kruse weiter: „Vielmehr bedarf es dafür zunächst weiterer technischer Innovationen. Hamburg braucht eine sichere Stromversorgung, und die ist mit einem kurzfristigen Kohleausstieg nicht gewährleistet. Die Initiative sollte zudem die Auswirkungen des kurzfristigen Kohleausstiegs auf die Fernwärmepreise offenlegen: Wer diese Initiative unterstützt, sorgt für eine Explosion der Fernwärmepreise in Hamburg. Das kann angesichts der ohnehin schon großen Not auf dem Wohnungsmarkt keiner wollen.“
CDU bremst Euphorie ebenfalls
Auch die CDU sieht die Zielsetzung der Volksinitiative eher kritisch.
"Auf
der einen Seite der Medaille sieht man ein hehres Ziel: Weniger
CO2-Ausstoß und mehr Klimaschutz. Auf der anderen Seite drohen
dadurch dramatische Kostensteigerungen für Hamburgs
Fernwärmekunden. Dieser Punkt, der hunderttausende Hamburger
betrifft, wird von den Verantwortlichen ignoriert", sagte Stephan Gamm, energiepolitischer Sprecher der CDU-Fraktion.
Mit der geforderten Regelung, die auch Änderungen am Hamburgischen Wegerecht vorsieht, könnte auch der Bau von Leitungen verhindert werden, mit denen der Betreiber Vattenfall das Kohlekraftwerk Moorburg ans Hamburger Fernwärmenetz anschließen möchte. Derzeit kommen 60 Prozent der Fernwärme und 85 Prozent des Stroms in Hamburg der Initiative zufolge aus der Kohleverbrennung in den Kraftwerken Moorburg, Tiefstack und Wedel. Die Verbrennung fossiler Energieträger trägt wegen des hohen CO2-Ausstoßes massiv zur Erderwärmung bei.