Hamburg/Leipzig. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Frage, ob Vattenfall Wasser aus der Elbe verwenden darf, nach Hamburg zurückverwiesen.

Zurück an den Anfang: Das Oberverwaltungsgericht (OVG) muss den Rechtsstreit um die wasserrechtliche Erlaubnis des Kohlekraftwerks Moorburg neu aufrollen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gestern entschieden.

Kernpunkt des Streits ist die Frage, ob der Moorburg-Eigentümer, das schwedische Energieversorgungsunternehmen Vattenfall, zur Kühlung seines Kraftwerks an der Süderelbe Wasser aus dem Fluss entnehmen darf. Die Stadt hatte diese wasserrechtliche Genehmigung ursprünglich erteilt. Das Oberverwaltungsgericht gab jedoch 2013 einer Klage des Umweltverbandes BUND statt und verbot die Entnahme von Elbwasser zur Kühlung des Kraftwerks (sogenannte Durchlaufkühlung). Zentraler Grund: Die Elbe werde geschädigt, weil das nach der Kühlung in den Fluss zurückfließende Wasser erwärmt sei, was insgesamt zu einem ökologisch unerwünschten Anstieg der Wassertemperatur führe.

Seit 2017 darf Vattenfall nicht mehr mit Elbwasser kühlen

Gegen diese Entscheidung des OVG legten Vattenfall und die Stadt Revision ein. Weil zwei weitere Verfahren in Sachen Moorburg vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) liefen, ließ das nun zuständige Bundesverwaltungsgericht das Revisionsverfahren zunächst einmal ruhen. Im April 2017 entschied der EuGH dann, dass die Stadt mit der Genehmigung der Entnahme von Elbwasser gegen die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) der EU verstoßen habe.

Bis dahin durfte Vattenfall Flusswasser zur Kühlung seines Kohlemeilers entnehmen, denn das Verbotsurteil des OVG aus dem Jahr 2013 war immer noch nicht rechtskräftig. Doch im April 2017 ordnete die Umweltbehörde nun ein Verbot der Flusswasserentnahme an (obwohl die Stadt gegen genau dieses Verbot klagt), weil der EuGH ja deren Rechtswidrigkeit erkannt hatte. Diese Anordnung gilt auch weiterhin bis zu einer neuen OVG-Entscheidung: Vattenfall darf also das Kraftwerk nur mit einer sogenannten Kreislaufkühlung betreiben und kein Elbwasser einleiten.

Die widersprüchliche Haltung der Stadt wird nur vor dem Hintergrund des Regierungswechsels verständlich. Seit 2015 regieren die Grünen, die Moorburg von Beginn an bekämpft haben, im Rathaus mit. Vorher regierte die SPD allein.

Oberverwaltungsgericht muss neu prüfen

Was wird jetzt geschehen? Das OVG muss die wasserrechtliche Erlaubnis der Stadt erneut prüfen. Die Frage ist, ob nach den heute gültigen Standards in der Umweltrechtsprechung – nicht zuletzt durch die EuGH-Entscheidung und vor allem deren Begründung – das Verbot der Entnahme von Elbwasser aufrecht erhalten werden muss. Im Ergebnis mögen sich OVG und EuGH nicht widersprechen, in der Art der Begründung schon. Der EuGH stützt sich auf die FFH-Richtlinie, das OVG auf das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot. Letzteres darf künftig keine Rolle mehr spielen, weil laut Bundesverwaltungsgereicht wegen der EuGH-Entscheidung „das angefochtene Urteil des OVG in seinen entscheidungstragenden Ausführungen zum Verschlechterungsverbot gegen Bundesrecht verstößt“.

Konkret wird es unter anderem darum gehen, ob die Fischtreppen der Staustufe Geesthacht eventuell doch als Maßnahme der Schadensbegrenzung anerkannt werden können oder nicht. Das OVG hatte 2013 entschieden, dass diese Maßnahmen nicht geeignet seien.

„Zunächst müssen wir uns das Urteil und die Begründung in Ruhe anschauen und auswerten“, sagte Jan Dube, Sprecher der Umweltbehörde. Schon jetzt lasse sich aber sagen, dass die Richter in Leipzig dem EuGH folgten. „In der Sache wird sich am Kraftwerk zunächst nichts ändern: Moorburg hat eine gültige Betriebserlaubnis“, so Dube. Vattenfall müsse den seit gut einem Jahr durchgängig laufenden Kühlturm auch weiter laufen lassen (Kreislaufkühlung). Im Kern habe das Bundesverwaltungsgericht die Rechtsposition der Stadt bestätigt.

Der BUND sieht die Stadt und Vattenfall jetzt am Zug

„Das Leipziger Urteil ist eine gute Nachricht für den Gewässerschutz“, sagte Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des BUND, und spielte damit darauf an, dass Vattenfall vorerst kein Elbwasser zur Kühlung verwenden darf. Das OVG müsse eine neue Tatsachenerhebung vornehmen, also prüfen, inwieweit die Kühlwasserentnahme die Elbe tatsächlich schädige. „Der Ball liegt nun bei Vattenfall und der Stadt, die ihre Hausaufgaben machen müssen“, so Braasch. Der Umweltschützer wies darauf hin, dass die Leipziger Richter ausdrücklich betont hätten, dass die Entscheidung des OVG aus dem Jahr 2013 aus damaliger Sicht schlüssig und nachvollziehbar gewesen sei. Nur habe sich die Rechtsprechung seitdem weiterentwickelt.